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Im Juli 2020 hat der Bundesrat dem Adoptionshilfegesetz nicht mit der erforderlichen absoluten Mehrheit zugestimmt. Nun wird der Vermittlungsausschuss angerufen, um über einen Kompromiss zu verhandeln. Der Gesetzentwurf umfasst drei wesentliche Aspekte.

• Es besteht ein Rechtsanspruch auf fachliche Begleitung: Sowohl den Herkunfts- als auch den Adoptivfamilien steht im Adoptionsfall mehr Beratung und Hilfe zu.

• Der offene Umgang mit Adoptionen wird gefördert: Rund 400 Adoptionsvermittlungsstellen unterstützen bei einem offenen Umgang, indem sie Informationsaustausch oder gegebenenfalls Kontakt mit den Herkunftseltern ermöglichen – am Wohle des Kindes ausgerichtet. Auch Herkunftseltern sollen allgemeine Informationen über das Kind erhalten können, wenn Adoptivfamilien diese freiwillig herausgeben möchten.

• Auslandsadoptionen hingegen sollen nur noch mit der Einbindung von Vermittlungsstellen ermöglicht werden. Dies dient sowohl der Vorbereitung der künftigen Adoptiveltern als auch dem Schutz der Interessen des Kindes. International vereinbarte Schutzstandards sind einzuhalten. Ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren soll zudem für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sorgen.

Zusätzlich hat der Bundesrat eine verpflichtende Beratung nun auch für Stiefkindadoptionen in den Regierungsentwurf aufgenommen.

Quelle: Bundesrat KOMPAKT vom 3.7.2020.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine mit ihrem Lebensgefährten weder verheiratete noch in einer Lebenspartnerschaft lebende Person kann dessen Kind nicht annehmen, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Lebensgefährten und dem Kind erlischt.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall von zwei nicht miteinander verheirateten Antragstellern. Die eine Antragstellerin ist die leibliche Mutter von zwei Kindern. Der leibliche Vater ist 2006 verstorben. Der zweite Antragsteller lebt seit 2007 mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide wünschen die Adoption der beiden Kinder in der Weise, dass diese dann als gemeinschaftliche Kinder der beiden Antragsteller gelten. Das Amtsgericht hatte den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller war erfolglos geblieben.

Der BGH hat die Entscheidungen bestätigt. Anders als bei der Stiefkindadoption durch Ehegatten oder Lebenspartner hat der Gesetzgeber für nicht verheiratete Personen keine vergleichbare Regelung geschaffen. Deshalb kann eine nicht verheiratete und nicht verpartnerte Person ein Kind nur allein annehmen. Das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu ihrem Lebensgefährten erlischt dann. Diese eindeutigen Regelungen lassen keine andere Auslegung zu.

Der BGH hält das nicht für verfassungswidrig. Der Antragsteller kann sich nicht auf das aus dem Grundgesetz folgende Elternrecht berufen. Er ist nämlich lediglich sozialer, nicht aber rechtlicher bzw. leiblicher Elternteil. Das Familiengrundrecht ist nicht verletzt, weil dieses keinen Anspruch der Familienmitglieder auf Adoption umfasst. Auch der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt, weil der Gesetzgeber die zu vergleichenden Sachverhalte (nicht verheiratete Lebensgefährten einerseits und Ehegatten oder Lebenspartner andererseits) unterschiedlich behandeln darf. Der von ihm erstrebte Zweck, den anzunehmenden Kindern eine stabile Elternbeziehung zu gewährleisten, ist legitim. Wenn der Gesetzgeber hierfür maßgeblich auf eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft in Form einer Ehe bzw. einer eingetragenen Lebenspartnerschaft abstellt, liegt das noch in seinem gesetzgeberischen Ermessen.

Die hier im Streit stehenden Adoptionsregelungen verletzen die Antragsteller auch nicht in ihrem durch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützten Recht auf Achtung des Familienlebens. Zwar erlaubt das im Jahr 2008 geänderte Europäische Adoptionsübereinkommen den Vertragsstaaten, die Adoption eines Kindes u.a. durch zwei Personen verschiedenen Geschlechts zuzulassen. Voraussetzung ist aber, dass diese „in einer stabilen Beziehung“ leben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Öffnungsklausel, nicht aber bereits um eine (bindende) Wertentscheidung. Ebenso wenig fordert der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht verheirateten Lebensgefährten zu ermöglichen, durch Adoption die Stellung gemeinschaftlicher Eltern minderjähriger Kinder zu erlangen. Vielmehr hat der Gerichtshof bei der Adoption Minderjähriger den Abbruch der Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern im Grundsatz anerkannt. Eine Verletzung der EMRK hat er dagegen nur für den Ausnahmefall der Adoption eines volljährigen, aber behinderten Kindes durch den Lebensgefährten der Mutter mit Erlöschen der verwandtschaftlichen Beziehungen zur Mutter festgestellt. Demgegenüber geht es bei dem vom BGH zu entscheidenden Fall um minderjährige Kinder. Für die hat der deutsche Gesetzgeber im Interesse des Kindeswohls eine Stiefkindadoption weiterhin an eine besonders gefestigte Beziehung der Annehmenden in Form einer Ehe oder Lebenspartnerschaft geknüpft.

Quelle: BGH, Beschluss vom 8.2.2017, XII ZB 586/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl