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Der Arbeitgeber hat zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Erteilt er jedoch Auskünfte, ohne hierzu verpflichtet zu sein, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für Schäden, die der Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleidet.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers hin. Der Mann war 2014 in den Ruhestand getreten. Vor dem Hintergrund des Anfang 2003 in Kraft getretenen Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer/-innen im kommunalen öffentlichen Dienst (TV-EUmw/VKA) schloss der öffentliche Arbeitgeber mit einer Pensionskasse einen Rahmenvertrag zur betrieblichen Altersversorgung.

Im April 2003 nahm der Arbeitnehmer an einer Betriebsversammlung teil. Dort informierte ein Fachberater der örtlichen Sparkasse die Arbeitnehmer über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge über die Pensionskasse. Der Arbeitnehmer schloss im September 2003 eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab. Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Für diesen muss der Kläger aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten.

Mit seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer Schadensersatz. Er möchte vom Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge erstattet bekommen. Er meint, der Arbeitgeber habe ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen. In diesem Fall hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG Erfolg. Es kann offenbleiben, ob den Arbeitgeber nach – überobligatorisch – erteilten richtigen Informationen über betriebliche Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung überhaupt weitere Hinweispflichten auf bis zum Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung erfolgende Gesetzesänderungen oder entsprechende Gesetzesvorhaben, die zulasten der Arbeitnehmer gehen, treffen. Jedenfalls setzte eine solche Verpflichtung voraus, dass der Arbeitnehmer konkret über diejenigen Sachverhalte informiert worden ist, die durch die (geplante) Gesetzesänderung zu seinen Lasten geändert wurden. Dies traf im vorliegenden Verfahren nicht zu. Auf der Betriebsversammlung ist über Beitragspflichten zur Sozialversicherung nicht unterrichtet worden. Daher konnte auch dahingestellt bleiben, ob der Beklagten das Verhalten des Fachberaters der Sparkasse zuzurechnen ist.

Quelle: BAG, Urteil vom 18.2.2020, 3 AZR 206/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Zugunsten des Arbeitgebers greift gegenüber dem Schadensersatzverlangen eines Beschäftigten, der infolge eines Versicherungsfalls einen Personenschaden erlitten hat, das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder es sich um einen versicherten Weg (Wegeunfall) handelt. Für die Annahme der vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalls ist ein „doppelter Vorsatz“ erforderlich. Der Vorsatz des Schädigers muss sich nicht nur auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den Verletzungserfolg beziehen.

Auf diese Grundsätze verwies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Frau, die seit vielen Jahren als Pflegefachkraft in einem Seniorenpflegeheim beschäftigt war. Das Gebäude des Seniorenpflegeheims hat zwei Eingänge, einen Haupt- und einen Nebeneingang. An beiden Eingängen befinden sich Arbeitszeiterfassungsgeräte. Der Haupteingang ist beleuchtet, der Nebeneingang nicht. Im Dezember 2016 erlitt die Klägerin kurz vor Arbeitsbeginn um etwa 7:30 Uhr einen Unfall auf einem Weg, der sich auf dem Betriebsgelände des Seniorenpflegeheims befindet und dort zum Nebeneingang führt. Es war noch dunkel, als sie ihr Fahrzeug auf einem Parkplatz außerhalb des Betriebsgeländes abstellte und sich zu Fuß zum Nebeneingang begab. Kurz bevor sie diesen erreichte, rutschte sie auf dem Weg aus. Dabei erlitt sie eine Außenknöchelfraktur. Bei dem Unfall der Klägerin handelte es sich um einen Versicherungsfall im Sinne des SGB VII; die Klägerin erhielt Verletztengeld. Die Klägerin hat von ihrem Arbeitgeber Schmerzensgeld und Ersatz materieller Schäden verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte auch vor dem BAG keinen Erfolg. Der Arbeitgeber hatte den Versicherungsfall, der kein Wegeunfall war, sondern sich auf dem Betriebsgelände des Seniorenpflegeheims ereignete, nicht vorsätzlich herbeigeführt. Die dahin gehende Würdigung des Landesarbeitsgerichts war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Quelle: BAG, Urteil vom 28.11.2019, 8 AZR 35/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Will der Arbeitgeber den Antrag eines Arbeitnehmers zur Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit ablehnen, reicht es nicht aus, nur zu behaupten, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit für eine entsprechende Teilzeitkraft.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen klargestellt. Die Richter machten deutlich, dass an das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe erhebliche Anforderungen zu stellen sind. So müsse der Arbeitgeber die zugrunde liegenden Tatsachen begründen. Dazu müsse er auf die Tätigkeit abstellen, die der Arbeitnehmer zu Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt hat. In die erforderliche Darlegung sind alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts übertragen kann. Regelmäßig wird das erfordern, dass der Arbeitgeber seinen insoweit bestehenden Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität darlegt und dem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüberstellt. Dabei muss der Arbeitgeber klarstellen, ob und warum die Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung weggefallen sein könnten.

Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 3.7.2017, 7 Sa 1341/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das LAG Hamm hat entschieden, dass ein Arbeitgeber Freizeitausgleich zum Abbau von „Plusstunden“ auf einem Arbeitszeitkonto anordnen kann, wenn sich seine Weisung dabei in den Grenzen der Billigkeit bewegt.

Das LAG formulierte es in seinem Leitsatz wie folgt: „Die Gewährung von Freizeitausgleich zum Abbau von „Plusstunden“ auf das Arbeitszeitkonto erfolgt im Wege des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts in den Grenzen der Billigkeit gem. § 106 Satz 1 GewO , ohne besondere Abreden ist die Zustimmung des Arbeitnehmers nicht erforderlich.“

Quelle: LAG Hamm, Urteil vom 18.5.17, 18 Sa 1143/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jüngst noch einmal seine Rechtsprechung bestätigt, nach der ein Arbeitgeber grundsätzlich einen Unfallschaden am Privatfahrzeug des Arbeitnehmers erstatten muss, wenn das Fahrzeug mit seiner Billigung in seinem Betätigungsbereich eingesetzt wird.

Allerdings wurden in der Entscheidung auch gleich Ausnahmen zur Regel aufgezeigt:

Eine Ausnahme gilt, wenn der Arbeitnehmer zur Abdeckung des Unfallschadenrisikos eine besondere Vergütung erhält.

Es besteht auch keine Erstattungspflicht des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer den Unfall grob fahrlässig verursacht.

Liegt eine mittlere Fahrlässigkeit vor, trifft den Arbeitgeber nur eine anteilige Erstattungspflicht. Die Höhe bestimmt sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind Billigkeitsgrundsätze und Zumutbarkeitsgesichtspunkte.

(BAG, 8 AZR 647/09)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl