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Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten.

Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Geklagt hatte ein bei einem Bauunternehmen tätiger technischer Mitarbeiter. Dieser wurde auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland beschäftigt. 2015 schickte ihn sein Arbeitgeber für drei Monate auf eine Baustelle nach China. Auf seinen Wunsch buchte der Arbeitgeber für die Hin- und Rückreise statt eines Direktflugs in der Economy-Class einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai. Für die vier Reisetage zahlte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden, insgesamt 1.149,44 EUR brutto. Mit seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer Vergütung für weitere 37 Stunden. Er meint, die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle und zurück sei wie Arbeit zu vergüten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Fünften Senat des BAG teilweise Erfolg. Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland, erfolgen die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Sie sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Erforderlich ist dabei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt. Mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Umfang der tatsächlich erforderlichen Reisezeiten des Klägers konnte der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Er hat das Berufungsurteil daher aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dort muss neu verhandelt und entschieden werden.

Quelle: BAG, Urteil vom 17.10.2018, 5 AZR 553/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraf, ImpressumEin Arbeitnehmer erhält keinen Annahmeverzugslohn, soweit er keine Auskunft über den mit seiner Musikband erzielten Zwischenverdienst durch Auftritte erteilt.

 

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Aachen im Fall eines Arbeitnehmers, der seit 1981 im Unternehmen beschäftigt war. Er wurde von seinem Arbeitgeber am 28.1.09 fristlos gekündigt. Im Kündigungsschutzverfahren einigten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dessen ordnungsgemäße Abwicklung.

 

Der Kläger ist Schlagzeuger einer regional bekannten Band und trat mit dieser unter anderem am 16.2.09 während seiner attestierten Arbeitsunfähigkeit auf. Mindestens weitere 25 Auftritte an 15 Tagen im Wesentlichen in der Karnevalssession folgten. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Aachen begehrte der Kläger Vergütungszahlungen vom 1.2.09 bis zum 30.6.09, zum einen als Entgeltfortzahlung wegen seiner attestierten Erkrankung, zum anderen als Annahmeverzugslohn, da der Arbeitgeber seine Arbeitsleistung nach Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht abrief.

Im Prozess war der Arbeitnehmer der Meinung, dass er sog. Zwischenverdienst aus seiner Tätigkeit als Schlagzeuger von den diversen Auftritten weder angeben noch sich diesen anrechnen lassen müsse. Die Auftritte hätten außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit stattgefunden. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn habe, sich aber zumindest die Einnahmen durch die Bandauftritte anrechnen lassen müsse, die während der üblichen und geplanten Arbeitszeit stattfanden. Ein Abgleich der Auftritte und Schichten des Klägers ergab, dass er einmal während der für ihn geplanten Frühschicht und viermal während der für ihn geplanten Spätschicht auftrat.

 

Das Arbeitsgericht Aachen entschied, dass der Kläger verpflichtet war, seine Einnahmen anzugeben. Um Annahmeverzugslohn zu berechnen, ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Gesamtberechnung vorzunehmen. Der Gesamtvergütung, die der Arbeitnehmer bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung erhalten hätte, ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der Zeit anderweitig erhalten hat. Hierzu gehören auch die Einkünfte als Schlagzeuger für Auftritte während der geplanten und nicht mehr abgeleisteten Arbeitszeit. Angaben zu diesem Verdienst machte der Kläger im Arbeitsgerichtsprozess nicht. Ein Anspruch habe daher nicht bestanden.

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitnehmer, die eine neue Stelle antreten, müssen keine körperliche Verfassung mitbringen, die jeglichen künftigen Arbeitsausfall ausschließt

So sah es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall eines Angestellten. Dieser hatte seine ehemalige Arbeitgeberin verklagt, weil sie seine Zahlungsansprüche aus einem beendeten Dienst¬verhältnis nicht beglichen hatte. Streitpunkt war, dass sich der Arbeitnehmer innerhalb kurzer Zeit zweimal arbeitsunfähig gemeldet hatte. Daraufhin nahm die Arbeitgeberin die ihr nach dem Kündigungsschutzgesetz eingeräumte Möglichkeit wahr, dem Arbeitnehmer während der gesetzlichen Wartezeit zu kündigen. Sie begründete ihre Entscheidung mit Zweifeln an der zufriedenstellenden Erfüllung der berufstypischen Aufgaben.

Da der Arbeitnehmer seine Arbeit an sich jedoch ordentlich erledigt hatte, entschied das LAG Köln zu seinen Gunsten. Das Gericht war der Ansicht, dass ein Arbeitnehmer zwar objektiv für die von ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit geeignet sein müsse. Dennoch schließe die grundsätzliche Eignung nicht aus, dass ein Angestellter unter Umständen eine höhere Krankheitsanfälligkeit als andere Beschäftigte entwickeln könne. Das sei jedoch für sich genommen noch kein Grund, Lohnzahlungen auszusetzen (LAG Köln, 7 Sa 847/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Vereinbarung eines Monatseinkommens in Höhe von 100 EUR bei einer Arbeitspflicht von 14,9 Stunden in der Woche als Servicekraft in einem Schönheitssalon ist wegen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Absatz 1 BGB („wucherähnliches Geschäft“) nichtig.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern. Es ergebe sich ein durchschnittlicher Stundenlohn von 1,55 EUR (100 EUR monatlich bei 64,52 Stunden monatlich) bzw. im Falle der Hinzurechnung des vom Arbeitgeber entrichteten Sozialversicherungsbeitrags in Höhe von 28 EUR monatlich ein Stundenlohn von 1,98 EUR brutto. Ein solch niedriger Stundenlohn sei eindeutig sittenwidrig. Der Arbeitgeber müsse daher den Differenzbetrag zu einem angemessenen Stundenlohn zahlen. Da es vorliegend kein einschlägiges Tarifwerk gebe, müsse die übliche Vergütung durch das Gericht geschätzt werden. Dabei müssten alle geeigneten Erkenntnisquellen verwertet werden. Das LAG hat hier den Wert der Arbeitsleistung nach einem Vergleich mit Stundenlöhnen, die im Friseurhandwerk gezahlt werden, auf 5,50 EUR brutto je Stunde geschätzt (LAG-Mecklenburg-Vorpommern, 5 Sa 194/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl