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Durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zog jetzt die Gewerkschaft der Lokführer (GDL), weil sie dem Wunsch einer GDL-Mitarbeiterin, die Arbeitszeit zu verringern, nicht entsprechen wollte.

Im Streitfall berief sich die Gewerkschaft auf sog. betriebliche Gründe, die dem Wunsch der Arbeitnehmerin entgegenstünden. Diese liegen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz vor, wenn „die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht“.

Die GDL sah ihre Organisationsfreiheit verletzt. Es war hier jedoch nicht ersichtlich, dass die Gewerkschaft durch die angestrebte Arbeitszeitverringerung einer Mitarbeiterin wesentliche Einschränkungen zu erwarten hätte, wie die Gefahr, Mitglieder zu verlieren, Tarifverträge nicht abschließen oder Arbeitskämpfe nicht mehr durchführen zu können, also in ihren Rechten als Koalition eingeschränkt zu werden, oder gewerkschaftliche Rechtsberatung nicht mehr erteilen zu können.

Quelle: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29.7.2020, 1 BvR 1902/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Will der Arbeitgeber den Antrag eines Arbeitnehmers zur Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit ablehnen, reicht es nicht aus, nur zu behaupten, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit für eine entsprechende Teilzeitkraft.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen klargestellt. Die Richter machten deutlich, dass an das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe erhebliche Anforderungen zu stellen sind. So müsse der Arbeitgeber die zugrunde liegenden Tatsachen begründen. Dazu müsse er auf die Tätigkeit abstellen, die der Arbeitnehmer zu Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt hat. In die erforderliche Darlegung sind alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts übertragen kann. Regelmäßig wird das erfordern, dass der Arbeitgeber seinen insoweit bestehenden Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität darlegt und dem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüberstellt. Dabei muss der Arbeitgeber klarstellen, ob und warum die Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung weggefallen sein könnten.

Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 3.7.2017, 7 Sa 1341/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Allein die Angabe des Arbeitgebers, die Stelle einer Führungskraft sei nur in Vollzeit zu besetzen, ist keine ausreichende Darlegung dringender betrieblicher Gründe, die dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit entgegenstehen.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugunsten einer Arbeitnehmerin, die als Leiterin des Controllings mit Prokura bei einem Arbeitgeber in Vollzeit beschäftigt war. Nach der Geburt ihres Kindes beantragte sie Elternzeit. Dieser Antrag enthielt auch den Wunsch, die Arbeitszeit während ihrer Elternzeit auf 20 Wochenstunden zu verringern. Die Arbeitszeit sollte auf zwei Mal acht Stunden und ein Mal vier Stunden verteilt werden. Der Arbeitgeber lehnte den Antrag ab. Daraufhin zog die Arbeitnehmerin vor Gericht.

Das BAG hielt das Vorbringen des Arbeitgebers zur Frage einer möglichen Unteilbarkeit der Arbeitsstelle für unzureichend. Die Richter konnten keine dringenden betrieblichen Gründe erkennen, die einer Teilzeit während der Elternzeit entgegenstanden. Die Ansicht, die ausgeübte Führungsaufgabe einer „Leiterin Controlling“ sei ohne vollzeitige Anwesenheit des Stelleninhabers von Montag bis Freitag nicht zu bewältigen, konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Der Arbeitgeber habe kein Organisationskonzept vorgetragen, das die gewünschte Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit ausschließe. Im vorliegenden Fall spreche außerdem gegen die vom Arbeitgeber behauptete Unteilbarkeit der Stelle, dass die Arbeitnehmerin während der Mutterschutzfristen und darüber hinaus mehrere Monate lang durch ihren Vorgesetzten vertreten worden sei. Der Arbeitgeber habe keine Vollzeitvertretung eingestellt, sondern die Aufgaben der Arbeitnehmerin auf mehrere Arbeitnehmer verteilt. Dienstreisen, die nur 15 Prozent der Aufgaben der Arbeitnehmerin ausmachten, könnten an den drei Anwesenheitstagen durchgeführt werden, zumal die Arbeitnehmerin vier Stunden variabel verteilen könne. Dienstreisen könnten außerdem an andere Arbeitnehmer des Controllings delegiert werden. Entsprechendes gelte für die Teilnahme an Besprechungen. Aber auch wenn der Arbeitgeber ein dem Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerin entgegenstehendes Organisationskonzept hätte vorweisen können, hätte er, so das BAG mit großer Deutlichkeit, die mit der teilweisen Abwesenheit der Arbeitnehmerin verbundenen Schwierigkeiten hinnehmen bzw. bewältigen müssen. Bei solchen Problemen handele es sich nach Ansicht des BAG um Schwierigkeiten, die mit einer während der Elternzeit in Anspruch genommenen Teilzeit regelmäßig einhergingen. Sie müssten daher nach der gesetzgeberischen Zielvorstellung vom Arbeitgeber überwunden werden (BAG, 9 AZR 72/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl