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Der Eigentümer einer Doppelhaushälfte kann nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass die Unterbringung von 15 Flüchtlingen in der benachbarten Doppelhaushälfte untersagt wird. Denn eine solche Unterbringung stellt jedenfalls dann eine zulässige Wohnnutzung dar, wenn keine Überbelegung vorliegt.

Dies hat der Ver­waltungs­gerichts­hof (VGH) Hessen entschieden. In dem Fall hatte eine Stadt mit dem Eigentümer einer Doppelhaushälfte vereinbart, dass dieser von November 2015 bis Oktober 2020 in seinen Räumlichkeiten Flüchtlinge aufnimmt. Die Doppelhaushälfte verfügte über zwei Drei-Zimmer-Wohnungen. Entsprechend der Vereinbarung zogen im November 2015 15 Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien in das Haus. Die Eigentümerin der benachbarten Doppelhaushälfte war damit jedoch nicht einverstanden. Sie beantragte per einstweiliger Anordnung, den Einzug zu stoppen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden untersagte sofort die Unterbringung von mehr als 10 Flüchtlingen. Seiner Ansicht nach habe keine Wohnnutzung vorgelegen. Darum sei die Nachbarin in ihren Rechten verletzt worden. Gegen diese Entscheidung legte der Hauseigentümer Beschwerde ein.

Der VGH Hessen entschied zugunsten des Hauseigentümers. Die Unterbringung der 15 Flüchtlinge in der Doppelhaushälfte habe angesichts der auf Dauer angelegten, freiwilligen und eigengestalteten Lebensführung eine zulässige Wohnnutzung dargestellt und sei daher mit dem Charakter der näheren Umgebung vereinbar gewesen. Insbesondere habe keine Überbelegung vorgelegen.

Ebenso rechtfertigen eventuelle Lärmstörungen keine Untersagung der Unterbringung. Denn Störungen, die allein durch ein Fehlverhalten einzelner Bewohner in einem benachbarten Anwesen ausgehen, können nur durch das Polizei- und Ordnungsrecht sowie des zivilen Nachbarrechts beseitigt werden.

Quelle: VGH Hessen, Urteil vom 3.3.2016, 4 B 403/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Stadt Mainz kann zwei von ihr sichergestellte Wohnhäuser, die wegen Verstößen gegen die Anforderungen an die Trinkwasserversorgung und an den Brandschutz nicht mehr genutzt werden dürfen, nicht verwerten.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall von klagenden Miteigentümern zweier Häuser in der Mainzer Neustadt. Nachdem mehrere Verfügungen der Bauaufsichtsbehörde zur Beseitigung baulicher Mängel nicht erfüllt worden waren, wurden die Häuser aufgrund polizeirechtlicher Verfügungen sichergestellt und in Verwahrung genommen. Zwei Jahre später ordnete die Stadt zur Vermeidung weiterer hoher Verwahrungskosten die Verwertung der beiden Häuser an, die durch öffentliche Versteigerung erfolgen solle.

Das OVG hob die Verwertungsanordnungen der Stadt jedoch auf. Diese könnten entgegen der Auffassung der Stadt nicht auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden. Die entsprechenden Bestimmungen seien nur auf die Verwertung beweglicher Sachen, nicht jedoch von Immobilien zugeschnitten. Die Versteigerung von Grundstücken stelle einen massiven Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum dar, die in der Wirkung einer Enteignung gleichkomme. Deshalb sei sie verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn der Gesetzgeber Verfahrensvorschriften erlassen habe, die eine unverhältnismäßige Verschleuderung von Grundeigentum verhindere. Solche Vorschriften, wie sie etwa das Zwangsversteigerungsgesetz enthalte, fehlten in den Bestimmungen des Polizeirechts über die Verwertung sichergestellter (beweglicher) Gegenstände. Damit blieben der Stadt zur Beseitigung der Missstände, welche von den Häusern der Kläger ausgingen, nur die Befugnisse nach den baurechtlichen Regelungen. Soweit danach die Gefahr bestehe, dass letztlich die Allgemeinheit die Kosten einer Mängelbeseitigung durch die Stadt tragen müsste, weil ein Regress bei den Grundstückseigentümern nicht realisiert werden könne, sei allein der Gesetzgeber berufen. Er müsse andere Möglichkeiten für einen zwangsweisen Zugriff auf verwahrloste Immobilien schaffen. Tue er dies nicht, hätten die Kommunen keine weitergehenden Handlungsmöglichkeiten (OVG Rheinland-Pfalz, 8 A 10236/12.OVG und 8 A 10253/12.OVG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl