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Zulassungspapiere sind bei Bauwerken wichtig, vor allem beim Bauen im Bestand. Aber was passiert, wenn alte Baugenehmigungen nicht auffindbar sind? Dann hat der Bauherr ein Problem. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen sagt jetzt: Für das Vorliegen einer Baugenehmigung ist darlegungs- und beweispflichtig, wer sich gegenüber einer Nutzungsuntersagung darauf beruft, diese Nutzung sei genehmigt und deshalb formell baurechtmäßig.

Das gelte auch für einen behaupteten Bestandsschutz. Beim Bauen im Bestand ist es deshalb wichtig, sich schon in der Leistungsphase 1 alte Baugenehmigungen vorlegen zu lassen. Die Genehmigungsbehörden, die in der Vergangenheit Baugenehmigungen von Amts wegen dauerhaft aufbewahren mussten, sind seit Kurzem in einigen Bundesländern nicht mehr dazu verpflichtet. Ohne Klärung des Bestandsschutzes drohen Honorarverluste.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.2.2022, 2 B 1964/21, Abruf-Nr. 227658 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hat jetzt entschieden: Die sofortige Vollziehung von Beseitigungsverfügungen aus brandschutzrechtlichen Gründen setzt voraus, dass die von dem Bauwerk ausgehende Gefahr ein sofortiges Einschreiten erfordert. Das schließt auch ein, zu prüfen, ob der Gefahrenlage für die Dauer des Hauptsacheverfahrens durch anderweitige ergänzende Maßnahmen der Gefahrenabwehr begegnet werden kann, etwa durch Erlass einer Nutzungsuntersagung.

Was war geschehen?
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks, das straßenseitig mit einem mehrgeschossigen Gebäude bebaut ist. Im Erdgeschoss dieses Gebäudes betreibt er ein Bistro. Bei Vorortkontrollen stellte die Antragsgegnerin, die Stadt, fest, dass an der rückwärtigen Gebäudeseite ein eingeschossiger Anbau mit Pultdach mit einer Grundfläche errichtet worden war. Sie gab dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes auf, den Anbau vollständig zurückzubauen. Zur Begründung führte sie u.a. aus, der Anbau sei ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden und könne auch nachträglich nicht genehmigt werden. Die Anforderungen an den Brandschutz, an Rettungswege und an Brandwände würden nicht erfüllt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse geboten. Aufgrund der Gefährdungslage für die Gäste und Bewohner des Grundstücks sowie des Nachbargrundstücks sei der weitere Bestand des Anbaus als Aufenthaltsraum nicht zu verantworten. Im Brandfall seien mit hinreichender Sicherheit Schäden an Leib, Leben und Gesundheit dieser Personen zu befürchten. Bei Beachtung der Länge eines Rechtsmittelverfahrens könne die bestehende Gefahr nicht in geeigneter Weise abgewendet werden, wenn der Widerspruch aufschiebende Wirkung habe. Dem Antragsteller durch den Rückbau entstehende finanzielle Verluste seien nicht zu berücksichtigen, da diese lediglich auf der rechtswidrigen Errichtung und Nutzung beruhten und somit allein in der Verantwortungssphäre des Antragstellers lägen.

Das sagt das Oberverwaltungsgericht
Zunächst hat das OVG seinen eingangs geschilderten Grundsatz bekräftigt. Dann lässt es aber eine Ausnahme zu: Etwas anderes könne nämlich bei verhältnismäßig geringfügigen Auswirkungen einer Beseitigungsverfügung gelten, namentlich dann, wenn eine bauliche Anlage ohne Substanzverlust beseitigt werden kann und keine erheblichen Aufwendungen für die Entfernung und Lagerung der Anlage entstehen. So sah es das OVG hier als gegeben an.

Es hat dann ergänzt: Zwar könne die Bekämpfung einer negativen Vorbildwirkung ein besonderes Interesse am Sofortvollzug einer Beseitigungsanordnung begründen. Dies setze allerdings voraus, dass die Vorbildwirkung eines illegal ausgeführten Vorhabens eine Nachahmung in solchem Maße schon bis zum bestands- oder rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache befürchten lässt, dass der Ausweitung der Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung rasch vorgebeugt werden muss.

Für den konkreten Fall hat das OVG eine solche Gefahr nicht gesehen. Hier fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass von dem streitigen Anbau bereits vor einem bestands- oder rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine konkrete Nachahmungsgefahr ausgeht. Die Antragsgegnerin habe nicht gezeigt, dass in der näheren Umgebung bereits vergleichbare Anbauten (an Gaststätten) errichtet wurden, für die der streitige Anbau Vorbild gewesen sein könnte. Aufgrund der Lage des Anbaus an der zur Straße abgewandten Seite des Hauptgebäudes könne auch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Anbau andere Personen dazu verleiten könnte, einen solchen Anbau auf ihrem Grundstück zu errichten. Die von der Antragsgegnerin ins Feld geführte – abstrakte – Gefahr, dass andere Grundstückseigentümer, insbesondere Gastronomen oder sonstige Gewerbetreibende, dazu ermuntert werden könnten, illegal bauliche Anlagen zu errichten und zumindest für einen gewissen Zeitraum zu nutzen, genüge nicht.

Quelle: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.9.2021, 2 M 64/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Ein sich um die Tragfähigkeit seines Grundstücks sorgender Nachbar kann nicht die Aufhebung einer für das angrenzende Grundstück erteilten Baugenehmigung verlangen, die unter der Bedingung steht, dass spätestens bei Baubeginn eine Bescheinigung über die Gewährleistung der Standsicherheit des Bauvorhabens vorzulegen ist. Dies entschied jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Mainz.

Widerspruch des Nachbarn
Der Nachbar wandte sich mit seinen Widersprüchen gegen im vereinfachten Genehmigungsverfahren von dem beklagten Landkreis erlassene Baugenehmigungen für zwei Mehrparteienwohnhäuser. Er machte dabei im Wesentlichen geltend, aufgrund der Hanglage des Gebiets bestünde bei Verwirklichung des Bauvorhabens die Gefahr von Erdrutschungen, die die Standsicherheit seines oberhalb des Baugrundstücks gelegenen Wohngebäudes bedrohten.

Untätigkeitsklage der Bauherrin
Nachdem der Kreisrechtsausschuss des Landkreises nach über einem Jahr seit Erhebung der Widersprüche noch nicht über diese entschieden hatte, erhob die Bauherrin Untätigkeitsklage auf Zurückweisung der Widersprüche. Sie machte ihr Recht auf Erhalt einer bestandskräftigen Baugenehmigung geltend und führte aus, dass Nachbarrechte durch die mit den Widersprüchen angegriffenen Baugenehmigungen nicht verletzt würden. Das VG gab der Klage statt und verpflichtete den beklagten Landkreis, die Widersprüche gegen die Baugenehmigungen kostenpflichtig zurückzuweisen.

Begründung des Verwaltungsgerichts
Die Verpflichtungsklage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids durch den Beklagten sei zulässig und begründet. Die Baugenehmigungen verletzten keine nachbarschützenden Vorschriften, die ein Grundstücksnachbar allein rügen könne. Der Beigeladene könne insbesondere nicht eine Verletzung seines Eigentums durch Gefährdung der Standsicherheit des auf seinem Grundstück vorhandenen Gebäudes geltend machen. Die Frage der Standsicherheit baulicher Anlagen und der Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks sei nicht Gegenstand des Prüfprogramms der Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Genehmigungsverfahren.

Instrument der Bedingung ausreichend
Die Baugenehmigungen seien jedoch unter der Bedingung ergangen, dass spätestens bei Baubeginn der Baubehörde Bescheinigungen sachverständiger Personen über die Gewährleistung der Standsicherheit des Vorhabens vorzulegen seien. Diese Regelung in der Baugenehmigung sei geeignet, eine ausreichende Vorsorge vor Verletzungen des Eigentums des Nachbarn zu gewährleisten.

Der Nachbar habe keinen Anspruch darauf, dass bereits im Zeitpunkt der Erteilung der noch nicht endgültig die Bebauung freigebenden Baugenehmigung die Hangrutschgefahr abschließend geklärt werde. Ausreichend sei es, wenn – wie hier – durch das Instrument der Bedingung verhindert werde, dass von der erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht werde und zulasten des Nachbarn vollendete Tatsachen geschaffen würden.

Quelle: VG Mainz, Urteil vom 24.2.2021, 3 K 248/20.MZ

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Hat der Bau eines zweigeschossigen Mehrfamilienhauses in einem Gebiet ohne Bebauungsplan keine „erdrückende Wirkung“ für die Nachbarn, darf er fortgesetzt werden.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln entschieden und damit den Eilantrag eines Nachbarn abgelehnt. Das Haus soll über fünf Wohneinheiten auf zwei Geschossen sowie eine Garage und Stellplätze verfügen. Für das Baugrundstück und die Nachbargrundstücke gibt es keinen Bebauungsplan. Die umliegenden Grundstücke sind mit ein- und mehrgeschossigen Ein- und Mehrfamilienhäusern bebaut. Ein Nachbar, dessen eingeschossiges Einfamilienhaus etwa 16 Meter von dem Bauvorhaben entfernt steht, hatte sich mit seinem Eilantrag gegen die erteilte Baugenehmigung gewandt. Zur Begründung machte er geltend, das Gebäude sei etwa fünf Meter höher als sein Wohnhaus geplant. Es habe daher eine erdrückende Wirkung.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. In Gebieten ohne Bebauungsplan richte sich die Zulässigkeit von Bauvorhaben danach, ob sich diese in die vorhandene Bebauung einfügten. Nachbarn könnten sich nur mit Erfolg gegen ein Vorhaben wenden, wenn die gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen nicht eingehalten würden oder das sogenannte Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei, weil ein Gebäude beispielsweise wegen „erdrückender Wirkung“ für die Nachbarn unzumutbar sei.

Dies sei hier entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht der Fall. Die Abstandsflächen würden eingehalten und eine „erdrückende Wirkung“ des Bauvorhabens sei ausgeschlossen. Wenn die Stadt in bestimmten Gebieten das Maß der baulichen Nutzung auch im Interesse der Bewohner begrenzen wolle, müsse sie hierzu Bebauungspläne aufstellen. Erfolge dies wie im konkreten Fall nicht, seien Nachbarn baurechtlich nur eingeschränkt geschützt.

Quelle: VG Köln, Beschluss vom 27.2.2020, 2 L 2613/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Ein Transportbetonwerk muss nicht zwingend in einem Industriegebiet gebaut werden. Es ist auch zulässig, es in einem Gewerbegebiet zu errichten.

Das folgt aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Freiburg. In dem Fall hatte die Stadt Freiburg den Bau eines neuen Transportbetonwerks auf einem Areal genehmigt, auf dem seit den 1970er Jahren bereits ein solches Werk betrieben worden war. Zwei Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks klagten hiergegen. Sie brachten unter anderem vor, das neue Transportbetonwerk passe nicht in das Baugebiet. Insbesondere der vom Werk und seinem Lieferverkehr ausgehende Lärm und Staub seien unzumutbar.

Das VG hat die Klagen abgewiesen. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, das Transportbetonwerk sei im Gewerbegebiet zulässig. Transportbetonwerke seien typischerweise nicht so belästigend, dass sie nur in Industriegebieten gebaut und betrieben werden dürften. Dies folge unter anderem daraus, dass es heutzutage üblich sei, besonders immissionsträchtige Anlagenteile einzuhausen, also zu umhüllen oder zu überbauen – wie dies auch bei dem genehmigten Werk geschehen sei. Nach den vorgelegten Gutachten würden bei diesem außerdem sowohl die Lärmrichtwerte als auch die Immissionswerte für Feinstaub und Staubniederschlag eingehalten. Dies gelte auch dann noch, wenn es durch Bedienungsfehler – wie bisher – gelegentlich zu größeren Staubaustritten komme. Nach den Angaben des Werksbetreibers sei es seit Juni 2017 zu sechs Störfällen gekommen. Wenn sich der Betreiber an die auferlegten Verhaltenspflichten halte und die LKW-Fahrer weiterhin entsprechend schule, sei nicht zu erwarten, dass solche Störfälle in Zukunft häufiger vorkämen.

Quelle: VG Freiburg, Urteil vom 11.12.2019, 4 K 1618/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat der Auftraggeber einen Architekten mit der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) beauftragt, nimmt er dessen Leistung ab, wenn er die Planungsunterlagen im Rahmen des Baugenehmigungsantrags einreicht und die Schlussrechnung vorbehaltlos zahlt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln klargestellt. Ob das Bauamt auf der Grundlage der genehmigungsfähigen Planungsunterlagen auch tatsächlich eine Baugenehmigung erteilt, fällt ohne abweichende Vereinbarung in die Risikosphäre des Auftraggebers. Dieser muss ggf. seinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung öffentlich-rechtlich durchsetzen.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 21.2.2019, 16 U 140/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Nachbarn können sich gegen eine Baugenehmigung mit dem Argument wenden, das genehmigte Vorhaben rufe Verkehrslärmreflexionen hervor.

So entschied es das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen. In dem Verfahren hatten sich die Eigentümer eines an einer Eisenbahnstrecke stehenden Wohngebäudes gegen Bahnlärm gewährt, der von einem hinzutretenden Gebäudekomplex auf die bahnabgewandte Rückseite ihres Hauses bricht. Sie befürchten eine Zunahme der Lärmbelastung auf ihrem Grundstück durch die Reflexionswirkungen des Gebäuderiegels. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte ihren Eilantrag abgelehnt.

Das OVG hat der Beschwerde der Antragsteller stattgegeben. Anders als das Verwaltungsgericht bejaht es die Möglichkeit eines Nachbarn, sich gegen eine Baugenehmigung mit dem Argument zu wenden, das genehmigte Vorhaben rufe Verkehrslärmreflexionen hervor. Zwar sei nach den Gutachten nicht ganz geklärt, ob die Reflexionswirkungen sogar zu einer Lärmgesamt-Dauerbelastung von nachts mehr als 60 dB führen würden. Allerdings markiere das die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung. Selbst wenn das zu verneinen wäre, hätte der Bauherr auf die Belange der Nachbarn Rücksicht nehmen müssen, denn mit dem Vorhaben würde die letzte halbwegs lärmfreie Seite des Wohnhauses in Mitleidenschaft gezogen. Es käme in Betracht, einen schallschluckenden offenporigen Putz anzubringen. Auch könnte eine Holzlattung verwendet werden, die mit lärmdämmenden Materialien hinterfüttert sei. Solche Maßnahmen habe der Bauherr jedoch nicht vorgesehen.

Quelle: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14.2.2019, 1 ME 135/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ladesäulen für Elektrofahrzeuge dürfen von der Gemeinde als Straßenbaulastträger auf öffentlich gewidmeten Straßenflächen grundsätzlich ohne Baugenehmigung aufgestellt werden.

Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVG) in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden. Der Antragsteller hatte sich dagegen gewendet, dass die Landeshauptstadt München zwei E-Ladesäulen errichtet hatte. Durch die vier Ladepunkte der Säulen konnen vor seinem Wohnhaus vier Parkplätze nur noch zum Aufladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden. Sie stehen daher nicht mehr als allgemeine Parkflächen zur Verfügung. In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht den Eilantrag auf Erlass eines Baustopps abgelehnt.

Der BayVGH hat nun die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Maßnahme der Stadt allein nach Straßenrecht und nicht nach Baurecht zu beurteilen sei. Bei den E-Ladesäulen handle es sich um Verkehrsanlagen, die relativ leicht errichtet werden könnten und die der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen. Sie sind daher Straßenbestandteile. Denn der ungehinderte Verkehrsfluss mit Elektromobilen setzt eine ausreichende innerstädtische Ladeinfrastruktur voraus. Dadurch werden auch Beeinträchtigungen des übrigen Verkehrs verhindert. Ladestationen in der Größenordnung herkömmlicher Parkscheinautomaten können nicht mit normalen Tankstellen gleichgesetzt werden, deren Errichtung nach Baurecht genehmigt werden muss. Schließlich habe der Antragsteller nicht aufgezeigt, in welchen Rechten er durch den Aufbau der Ladesäulen und die Umwandlung der vier Parkplätze verletzt sein soll.

Quelle: BayVGH, Beschluss vom 13.7.2018, 8 CE 18.1071

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach der Baunutzungsverordnung sind in einem reinen Wohngebiet auch Anlagen zur Kinderbetreuung zulässig, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

Hierauf wies der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Hessen im Rechtsstreit um eine Kindertagesstätte mit 66 Plätzen hin. Ein Nachbar hatte gegen die erteilte Baugenehmigung geklagt, weil er sich durch die Kinderbetreuungseinrichtung gestört fühlte.

Seine Klage hatte jedoch sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem VGH keinen Erfolg. Die Richter am VGH machten dabei zunächst deutlich, dass bei der Definition des Begriffs „Bewohner“ nicht auf die gegenwärtige persönliche Lebenssituation der in diesem Gebiet ansässigen Grundstückseigentümer abzustellen sei. Es komme vielmehr auf die objektive Bewohnbarkeit der Grundstücke des Gebiets an. Subjektive persönliche Befindlichkeiten bei der Beurteilung der Zulässigkeit baurechtlicher Vorhaben müssen darum grundsätzlich außer Betracht bleiben. Gerade in Wohngebieten sei es baurechtlich objektiv geboten, Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. Misch- oder gar Gewerbegebiete bieten sich für solche Einrichtungen auch und gerade wegen der notwendigen wohnartnahen Versorgung und des sozialen Eingebundenseins solcher Einrichtungen grundsätzlich nicht an.

Dem Nachbar stehe auch kein „Gebietserhaltungsanspruch“ zu. Ein solcher solle nur Vorhaben verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in einem Baugebiet zulässig sind. Dürfe ein Vorhaben nach dem Gesetz ausnahmsweise in einem faktischen reinen Wohngebiet zugelassen werden, könne ein Gebietserhaltungsanspruch nicht verletzt sein. Die Nachbarrechte seien in diesem Falle durch Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme ausreichend gewahrt. Im Übrigen seien Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen hervorgerufen werden, nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Damit seien sie auch keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen nach der Baunutzungsverordnung.

Quelle: VGH Hessen, Beschluss vom 25.2.2017, 3 B 107/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Datenschutz, Paragraph, binr, BDSG, Recht, Internet, ITEine Baugenehmigung zum Betrieb einer Kleinrösterei muss so bestimmt genug gefasst sein, dass sichergestellt ist, dass von der Anlage keine unzumutbaren Geruchsimmissionen auf Nachbargrundstücke ausgehen.

Hierauf hat das Verwaltungsgericht (VG) Mainz hingewiesen. In dem Fall hatte sich eine Nachbarin gegen eine Baugenehmigung zum Umbau einer Scheune in eine Kleinrösterei nebst Verkaufsstelle gewandt. Ihr Grundstück liegt etwa 15 m von der Röstanlage mit Abluftkamin entfernt. Sie machte u.a. geltend, von der Kaffeerösterei gingen unzumutbare Gerüche und auch Rauch auf ihr Grundstück aus. Die Baugenehmigung enthalte keine ausreichenden Regelungen zum Schutz der Nachbarschaft. Sie begrenze weder die Anzahl der Röstvorgänge noch die Geruchsstunden. Mit den erlaubten Betriebszeiten (werktags von 9 Uhr bis 18 Uhr) könnten die maximal zulässigen Geruchsstunden überschritten werden.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gab das VG der Klage statt und hob die Baugenehmigung auf. Diese sei nicht hinreichend bestimmt. Ihr lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Kaffeeröstanlage nur so genutzt werden dürfe, dass Nachbarrechte nicht beeinträchtigt würden. Die in der Genehmigung enthaltenen Betriebszeiten überschritten bei voller Ausnutzung den Grenzwert für Gerüche von 10 Prozent der Jahresstunden deutlich. Weil vor der Erteilung der Genehmigung kein Gutachten zur Geruchsstundenhäufigkeit eingeholt und auch keine maximale Nutzungsdauer der Kaffeeröstanlage festgelegt worden seien, könnten also unzumutbare Geruchsimmissionen nicht ausgeschlossen werden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Anlage derzeit nur wenige Stunden in Betrieb (ca. 15 Stunden/Woche) und insoweit eine Änderung durch die beigeladenen Betriebsinhaber auch nicht beabsichtigt sei. Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung der Baugenehmigung sei, dass sie es zulasse, dass die gesamten Betriebszeiten ausgenutzt werden können, ohne mit der erforderlichen Klarheit und Sicherheit auszuschließen, dass Nachbarrechte verletzt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin füge sich das Vorhaben einer Kleinrösterei jedoch in die nähere Umgebung ein, die als von Wohnen und landwirtschaftlicher Nutzung geprägtes Dorfgebiet anzusehen sei. Eine Anlage dieser Dimension sei typischerweise nicht geeignet, im Hinblick auf den Gebietscharakter störend zu wirken. Weitere zum Schutz von Nachbarn vorgesehene immissionsschutzrechtliche Vorschriften würden von dem genehmigten Vorhaben ebenfalls eingehalten.

Quelle: VG Mainz, Urteil vom 13.4.2016, 3 K 508-15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl