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Der Bundesgerichtshof (BGH) musste jetzt die Frage beantworten, wie lange nach Rechtskraft der Scheidung ein Ehegatte vom anderen die Überlassung der Ehewohnung verlangen kann, wenn diese im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht.

Die Beteiligten bewohnten während ihrer Ehe gemeinsam eine Wohnung, die im Alleineigentum des Antragstellers steht. Seit der Trennung im Jahr 2014 und auch über die seit Dezember 2015 rechtskräftige Scheidung hinaus nutzt die Antragsgegnerin die Wohnung allein. Die Antragsgegnerin war ursprünglich Alleineigentümerin einer anderen, im selben Haus gelegenen Wohnung, die sie im Jahr 2016 unentgeltlich auf einen Sohn übertrug. Sie zahlt an den Antragsteller weder Miete oder Nutzungsentschädigung noch trägt sie die verbrauchsabhängigen Kosten. Zahlungsaufforderungen des Antragstellers sind ebenso erfolglos geblieben wie sein Herausgabeverlangen. Der Antragsteller hat beim Amtsgericht (AG) einen Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt. Diesem hat das AG mit einer Räumungsfrist entsprochen. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Der BGH hat auch die dagegen von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zwar ist der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht durchsetzbar, solange das Ehewohnungsverfahren eröffnet ist. Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung handelt, ist dabei nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung zu beurteilen. Das Ehewohnungsverfahren ist jedoch immer eröffnet, wenn es sich bei den Räumen auch während des Getrenntlebens in rechtlicher Hinsicht um die Ehewohnung gehandelt hat.

Diese Sperrwirkung ist im Ergebnis aber zeitlich begrenzt. Denn ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung erlöschen nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung, sondern auch diejenigen auf Überlassung der Ehewohnung, wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden sind.

Im Fall des BGH war die Jahresfrist längst abgelaufen, ohne dass die Antragsgegnerin Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung gerichtlich geltend gemacht hat. Da ihr auch nicht aus anderen Gründen, etwa einer sonstigen Vereinbarung zwischen den Beteiligten, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zusteht, war sie verpflichtet, die Wohnung herauszugeben.

Quelle: BGH, Beschluss vom 10.3.2021, XII ZB 243/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figuren / DistanzWill ein Ehepartner von seinem geschiedenen, in der gemeinsamen Wohnung verbliebenen Partner ein Nutzungsentgelt fordern, muss er ihn vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ stellen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in dem Fall eines geschiedenen Ehepaars. Diese sind Miteigentümer einer ca. 80 qm großen Eigentumswohnung, die sie während der Zeit ihrer Ehe gemeinsam bewohnten. Nach der Trennung Ende 2003 zog die Frau aus, während der Mann in der Wohnung verblieb. Nach der Scheidung hat die Frau vom Mann für die Nutzung der Wohnung in den Jahren 2008 und 2009 ein Nutzungsentgelt von monatlich 200 EUR verlangt.

Mit dieser Forderung blieb sie vor dem OLG jedoch ohne Erfolg. Die Richter konnten die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Nutzungsentgelt nicht feststellen. Nach ihrem Auszug sei die Frau zwar berechtigt gewesen, vom Mann eine Änderung der bisherigen Vereinbarung über die gemeinsame Nutzung der Wohnung zu verlangen. Das folge daraus, dass sich die Nutzungsverhältnisse grundlegend geändert hätten. Komme der Mann diesem Verlangen nicht nach, könne die Frau ein gerichtliches Verfahren auf Neuregelung der Verwaltung und Benutzung und ggf. auch auf Zahlung eines Nutzungsentgelts anstrengen. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt. Es fehle an der vom Gesetz verlangten Aufforderung der Frau gegenüber dem Mann, für die gemeinsame Wohnung eine neue Verwaltungs- und Benutzungsregelung zu vereinbaren. Erst hieraus ergebe sich ein Anspruch der Frau auf Nutzungsentschädigung. Diese Aufforderung müsse so deutlich sein, dass der andere Wohnungsteilhaber vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt werde. Dem nutzenden Wohnungsteilhaber müsse klargemacht werden, dass der andere Wohnungsteilhaber den Fortbestand des bisherigen Zustands keinesfalls mehr hinzunehmen bereit sei. Da die Frau eine derartig deutliche Aufforderung nicht ausgesprochen habe, stehe ihr auch kein Zahlungsanspruch aufgrund der alleinigen Nutzung der Wohnung durch den Mann zu (OLG Hamm, 14 UF 166/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figuren / DistanzStreiten getrennt lebende Ehegatten über die Zuweisung der Ehewohnung, kann es aus Gründen des Kindeswohls gerechtfertigt sein, die Wohnung einem der Ehegatten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall der Eltern eines 1994 geborenen Schülers. Nach ihrer Trennung 2012 blieb die Ehefrau mit dem volljährigen Sohn in der zuvor gemeinsam genutzten Ehewohnung. Diese gehört den Kindeseltern jeweils zur Hälfte. Nach Streitigkeiten zwischen Ehefrau und Sohn hat der Ehemann beantragt, die Ehewohnung an ihn herauszugeben, damit er diese gemeinsam mit dem Sohn bewohnen kann.

Das OLG hat die Ehefrau – nach Ablauf einer Räumungsfrist – zur Räumung verpflichtet und dem Ehemann die Ehewohnung zur Nutzung während der Zeit der Trennung zugewiesen. Dies sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte aus Gründen des Kindeswohls geboten. Betreffe eine Wohnungszuweisung Kinder, seien ihre Belange bei der Abwägung grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen, unabhängig von der Volljährigkeit des Kindes. Das gelte auch im zu entscheidenden Fall. Das Interesse des Sohnes an einer geordneten und möglichst entspannten Familiensituation habe Vorrang vor dem Interesse der Kindesmutter an dem Verbleib in der Wohnung. Ausgehend hiervon sei die Zuweisung der Ehewohnung an den Ehemann geboten. Das gegenwärtige Verhältnis zwischen der Ehefrau und dem Sohn sei nachhaltig gestört und dem Kindeswohl nicht dienlich. Diese verfahrene Situation könne nur dadurch aufgelöst werden, dass die Ehefrau die Wohnung räume, damit sie von dem Sohn und dem Ehemann, zu dem der Sohn ein gutes Verhältnis habe, gemeinsam bewohnt werden könne. Die familiären Verhältnisse ließen es nicht zu, dass der Ehemann gemeinsam mit seinem Sohn in eine andere Wohnung ziehe. Vorrangig zu berücksichtigende Interessen der Ehefrau, ihr die Wohnung zu erhalten, seien nicht erkennbar (OLG Hamm, 2 UF 58/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Serie Mietvertrag 3Zieht der Ehegatte, der allein Mietvertragspartei ist, anlässlich der Trennung aus der Wohnung aus und überlässt sie dem anderen Ehegatten, liegt keine vertragswidrige Überlassung an einen Dritten und damit kein Kündigungsgrund vor.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Falle eines Vermieters, der in der vorbeschriebenen Situation das Mitverhältnis wegen einer unbefugten Überlassung der Mieträume an einen Dritten gekündigt hatte. Die Richter machten deutlich, dass der Ehegatte, der nicht Partei des Mietvertrags ist, nicht Dritter im Sinne des Gesetzes sei, solange es sich bei der von ihm bewohnten Wohnung um eine Ehewohnung handele. Die Wohnung verliere ihren Charakter als Ehewohnung erst, wenn sie von dem Ehegatten, der sie verlassen hat, endgültig aufgegeben werde. Entscheidend sei dabei, ob die Überlassung an den anderen Ehegatten noch den aktuellen Erfordernissen in der Trennungssituation geschuldet sei, oder ob ihr schon eine endgültige Nutzungsüberlassung zugrunde liege (BGH, XII ZR 143/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird eine von einem Ehepaar gemeinsam angemietete Wohnung zu einem späteren Zeitpunkt von einem der Ehegatten verlassen, ist dieser dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten zumindest teilweise zum Ausgleich der Mietzinszahlungen, einer Nebenkostennachforderung sowie eines Kautionseinbehalts (hier: wegen abhanden gekommenem Schlüssel) verpflichtet.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines zerstrittenen Ehepaars. Die Richter wiesen darauf hin, dass in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass die Mithaftung des Ausziehenden (wenn auch zeitlich beschränkt) zunächst bestehen bleibe, wenn er gegen den Willen des Verbleibenden auszieht. Sei das endgültige Scheitern der Ehe erkennbar, stehe dem verbleibenden Ehegatten eine Überlegungsfrist zu. Er müsse sich sodann um eine Beendigung des Mietverhältnisses bemühen. Andernfalls gebe er damit zu erkennen, dass er zu einer Fortführung des Vertrags unter alleiniger Kostentragung bereit sei.

Hinweis: Diese Entscheidung ist auch für Vermieter interessant, da sie den aus der Wohnung ausgezogenen Ehegatten zunächst auch weiterhin in Anspruch nehmen können (OLG Düsseldorf, I-22 U 142/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl