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Eine Fahrerlaubnis kann auch aufgrund einer anonymen Anzeige entzogen werden. Das machte das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus deutlich und lehnte den Eilantrag eines Autofahrers gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis ab.

Das war geschehen
Ursache des Verfahrens war, dass die zuständige Straßenverkehrsbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen hatte, nachdem sie von einem der Polizei anonym zugespielten Drogengutachten Kenntnis erlangt hatte. Das Drogengutachten war beim Antragsteller in einem familienrechtlichen Verfahren durchgeführt worden. Es wies den Konsum von Kokain und Amphetamin nach. Der Antragsteller wandte sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis. In seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz machte er hinsichtlich des Gutachtens ein Beweisverwertungsverbot geltend. Außerdem habe er vor drei Monaten ein Entzugsprogramm durchgeführt und befinde sich in Behandlung. Daher sei ein weiterer Drogenkonsum nicht zu erwarten.

Schutzinteresse der Allgemeinheit überwiegt
Das Gericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Gutachtens nicht bestehe. Es sei zu unterscheiden zwischen strafrechtlichen und gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis diene dem Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Verkehrsteilnehmer vor Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgingen. Dieses Schutzinteresse überwiege das Interesse des Antragstellers, anzunehmen, dass das ihn betreffende Gutachten außerhalb des familienrechtlichen Verfahrens keine Folgen habe. Im Hinblick auf staatliche Schutzpflichten sei es nicht hinnehmbar, wenn die Fahrerlaubnisbehörde trotz Kenntnis von der Ungeeignetheit eines Fahrerlaubnisinhabers nicht einschreiten dürfte und die Gefahr in Kauf nehmen müsste.

Harte Drogen: kein Führen von Kraftfahrzeugen
Durch den Konsum harter Drogen (Kokain, Amphetamin) habe sich der Antragsteller auch zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erwiesen, weshalb ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen gewesen sei. Dabei sei es zum jetzigen Zeitpunkt unerheblich, dass der Antragsteller an einer Drogenentzugstherapie teilgenommen habe und sich auch weiterhin in Behandlung befinde. Eine Entwöhnung und Entgiftung sei erst nach einer einjährigen Abstinenzphase anzunehmen. Da eine einjährige Abstinenz noch nicht nachgewiesen sei, habe der Antragsteller seine Fahreignung noch nicht wiedererlangt.

Quelle: VG Cottbus, Beschluss vom 28.4.2022, VG 7 L 82/22

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Wurde dem Betroffenen die Fahrerlaubnis der Klasse B entzogen, wird dies geheilt, wenn ihm nachträglich im Heimatland ein EU-Führerschein der Klasse C ausgestellt wird.

Diese Klarstellung traf das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Fall eines lettischen Staatsangehörigen. Der Mann ist seit 1997 im Besitz einer Fahrerlaubnis für die Klasse B. Wegen einer Trunkenheitsfahrt bei einem Besuchsaufenthalt in Deutschland verurteilte ihn ein deutsches Strafgericht im Jahr 2002 zu einer Geldstrafe, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von zehn Monaten an. Im Jahr 2012 erhielt der Mann in Lettland einen neuen, bis zum Jahr 2022 gültigen Führerschein. Dieser wies für die Klasse C ein Erteilungsdatum 2012 aus, für die Klasse B war das Jahr 1997 vermerkt. Später zog der Mann nach Deutschland. Dort beantragte er 2013 die Ausstellung eines deutschen Führerscheins im Wege des Umtauschs. Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde gab ihm auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu der Frage vorzulegen, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Nachdem der Mann dies abgelehnt hatte, lehnte die Behörde seinen Antrag ab. Sie stellte fest, dass er nicht berechtigt sei, mit seinem lettischen Führerschein in Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen. Zudem gab sie dem Mann auf, seinen Führerschein vorzulegen, damit ein entsprechender Sperrvermerk eingetragen werden könne.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte im Berufungsverfahren Erfolg. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts müssen die deutschen Behörden den nach Ablauf der Sperrfrist in Lettland ausgestellten EU-Führerschein anerkennen. Für den Führerschein der Klasse C habe der Mann auch seine Fahreignung nachweisen müssen. Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landkreises hat das BVerwG zurückgewiesen. Ein Führerschein der Klasse C kann nur Fahrzeugführern ausgestellt werden, die zum Führen von Fahrzeugen der Klasse B berechtigt sind. Aufgrund dieses Stufenverhältnisses enthält die ordnungsgemäße Ausstellung eines Führerscheins der Klasse C zwingend auch die Bestätigung der Fahreignung für die Klasse B. Durch die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse C in Lettland sind die in Deutschland durch den Verkehrsverstoß begründeten Fahreignungszweifel überholt. Deutsche Behörden müssen den nach Ablauf der Sperrfrist ausgestellten EU-Führerschein anerkennen. Die in Deutschland bestehende Befristung der Geltungsdauer einer Fahrerlaubnis der Klasse C auf fünf Jahre kann nach weiteren Vorgaben des Unionsrechts im Rahmen einer Erneuerung berücksichtigt werden. Von dieser Möglichkeit einer Erneuerung hat der deutsche Verordnungsgeber bislang aber nicht Gebrauch gemacht. Darum ist die im Führerschein des ursprünglichen Wohnsitzmitgliedstaats angegebene Geltungsdauer maßgeblich und von den deutschen Behörden anzuerkennen.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 6.9.2018, 3 C 31/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl