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Der Versicherer darf bei der fiktiven Abrechnung wegen des Alters und Wartungsstatus des Fahrzeugs („nicht scheckheftgepflegt“) auf eine andere mühelos zugängliche und erreichbare qualitativ gleichwertige Werkstatt verweisen. Dies muss er aber korrekt tun. Weist er nur auf einen Prüfbericht hin, der Preise einer anderen Werkstatt zugrunde gelegt hat, genügt das nicht. Dies hat nun das Amtsgericht (AG) Lübeck festgestellt.

Das AG verlangt sogar einen sog. substanziierten, also mit Tatsachen belegten Vortrag zur Alternativwerkstatt im Schriftsatz und die Vorlage eines Angebots der Werkstatt, das für den Geschädigten annahmefähig ist.

Des Weiteren beschäftigte sich das AG noch mit dem Anspruch auf die Beilackierungskosten bei der fiktiven Abrechnung. Der Versicherer hatte diese abgelehnt und das Gutachten als grob fehlerhaft verworfen, weil es die Beilackierungskosten enthalte. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat das AG diese Kosten jedoch dem Geschädigten zugesprochen, ebenso die Gutachtenkosten.

Quelle: AG Lübeck, Urteil vom 9.9.2022, 21 C 736/22

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist der Besitzer eines Leasingfahrzeugs (Leasingnehmer) nach dem Leasingvertrag verpflichtet, das Fahrzeug nach einem Unfallschaden reparieren zu lassen, kann er nicht ohne Zustimmung des Leasingunternehmens (Leasinggeber) den Schaden fiktiv abrechnen.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Bei Leasingunfällen gibt es immer das Problem der sogenannten Aktivlegitimation. Das betrifft die Frage, wer die Ansprüche geltend machen darf. Wenn dem Leasingnehmer vertraglich die Pflicht zukommt, Reparaturschäden selbst beseitigen zu lassen, darf er auch die Ansprüche gegenüber dem unfallgegnerischen Versicherer im eigenen Namen durchsetzen.

Im BGH-Fall hatte der Versicherer bestritten, dass sich der Leasingnehmer vertraglich um die Reparaturschäden kümmern müsse. Zum Nachweis wurde der Leasingvertrag vorgelegt. Und das wurde zum Eigentor des Leasingnehmers. Denn er hatte die vertragliche Pflicht zur Reparatur. Erkennbar ist der Zusammenhang zwischen der Reparaturpflicht und der vertraglich eingeräumten Berechtigung, den Schadenersatz im eigenen Namen geltend machen zu dürfen. Wer reparieren lassen muss, soll auch unkompliziert den diesbezüglichen Schadenersatz durchsetzen können. Sinn der Regelung ist es aber nicht, dass sich der Leasingnehmer das Geld einsteckt, ohne reparieren zu lassen.

Quelle: BGH, Urteil vom 29.1.2019, VI ZR 4817/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der fiktiven Abrechnung von Reparaturkosten ist nur die Umsatzsteuer herauszurechnen, nicht jedoch weitere Abgaben und Steuern.

So entschied das Amtsgericht (AG) Stuttgart-Bad Cannstatt und wies damit einen Haftpflichtversicherer in seine Grenzen. Dieser hatte eine zehnprozentige Kürzung der Netto-Reparaturkosten damit begründet, dass in den Reparaturkosten Lohnnebenkosten und Sozialabgaben kalkuliert seien, die, ebenso wie die Umsatzsteuer, nur erstattungsfähig seien, wenn sie tatsächlich anfallen.

Diesen Standpunkt wies das AG jedoch zurück. Aus dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzesbegründung und der Entstehungsgeschichte gehe klar hervor, dass der Gesetzgeber lediglich die fiktive Umsatzsteuer gekappt sehen wolle. Der Versicherer müsse daher die vom Sachverständigen ermittelten Netto-Reparaturkosten vollständig und ungekürzt erstatten (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, 2 C 79/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl