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Wird ein Architekt oder Ingenieur mit der Bestandsaufnahme eines aus Grund und aufstehender Altbebauung bestehenden Grundstücks beauftragt, um dem Auftraggeber eine Entscheidungsgrundlage für den Grundstückserwerb zu schaffen, stellt das Gutachten keine Werk-, sondern eine Dienstleistung dar. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. im Einvernehmen mit dem Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt.

Entscheidend ist: Ansprüche wegen Mängeln in einem solchen Gutachten verjähren danach nicht erst in fünf, sondern schon in zwei Jahren ab Abnahme. Anders sähe es aus, wenn die Bestandsaufnahme in Bezug zu einem konkret zu errichtenden Bauwerk steht. Das wäre etwa der Fall, wenn die Bestandsaufnahme z. B. als besondere Leistung im Rahmen eines Planungsauftrags der Leistungsphasen 1 bis 8 beauftragt ist, der die Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in Wohneinheiten umfasst. Dann gehört die Bestandsaufnahme zur Werkleistung des Büros und es gilt die fünfjährige Gewährleistungsfrist.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 28.2.2020, 24 U 36/19, rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde; BGH, Beschluss vom 4.11.2020, VII ZR 54/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Frage, die Mandanten öfter stellen: Ein Mangel ist beseitigt worden. Beginnt damit die Gewährleistungsfrist neu?

Antwort „Jein“. Und zwar deshalb, weil im Tagesgeschäft von den Beteiligten oft unterschiedliche Verabredungen getroffen werden.

• In vielen Fällen einigen sich Bauüberwachung und ausführende Firma „auf dem kleinen Dienstweg“, dass Mängel beseitigt werden. Eine solche Einigung reicht nicht aus, um die Gewährleistungsfrist zu unterbrechen und neu starten zu lassen. Die Richter des OLG Oldenburg formulieren das in einer aktuellen Entscheidung so: „In der Erklärung des Auftragnehmers, dass er sich um die Verfärbungen kümmern werde, liegt kein zum Neubeginn der Verjährung führendes Anerkenntnis.“

• Anders sieht es aus, wenn der ausführende Unternehmer konkrete Maßnahmen ergreift, die unmittelbar der Vorbereitung der Mängelbeseitigung dienen. Dann darf davon ausgegangen werden, dass die Gewährleistung für den von der Mängelbeseitigung betroffenen Bereich zum Abnahmedatum der Mängelbeseitigung neu startet. Das Gleiche gilt bei Anerkenntnis eines Mangels und der konkreten Zusage, dass er beseitigt wird.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.12.2018, 12 U 44/18, Abruf-Nr. 212723 unter www.iww.de; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 8.8.2019, VII ZR 14/19.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Real Estate investmentArbeitet der Unternehmer mangelhaft, kann der Bauherr Nacherfüllung verlangen. Der Unternehmer muss dann entweder den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Er kann die Nacherfüllung aber verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

Was unter unverhältnismäßigen Kosten zu verstehen ist, musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entscheiden. Die Richter urteilten, dass ein unverhältnismäßiger Aufwand vorliege, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bauherrn an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüberstehe. Habe der Bauherr objektiv ein berechtigtes Interesse daran, dass der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt werde, könne ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Gleiches gelte, wenn die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar durch Mängel beeinträchtigt werde.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.2015, 21 U 182/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Building projectIm werkvertraglichen Gewährleistungsrecht können Werbeaussagen als Begleitumstände für die Vertragsauslegung erhebliche Bedeutung erlangen. Sie können zu einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung führen, wenn sie für den Auftraggeber von erheblicher Bedeutung sind und der Werkunternehmer dies erkennen kann.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg im Fall eines Hauseigentümers, der mit einem Handwerker vor Gericht stritt. Entzündet hatte sich der Streit an der Frage, ob die verlegten Dachpfannen wirklich „hagelsicher“ seien.

„Hagelsicher“ bedeute nach Ansicht der Richter, dass Hagelschlag dem Material (hier: Metalldachpfannen) „nichts anhaben könne“. Die Hagelsicherheit sei dabei nicht nur darauf beschränkt, dass die Eindeckung durch Hagel nicht „zerstört“ werde. Der Bauherr könne berechtigterweise erwarten, dass die Dachpfannen bei Hagelschlag nicht verschlechtert oder ihre „Lebenserwartung“ verkürzt werden. Weil die Dachpfannen hier diese angepriesenen Erwartungen nicht erfüllt hatten, musste der Unternehmer die Kosten übernehmen, die für das nachbessern entstanden waren.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.9.2015, 11 U 86/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeEine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis der VOB/B nicht, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Mit einer „einfachen“ E-Mail kann deshalb die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam verlängert werden.

Das musste sich ein Bauherr vor dem Oberlandesgericht (OLG) Jena sagen lassen. Die Richter verwiesen darauf, dass sich die Verjährungsfrist von Mängelansprüchen im VOB-Vertrag verlängere, wenn der Auftraggeber den Unternehmer auffordert, die Mängel zu beseitigen. Diese Aufforderung müsse aber das gesetzliche Schriftformerfordernis erfüllen.

Die Schriftform ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) eingehalten, wenn die Mängelanzeige von dem Anzeigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Diese Form kann zwar durch die elektronische Form ersetzt werden. Dann muss das Schreiben aber eine qualifizierte elektronische Signatur tragen. Auch diesem Formerfordernis genügt das E-Mail-Schreiben des Bauherrn nicht.

Entgegen der Auffassung des Bauherrn gelten die Regeln des BGB auch für das Schriftformerfordernis der VOB. Wird die VOB/B vereinbart, werden die gesetzlichen Bestimmungen des BGB dadurch nicht abbedungen. Die VOB/B baut vielmehr auf der Grundlage der Vorschriften des BGB auf. Sie ändert bzw. ergänzt diese lediglich entsprechend der Interessenlage der Parteien. Die E-Mail des Bauherrn war unstreitig nicht unterschrieben und wies auch keine elektronische Signatur auf. Sie konnte daher keine Auswirkung auf die Verjährung haben.

Quelle: OLG Jena, Urteil vom 26.11.2015, 1 U 201/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

3D plan drawingErfolgte die Baumaßnahme vor mehr als zehn Jahren, kann der Bauherr gegen den Bauunternehmer keinen Anspruch auf Mängelbeseitigungskosten mehr durchsetzen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines Mannes hin, der ein Wohnhaus hatte errichten lassen. Erst nach über zehn Jahren stellte er einen Mangel an der Wärmedämmung fest. Die erforderlichen Sanierungskosten wollte er von dem Bauunternehmer ersetzt bekommen. Die Richter am OLG wiesen seine Klage jedoch ab. Es gelte die im Gesetz vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren. Diese beginne mit Abnahme der Bauleistung. Dabei sei unerheblich, ob der Bauunternehmer arglistig den Mangel verschwiegen habe. Werde der Mangel erst nach Ablauf der zehn Jahre entdeckt, seien auch in diesem Fall Nacherfüllungs- oder Schadenersatzansprüche verjährt (OLG Karlsruhe, 4 U 149/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wenn ein Pferd beim Verkauf unerkannt an einer Krankheit leidet, deren Symptome sich innerhalb von sechs Monaten zeigen, kann der Käufer den Kauf rückabwickeln. Schadenersatz erhält er aber nur, wenn den Verkäufer ein Verschulden trifft.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Coburg. Geklagt hatte der Käufer eines Pferdes. Nach seiner Schilderung war das Pferd gleich nach dem Kauf beim Ausreiten mehrfach gestolpert. Er habe es für möglich gehalten, dass dies auf seine fehlende Erfahrung als Reiter zurückzuführen sei. In den Folgemonaten sei eine starke Lahmheit aufgetreten. Erst sechs Monate später habe man das Pferd überhaupt wieder reiten können, wobei es wieder stark gestolpert sei. Dieses Stolpern sei auch bei erfahrenen Reitern festzustellen gewesen. Der Käufer wollte die von ihm bezahlten 4.900 EUR zurück und mehr als 2.500 EUR Schadenersatz für Kosten im Zusammenhang mit dem Ankauf, Behandlungskosten und Einstellkosten. Der Verkäufer wies alle Ansprüche zurück. Bei Übergabe des Pferdes habe kein Mangel vorgelegen. Das Stolpern sei auf die mangelnde Reitkunst des Käufers zurückzuführen.

Das LG gab der Klage überwiegend statt. Der Käufer durfte das Pferd zurückgeben und erhielt seinen Kaufpreis vom 4.900 EUR wieder. Das Gericht stellte mit Hilfe eines Tierarztes als Sachverständigen fest, dass das Pferd an einer Erkrankung der beiden vorderen Hufrollen litt. Nach den Angaben des Sachverständigen war das Gericht davon überzeugt, dass die Erkrankung bereits beim Verkauf vorgelegen habe. Deutliche Symptome hätten sich jedoch erst später gezeigt. Für den Verkäufer als Züchter würden die gesetzlichen Regelungen für Unternehmer gelten. Daher gelte die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Sache zeigt, bereits bei der Übergabe vorhanden war. Der Verkäufer konnte diese Vermutung auch nicht widerlegen. Vielmehr sprachen die Ausführungen des sachverständigen Tierarztes dafür, dass das Pferd zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits erkrankt war. Schadenersatz wurde dem Käufer jedoch nicht zugesprochen. Dazu hätte der Verkäufer den Mangel erkennen müssen. Nach den Angaben des Sachverständigen lag der Erkrankung eine genetische Veranlagung zugrunde. Diese führt dazu, dass die Probleme mit dem Stolpern immer mehr zunehmen. Ein vereinzeltes Stolpern eines Pferdes führt nicht dazu, dass man mit einer Erkrankung rechnen muss. Somit habe der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten (LG Coburg, 23 O 386/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Bezeichnung eines Autos als „Bastlerfahrzeug“ kann einen Gewährleistungsausschluss beinhalten. Wird der Begriff jedoch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen an unauffälliger Stelle versteckt, ist der Ausschluss nicht wirksam vereinbart.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Mannes, der bei einem Autohändler einen gebrauchten Jeep Wrangler, einen Geländewagen mit Allradantrieb zum Kaufpreis von 4.400 EUR gekauft hatte. Später stellte sich heraus, dass der Allradantrieb nicht funktionierte. Daraufhin trat der Käufer vom Kaufvertrag zurück und wollte seinen Kaufpreis wieder. Der Verkäufer weigerte sich zu zahlen. Laut Kaufvertrag sei ein sogenanntes Bastlerauto verkauft worden. Damit seien Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen worden. Außerdem handele es sich um einen bloßen Verschleiß des verkauften Autos.

Der zuständige Richter des Amtsgerichts München gab dem Käufer jedoch recht: Ein Allradantriebsfahrzeug könne als solches nur bezeichnet werden, wenn auch alle Räder angetrieben werden. Dies würde von einem Verbraucher bei einem Jeep vorausgesetzt. Damit habe der Verkäufer zumindest stillschweigend eine Eigenschaft des Autos zugesichert, die dann nicht vorgelegen habe. Auf das Alter des Fahrzeugs komme es daher nicht an. Auf einen möglichen Verschleiß könne sich der Verkäufer nicht berufen. Das Gericht glaube dem Verkäufer auch nicht, dass er als professioneller Gebrauchtwagenhändler niemals die Funktionsfähigkeit überprüft habe. Schließlich sei auch kein Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart worden. Zwar könne es Fallgestaltungen geben, wo durch die Bezeichnung „Bastlerauto“ ein solcher Ausschluss wirksam vereinbart werden könne, z.B., wenn ein nicht fahrbereites Auto erworben werde. Hier sei das Wort „Bastlerfahrzeug“ jedoch Bestandteil einer allgemeinen Geschäftsbedingung. Die Bezeichnung „Bastlerfahrzeug“ sei dabei unauffällig in den Text eingefügt. Die Schriftgröße sei deutlich kleiner als die sonstige Beschreibung des Fahrzeugs. Im Gegensatz zum anderen Text sei die Bezeichnung auch nicht durch Fettdruck hervorgehoben, sodass der Käufer visuell durch den restlichen Text davon abgelenkt würde. Ein solch versteckt angebrachter Ausschluss sei unwirksam. Der Käufer könne daher die 4.400 EUR zurückverlangen (AG München, 155 C 22290/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl