Beiträge

Eine bekannte Situation: Ein Versicherungsnehmer wirft seinen Autoschlüssel in den Briefkasten eines Autohauses. Was geschieht, wenn das Fahrzeug anschließend gestohlen wird? Das Landgericht (LG) Oldenburg hat entschieden: Der Kaskoversicherer muss den Versicherungsnehmer ungekürzt entschädigen, wenn er davon ausgehen durfte, dass der Briefkasten ausreichend gesichert ist.

Nach Ansicht des LG bestand für den Versicherungsnehmer aufgrund der Örtlichkeiten der Eindruck, als befinde sich der Briefkasten in einem geschützten Bereich. Er musste bei diesem äußeren Bild keine Bedenken haben, dass der Schlüssel von Unbefugten aus dem Briefkasten herausgenommen werden würde.

Zudem habe der Versicherungsnehmer angegeben, er habe darauf geachtet, dass der Schlüssel nach unten fällt. Vor diesem Hintergrund sah das LG keine Anhaltspunkte dafür, dass er grob fahrlässig gegen seine Obliegenheit verstoßen hätte. Folge: Der Kaskoversicherer muss den Schaden ungekürzt ersetzen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Beachten Sie Das Urteil zeigt, dass für den Versicherungsnehmer die Sorgfaltspflicht besteht, sich zu vergewissern, dass der Autoschlüssel in einem Autohaus-Briefkasten zumindest dem Anschein nach sicher aufgehoben ist.

Quelle: LG Oldenburg, Urteil vom 14.10.2020, 13 O 688/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fällt während eines Sturms ein Baum um und beschädigt dabei ein Fahrzeug, kommt eine Haftung des Baumeigentümers in Betracht. Das gilt jedenfalls, wenn bei der jährlichen Baumschau Anhaltspunkte für eine Vorschädigung des Baums nicht ausreichend gewürdigt wurden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln. So ein Schaden kann, wenn die Windstärke 8 erreicht wurde, bevor der Baum umfiel, auch über die Teilkaskoversicherung des Fahrzeugs abgerechnet werden. Das wird wohl auch sinnvoll sein, denn ein Streit um die Haftung des Baum­eigentümers ist regelmäßig eine zähe Angelegenheit. Doch nach der Abrechnung mit der Teilkaskoversicherung bleiben ja Schadenanteile übrig, z. B. die Selbstbeteiligung, die Wertminderung und der Ausfallschaden. Die können dann unter Haftpflichtgesichtspunkten geltend gemacht werden.

Quelle: OLG Köln, Urteil vom 11.5.2017, 7 U 29/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

KFZ KostenDie Kunststoffscheibe im Heck eines Cabrios ist zwar grundsätzlich von der Glasbruchversicherung einer Teilkaskoversicherung mitversichert. Schäden im Biegebereich für den Einklappvorgang deuten jedoch auf Verschleiß hin.

 

Hierauf wies das Amtsgericht München im Fall eines Cabrio-Besitzers hin. Dessen 15 Jahre alter Mercedes Benz Cabrio SL 280 war teilkaskoversichert. Anfang 2012 machte er bei der Versicherung einen Glasbruchschaden geltend. Er hat das Hardtop seines eingewinterten Fahrzeugs entfernt und im Anschluss das Verdeck geschlossen. Beim Schließvorgang hörte er ein seltsames Geräusch und stellte später fest, dass die Heckscheibe gebrochen war. Der Kläger ließ das Verdeck für 1.856,40 EUR reparieren. Er wollte den Schaden durch die Versicherung regulieren lassen. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie ist der Ansicht, dass es sich um einen reinen Verschleißschaden handelt. Eine Zahlung könne nur erfolgen, wenn es sich um einen Bruchschaden handelt, der durch eine Beschädigung oder Zerstörung bei einem Unfall oder einer Einwirkung von außen entstanden ist. Ursache des Schadens sei kein Unfall, sondern eine Materialversprödung.

 

Die zuständige Richterin hat die Klage des Cabrio-Besitzers abgewiesen und somit der Versicherung recht gegeben. Sie stellte in seinem Urteil fest, dass nach den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen die Teilkaskoversicherung Bruchschäden an der Verglasung des Fahrzeugs zwar umfasse. Dabei stehe der Ersatzpflicht nicht entgegen, dass es sich bei der Heckscheibe des Cabrios nicht um Glas, sondern um Kunststoff handele, denn der Begriff Glas sei im weiteren Sinne zu verstehen. Geregelt sei dort aber auch, dass Verschleißreparaturen nicht ersetzt werden.

 

Vorliegend sei der Schaden nicht durch ein Unfallereignis, sondern durch Verschleiß entstanden. Es sei keine Fehlfunktion der Mechanik des Verdecks festgestellt worden. Das Verdeck habe störungsfrei geöffnet und geschlossen werden können. Die Heckscheibe sei 14 Jahre alt. Es sei gerichtsbekannt, dass Kunststoffe – anders als Glas – einem nicht unerheblichen Alterungsprozess unterliegen. Sie können je nach Beanspruchung durch äußere Einwirkungen wie Hitze/Kälte/Temperaturwechsel, UV-Strahlung, mechanische Einwirkungen durch Druck oder Biegung u.ä. mehr oder weniger schnell spröde werden und schließlich brechen oder reißen. In Cabrio-Stoffdächer eingebaute Kunststoffscheiben unterliegen zwangsläufig besonderer Beanspruchung durch direkte Sonneneinstrahlung. Hinzu kommt die mechanische Beanspruchung durch den Einklappvorgang. Aus vergleichbaren Fällen sei bekannt, dass Sachverständige von einer durchschnittlichen Lebenserwartung derartiger Scheiben von 10 Jahren, einer maximalen Lebenserwartung von 15 Jahren ausgehen.

 

Für einen Verschleißschaden sprach nach Ansicht des Gerichts auch, was auf den vorgelegten Lichtbildern festgestellt wurde: Zu sehen ist bei geschlossenem Verdeck die dreigeteilte Heckscheibe (großer Mittelbereich, kleine Seitenbereiche rechts und links). Der schon milchig wirkende Kunststoff ist an den Randbereichen sowohl rechts als auch links mehrfach eingerissen. Die größten Schadstellen mit herausgebrochenen Bereichen befinden sich auf einer Höhe im Biegebereich für den Einklappvorgang. Auch rund um die bereits deutlich sichtbaren Risse sind auf den Lichtbildern mit halbgeöffnetem Verdeck in den Scheiben eine Vielzahl von kleineren Haarrissen und Eintrübungen zu sehen, die das typische Erscheinungsbild für spröde gewordene Kunststoffe sind, kurz bevor das Material bei weiterer mechanischer Beanspruchung bricht (Amtsgericht München, Urteil vom 21.5.14, 271 C 4878/14).

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Autounfall 25Ein Kfz-Vollkasko-Versicherer kann seine Einstandspflicht für einen Brandschaden nicht mit Blick auf den Einbau diverser Unterhaltungs- und Navigationselektronik ablehnen. Denn das erhöht die Möglichkeit der Risikoverwirklichung nicht nachhaltig.

Im Urteilsfall des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hatte der Halter des Fahrzeugs einen Musikverstärker, ein Navigationsgerät sowie Steuergeräte für Rückleuchten eingebaut. Das Fahrzeug brannte vollkommen aus. Es hatte einen Wiederbeschaffungswert von 7.500 EUR, der Restwert betrug 10 EUR. Der Halter verlangte vom Versicherer die Zahlung der Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert. Das OLG gab ihm recht: So ein Einbau sei nicht unüblich, und die Versicherer fragten vor Vertragsabschluss regelmäßig nicht nach, ob Einbauten vorhanden seien.

 

Hinweis: Etwas anderes gilt, wenn der Einbau mangelhaft ist und sich daraus ein erhöhtes Risiko für den Eintritt des Versicherungsfalls ergibt. Dann wird der Versicherer leistungsfrei, wenn dem Besitzer die Mangelhaftigkeit bekannt war und er die damit verbundenen Risiken bewusst in Kauf genommen hat (OLG Karlsruhe, 12 U 43/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl