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Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Durch ein solch illoyales Verhalten wird die für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfriede erheblich gestört.

Das musste sich die Geschäftsführerin eines Vereins vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) sagen lassen. Nach Differenzen mit dem Präsidenten des Vereins hatte sie die Vereinsmitglieder dazu aufgerufen, in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Abwahl der Vereinsspitze zu fordern. Der als Präsidium bezeichnete Vorstand des Vereins beschloss daraufhin, die Geschäftsführerin fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Hiergegen hat die Geschäftsführerin Klage erhoben. Sie hält u. a. den Präsidiumsbeschluss für unwirksam, weil das Präsidium wegen des vorherigen Rücktritts eines Mitglieds nicht vollständig besetzt gewesen sei.

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Revision der Geschäftsführerin hatte vor dem BAG Erfolg. Der Kündigung liegt zwar ungeachtet des vorherigen Rücktritts eines Vizepräsidenten ein nach der Vereinssatzung wirksamer Beschluss des Präsidiums zugrunde. Wegen des illoyalen Verhaltens der Klägerin liegt auch ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vor. Die Richter konnten aber nicht abschließend beurteilen, ob die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von den maßgebenden Tatsachen erklärt wurde. Das muss nun das Landesarbeitsgericht prüfen.

Quelle: BAG, Urteil vom 1.6.2017, 6 AZR 720/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Drohung „Ich stech dich ab“ gegenüber einem Vorgesetzten berechtigt zur fristlosen Kündigung.

Das zeigt ein Verfahren vor dem LAG Düsseldorf. Der Kläger war seit 1988 bei dem beklagten Land als Sachbearbeiter im Landeskriminalamt beschäftigt. Im Jahr 2012 gab es zwischen ihm und seinem Vorgesetzten im Zusammenhang mit der Personalratswahl Unstimmigkeiten. So hatte der Kläger unter Vortäuschung einer entsprechenden Berechtigung für seine freie Liste Wahlplakate auf dienstlichen Kopiergeräten angefertigt. Auf die Aufforderung seines Vorgesetzten auf Kostenerstattung reagierte der Kläger mit einer Strafanzeige wegen Nötigung. Aufgrund des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde der Kläger rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt.

Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Beteiligung von Integrationsamt und Personalrat am 13.1.15 fristlos. Es wirft ihm vor, seinen Vorgesetzten in einem Telefongespräch bedroht zu haben. Der Kläger bestreitet diese Drohung.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen. Nach einer Beweisaufnahme kam es zu dem Ergebnis, dass der Kläger seinen Vorgesetzten mit den Worten „Ich stech dich ab“ bedroht habe. Dieser habe seinen Vorgesetzten am 19.12.14 gegen 20.50 Uhr von einer Telefonzelle, die ca. 3,5 km von der Wohnung des Klägers entfernt liege, auf dessen dienstlichem Mobiltelefon angerufen. Es sei nachvollziehbar, dass der Vorgesetzte den Kläger an seiner Stimme und Sprechweise erkannt habe, denn daran sei der Kläger leicht identifizierbar. Er habe als Mitarbeiter des Landeskriminalamts Zugriff auf die dienstliche Mobilnummer seines Vorgesetzten gehabt. Zudem habe er die nur wenigen Personen bekannte Strafanzeige gegen seinen Vorgesetzten wegen Nötigung aus Anlass der Personalratswahl angesprochen. Dem ebenfalls vernommenen Nachbarn des Klägers sowie dessen geschiedener Ehefrau hat das Arbeitsgericht nicht geglaubt.

Die ernsthafte Bedrohung des Vorgesetzten durch den Kläger führe dazu, dass dem beklagten Land eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht weiter zumutbar sei, selbst wenn diese aufgrund ggf. eingeschränkter Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt schuldlos erfolgt sein sollte. Die Schwere der vom Kläger begangenen Pflichtverletzung mache eine vorherige Abmahnung entbehrlich.

In der Berufungsverhandlung folgte das LAG der Argumentation des Arbeitsgerichts und wies die Berufung zurück. Damit ist die Kündigung rechtswirksam.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 8.6.2017, 11 Sa 823/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Arbeitsgericht Siegburg hatte über den Antrag eines Arbeitgebers zu entscheiden, die Zustimmung des Betriebsrats (BR) zur Kündigung eines seiner Mitglieder ersetzen zu lassen. Der Arbeitgeber beabsichtigte, diesem wegen Arbeitszeitbetrugs fristlos zu kündigen. Die dafür erforderliche Zustimmung erteilte der BR nicht.

Der Arbeitgeber warf dem Arbeitnehmer vor, während der Arbeitszeit im Pausenraum tief und fest geschlafen zu haben und sah darin einen Arbeitszeitbetrug. Einige Tage zuvor sei er ebenfalls beim Schlafen erwischt und abgemahnt worden. Der Mitarbeiter hatte angegeben, sich wegen starker Knieschmerzen zwei Minuten früher in den Pausenraum begeben zu haben, um dort auf der Krankenliege kurz das Bein hochzulegen.

Die 4. Kammer des Arbeitsgerichts hat den Antrag des Arbeitgebers zurückgewiesen. Die Zustimmung des BR war ihrer Auffassung nach nicht zu ersetzen, da kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliege. Selbst wenn der Arbeitnehmer sich zweimal einige Minuten vor Beginn der Pause hingelegt habe, rechtfertige das nach Auffassung des Gerichts auch nach einschlägiger Abmahnung  nicht die außerordentliche Kündigung. Eine solche stehe bei einem seit über 20 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis außer Verhältnis zur Schwere der Pflichtverletzung. Nicht jede Nichteinhaltung der Pausenzeit sei ein Arbeitszeitbetrug.

Quelle: Arbeitsgericht Siegburg, Beschluss vom 3.5.2017, 4 BV 56/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In den Fällen, in denen der Mieter lediglich für die Dauer der Regelkündigungsfrist des § 573c Abs. 1 S. 1 BGB zur Fortzahlung des Mietzinses verpflichtet ist, handelt der Vermieter nicht treuwidrig, wenn er den Mieter nicht vorzeitig aus dem Mietverhältnis entlässt.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Berlin. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Verwendungsrisiko beim Mieter liegt.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 3.3.2016, 67 S 39/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Abstellen einer Kofferbomben-Attrappe kann eine fristlose oder -gemäße verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Dies gilt auch, wenn die Attrappe in Wirklichkeit kein gefährlicher Gegenstand war.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Herne. Auslöser war ein ungewöhnlicher, mit einem Absperrhahn und einem Manometer versehener Koffer, den ein Arbeitnehmer während der Nachtschicht in der Nähe der Maschinenhalle gefunden hatte. Auf diesem Koffer, aus dem Drähte herausragten, brachte er in weißer Farbe Schriftzüge mit Fantasiewörtern auf. Diese waren geeignet, den Eindruck islamistischer Parolen zu erwecken. In den Koffer legte er Süßwaren, die als Belohnung für „mutige“ Kofferöffner dienen sollten. Der Koffer wurde eine Woche später im Bereich der Aufbereitung aufgefunden. Es blieb ungeklärt, auf welche Weise der Koffer dorthin gelangt ist.

Der Arbeitgeber erstatte Strafanzeige. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen wurde eine Sprengstoffeinheit angefordert. Bis zur Sicherung des Koffers musste das Gebäude abgesperrt und geräumt werden. Der Arbeitgeber sieht in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Insbesondere habe er psychische Belastungen für die Belegschaft und eine gravierende Störung der Betriebsabläufe verursacht. Außerdem sei der Betriebsfrieden gestört worden. Das Verhalten sei geeignet gewesen, Beschäftigte mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund in Misskredit zu bringen.

Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich knapp zehn Tage nach Auffinden der Kofferbomben-Attrappe. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer. Er ist der Ansicht, der Koffer sei kein gefährlicher Gegenstand gewesen, sondern ein Spaßgegenstand. Das Arbeitsgericht folgte dem nicht und wies die Klage ab.

Nachdem das Gericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen hatte, einigten sich die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (5.4.17, 3 Sa 1398/16) darauf, ihr Arbeitsverhältnis anknüpfend an die ordentliche Kündigung zu beenden. Die außerordentliche Kündigung wurde damit aufgehoben. Eine Abfindung erhielt der Arbeitnehmer nicht. Der Vergleich wurde innerhalb der einwöchigen Frist nicht widerrufen.

Quelle: Arbeitsgericht Herne, Urteil vom 11.10.2016, 2 Ca 269/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gibt ein Angestellter einer Steuerberatungskanzlei fehlerhaft seinen beruflichen Status als „Freiberufler“ an, kann er deshalb nicht fristlos gekündigt werden, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Die Parteien hatten einen Aufhebungsvertrag mit mehrmonatiger Auslauffrist vereinbart. Kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses stellte der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer in seinem privaten XING-Profil bereits angegeben hatte, als „Freiberufler“ tätig zu sein. Er kündigte deshalb fristlos, weil er hierin eine unzulässige Konkurrenztätigkeit sah. Weil das soziale Netzwerk XING überwiegend beruflich genutzt werde sei davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer hiermit aktiv eine freiberufliche Tätigkeit in Konkurrenz zum Arbeitgeber beworben habe und Mandanten abwerben wollte.

Das sahen die Richter am LAG anders und erklärten die Kündigung für unwirksam. Einem Arbeitnehmer sei zwar grundsätzlich während des gesamten rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit untersagt. Eine Konkurrenztätigkeit könne hier jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände allein wegen der fehlerhaften Status-Angabe nicht angenommen werden. Entscheidend war für die Richter auch, dass der Name des Arbeitgebers im XING-Profil weiterhin als aktuelle Tätigkeit genannt war. Zudem hatte der Arbeitnehmer unter der XING-Rubrik „Ich suche“ gerade nicht angegeben, dass er freiberufliche Mandate suchen würde.

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 7.2.2017, 12 Sa 745/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Vermieter darf das Mietverhältnis außerordentlich kündigen, wenn der Mieter trotz mehrfacher Abmahnung das Füttern von Tauben aus dem Fenster seiner Mietwohnung nicht einstellt.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Nürnberg. Nachdem der Mieter mehrfach täglich aus seinem Fenster Tauben gefüttert und dabei jeweils um die 30 Tauben angelockt hatte, forderte ihn der Vermieter auf, das Füttern künftig zu unterlassen. Der Mieter setzte das Füttern der Tauben jedoch fort. Darum kündigte der Vermieter schließlich das Mietverhältnis außerordentlich.

Das Amtsgericht hielt die Kündigung für gerechtfertigt. Das Verhalten des Mieters, der an sieben Tagen mehrmals täglich Tauben fütterte, stellt nach der Auffassung des Gerichts eine erhebliche nachhaltige Pflichtverletzung dar, aufgrund welcher der Kläger das Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung beenden durfte. Das Gericht war nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Mieter durch sein Verhalten den Hausfrieden in dem Wohnanwesen nachhaltig gestört habe. Auch Nachbarn waren bereits an den Vermieter herangetreten und hatten von diesem verlangt, das Füttern der Tauben zu unterbinden. Der Mieter reagierte trotz zahlreicher Aufforderungen und auch auf eine bereits zuvor ausgesprochene Kündigung des Vermieters nicht. Darum durfte dieser außerordentlich kündigen.

Quelle: Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 8.4.2016, 14 C 7772/15, Abruf-Nr. 193124 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Lässt ein Mieter eine Wohnung stark verschmutzen, stellt sie mit Gegenständen so voll, dass u. a. ein Raum gar nicht mehr betreten werden kann, ist das Badezimmer als solches nicht mehr benutzbar und werden darüber hinaus die Räume nur unzureichend beheizt, rechtfertigt dies – nach mehrfachen Abmahnungen – eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth. Dem Mieter kam hier auch nicht zugute, dass das Mietverhältnis schon seit über 30 Jahren Bestand hatte.

Quelle:  LG Nürnberg-Fürth 9.3.17, 7 S 7084/16, Abruf-Nr. 192672

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das beharrliche Überschreiten der zulässigen Zahl von Minusstunden kann ein wichtiger Grund an sich für eine fristlose Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Angestellten sein.

Hierauf wies das Landearbeitsgericht (LAG) Hamburg hin. Die Richter machten dabei deutlich, dass sich auch bei einer Interessenabwägung das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr verhindern lasse, wenn sich dieser Vertragsverstoß als Glied in einer Reihe weiterer Vertragsverstöße darstellt und Abmahnungen vorliegen, die Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen rügen.

Quelle: LAG Hamburg, Urteil vom 2.11.2016, 5 Sa 19/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Versperrt der Vermieter die Zufahrt zum Mietobjekt über mehrere ­Wochen mit einem Lkw, darf der Mieter – nachdem er abgemahnt hat – das Mietverhältnisses fristlos kündigen. Mit einem solchen Verhalten verletzt man die Pflicht den Mietgebrauch ungestört zu überlassen schwerwiegend.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall einer Vermieterin, die die einzige Zufahrt einer Gewerbehalle über mehrere Wochen mit einem Lkw blockierte hatte. Sie wollte damit ein ihr vermeintlich zustehendes Vermieterpfandrecht sichern. Der Mieter kündigte nach erfolgloser Abmahnung das Mietverhältnis fristlos und stellte die Mietzahlungen ein. Das Landgericht wies die Zahlungsklage der Vermieterin ab. Das OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Durch die längerfristige Blockade sei es dem Mieter unmöglich gewesen, die Halle vertragsmäßig zu nutzen. Dadurch habe die Vermieterin ihre Verpflichtung gravierend verletzt, einen ungestörten Mietgebrauch zu überlassen.

Außerdem lag hier kein Vermieterpfandrecht vor, denn:

  • Zum einen unterlagen die in der Halle befindlichen Gegenstände nicht dem Pfandrecht.
  • Zum anderen hat die Vermieterin ein etwaiges Selbsthilferecht erheblich überschritten. Sie hätte die Zufahrt allenfalls solange blockieren dürfen, bis gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann.

Quelle:  OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.3.2016, I-24 U 59/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl