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Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.

Praktikum ja, Vergütung nein
Die Klägerin beabsichtigte, sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu bewerben. Nach der Studienordnung ist u. a. ein sechsmonatiger Krankenpflegedienst Zugangsvoraussetzung. Vor diesem Hintergrund absolvierte die Klägerin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, ein solches Praktikum auf einer Krankenpflegestation. Eine Vergütung wurde nicht vereinbart.

Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht weisen Klage ab
Mit ihrer Klage hat die Klägerin eine Vergütung von rund 10.000 Euro brutto nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin beim BAG hatte keinen Erfolg. Die Klägerin unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des o. g. Gesetzes. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst nach dem in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums, sondern auch solche, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, denn diese Universität ist staatlich anerkannt. Hierdurch ist die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.

Quelle: BAG, Urteil vom 19.1.2022, 5 AZR 217/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Der gesetzliche Mindestlohn (derzeit 9,35 EUR brutto je Zeitstunde) soll nach der Empfehlung der Mindestlohnkommission ab 2021 stufenweise erhöht werden, um den Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern.
In die Mindestlohnfindung fließen Daten von tariflichen Stundenverdiensten ohne Sonderzahlungen aus dem Tarifindex des Statistischen Bundesamts ein. Die Kommission hat darauf Wert gelegt, Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe vor dem Hintergrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise tragfähig zu gestalten.

Der gesetzliche Mindestlohn soll demnach wie folgt steigen:

• zum 1.1.2021 auf 9,50 EUR
• zum 1.7.2021 auf 9,60 EUR
• zum 1.1.2022 auf 9,82 EUR
• zum 1.7.2022 auf 10,45 EUR

Beachten Sie Die Bundesregierung muss die Erhöhung noch per Rechtsverordnung umsetzen.

Quelle: Mindestlohnkommission, Dritter Beschluss vom 30.6.2020

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Die Mindestlohnkommission hatte bereits am 26.6.2018 beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn ab dem 1.1.2020 auf 9,35 EUR zu erhöhen.

Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer. Ausnahmen sind:

• Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten einer Neubeschäftigung
• Azubis
• Praktikanten (unter 3 Monaten)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat zwei Klagen polnischer Speditionen gegen die Geltung des Mindestlohngesetzes zurückgewiesen. Damit hat es zugleich die Kontrollbefugnisse der Zollbehörden gegenüber nur vorübergehend im Inland tätigen Transportunternehmen bestätigt.

Das Mindestlohngesetz ordnet an, dass Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet sind, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen. Die umstrittene Frage, ob das auch gilt, wenn die Tätigkeit im Inland nur kurze Zeit andauert, wie das bei ausländischen Fernfahrern der Fall sein kann, bejahten die Cottbuser Richter. Aus ihrer Sicht verstößt die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns weder gegen Europarecht noch gegen Verfassungsrecht.

Das Gericht hat die Revision gegen die Urteile zugelassen.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 16.1.2019, 1 K 1161/17 und 1 K 1174/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Praktikanten erhalten keinen gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Auf­nahme eines Studiums leisten und es die Dauer von drei Monaten nicht übersteigt. |

Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht BAG im Fall einer jungen Frau. Diese hatte mit einer Reitanlagen-Betreiberin ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin vereinbart. Hier kam es zu Unterbrechungen, zum Beispiel wegen Krankheit. Die junge Frau forderte den Mindestlohn von 8,50 EUR, weil die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten überschritten worden sei. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das LAG wies die Klage ab.

Die Revision vor dem 5. Senat des BAG war erfolglos. Es bestehe kein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn, weil das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten habe. Unterbrechungen des Praktikums innerhalb dieses Rahmens seien möglich, wenn der Praktikant hierfür persönliche Gründe habe und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhingen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der jungen Frau nur für wenige Tage unterbrochen und danach unverändert fortgesetzt. Der von der jungen Frau geltend gemachte Anspruch auf angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz sei aus prozessualen Gründen erfolglos.

Quelle: BAG, Urteil vom 30.1.2019, 5 AZR 556/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller einen bis zum 31.12.15 auf 75 Prozent, ab dem 1.1. bis zum 31.12.016 auf 85 Prozent herabgesetzten und für das Jahr 2017 auf 8,50 EUR festgesetzten gesetzlichen Mindestlohn vorgesehen hat, ist verfassungsgemäß und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Erfolgt die Zeitungszustellung dauerhaft in Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, haben Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 Prozent des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, sofern nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Zeitungszustellerin. Sie arbeitet mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit und stellt die Zeitungen bis spätestens 6.00 Uhr morgens zu. Arbeitsvertraglich vereinbart sind eine Vergütung auf Stücklohnbasis und ein Nachtarbeitszuschlag von 25 Prozent auf den Stücklohn. Tatsächlich zahlte die Beklagte seit dem 1.1.15 den geminderten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG. Die Klägerin hat geltend gemacht, § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und sei deshalb unwirksam. Sie hat mit ihrer Klage für den Zeitraum Januar 2015 bis April 2016 die Differenz zum vollen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR brutto je Stunde (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG) und einen höheren Nachtarbeitszuschlag verlangt. Dieser müsse nach § 6 Abs. 5 ArbZG auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden und wegen Dauernachtarbeit 30 Prozent betragen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Klägerin konnte daher in den streitgegenständlichen Jahren 2015 und 2016 nur den geminderten Mindestlohn von 6,38 EUR brutto (2015) bzw. 7,23 EUR brutto (2016) beanspruchen. Darauf sei für Nachtarbeit ein Zuschlag von 25 Prozent zu zahlen. Es hat der Klägerin insgesamt 236,24 EUR brutto nebst Zinsen als weiteren Nachtarbeitszuschlag zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt.

Die Revision der Beklagten, die einen Nachtarbeitszuschlag von 10 Prozent auf den Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller für angemessen hält, war vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Denn die Klägerin hat auf der Grundlage des § 6 Abs. 5 ArbZG wegen ihrer Dauernachtarbeit Anspruch auf einen Zuschlag von 30 Prozent des ihr zustehenden Bruttoarbeitsentgelts. Insoweit war die Revision der Klägerin erfolgreich. Im Übrigen hat der Senat jedoch die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Diese hatte im Streitzeitraum nur Anspruch auf den abgesenkten Mindestlohn. § 24 Abs. 2 MiLoG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber hat die ihm bei zeitlich begrenzten Übergangsvorschriften vom Bundesverfassungsgericht eingeräumte besondere Gestaltungsfreiheit mit der auf drei Jahre begrenzten Sonderregelung des Mindestlohns für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller nicht überschritten.

Quelle: BAG, Urteil vom 25.4.2018, 5 AZR 25/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Zum 1.1.2017 steigt der Mindestlohn in der Altenpflege für die gut 400.000 Pflegehilfskräfte der voll- und teilstationären sowie der ambulanten Altenpflege und für die nahezu 45.000 Betreuungskräfte erneut deutlich an.

Der Mindestlohn, also die absolute Untergrenze, die mindestens bezahlt werden muss, liegt dann bei 10,20 EUR je Zeitstunde im Westen und bei 9,50 EUR im Osten. Aktuell beträgt der Pflegemindestlohn 9,75 EUR in den alten und 9,00 EUR in den neuen Bundesländern. Mit der erneuten Erhöhung ab 1.1.2017 liegt der Pflege-Mindestlohn weiter deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn, der zum 1.1.2017 bundesweit einheitlich von 8,50 EUR auf 8,84 EUR angehoben wurde.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (z.B. § 6 Abs. 5 ArbZG) beruhen.

So entschied es das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin, die in Vollzeit beschäftigt war. Ihr Arbeitsvertrag sah neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vor. Im Dezember 2014 schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, wie die Jahressonderzahlungen ausgezahlt werden sollten. Danach erhält die Arbeitnehmerin seit Januar 2015 monatlich neben dem Bruttogehalt i.H.v. 1.391,36 EUR je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds, in der Summe 1.507,30 EUR brutto.

Die Arbeitnehmerin hat geltend gemacht, ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen müssten ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns i.H.v. 8,50 EUR brutto/Stunde geleistet werden. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Arbeitnehmerin Nachtarbeitszuschläge i.H.v. 0,80 EUR brutto zugesprochen.

Die Revision der Arbeitnehmerin ist erfolglos geblieben. Sie hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn tritt als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändert diese aber nicht. Der nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bemessene Mindestlohnanspruch der Arbeitnehmerin für den Zeitraum Januar bis November 2015 ist erfüllt. Das folgt daraus, dass auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung zukommt.

Quelle: BAG, Urteil vom 25.5.2016, 5 AZR 135/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gesetz 1Im April 2014, relativ kurz vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, gab es in Deutschland 5,5 Millionen Jobs, die geringer bezahlt wurden als der neue Mindestlohn von brutto 8,50 EUR je Arbeitsstunde. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, kamen davon 4,0 Millionen Jobs, das sind 10,7 Prozent aller Jobs, zum 1.1.15 unter den Schutz des Mindestlohngesetzes. Für die restlichen 1,5 Millionen sieht das Gesetz Ausnahmen vor (vor allem Auszubildende, Praktikanten und Personen jünger als 18 Jahre).

Der gesetzliche Mindestlohn soll vor allem dort Beschäftigten Schutz bieten, wo keine Tarifverträge gelten. 82,3 Prozent beziehungsweise 3,3 Millionen der nun geschützten gering bezahlten Jobs bestanden in Betrieben, die nicht tarifgebunden sind. Die meisten davon waren im Einzelhandel und in der Gastronomie mit jeweils rund 0,5 Millionen.

Auf Ostdeutschland entfiel mit 1,1 Millionen gut ein Viertel der geschützten gering bezahlten Jobs. Das entspricht 22,0 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse in Ostdeutschland. Dabei handelte es sich am häufigsten um Vollzeitstellen (0,4 Millionen). In Westdeutschland waren mit 2,9 Millionen 8,9 Prozent aller Jobs vom Mindestlohn betroffen. Sie waren zu knapp zwei Dritteln geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, sogenannte Minijobs (1,9 Millionen). In West und Ost zusammen entfiel mehr als die Hälfte (2,2 Millionen) auf Minijobs, je 0,9 Millionen waren Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen.

Frauen machten einen Anteil von 61,7 Prozent (2,5 Millionen) an den vom Mindestlohngesetz geschützten gering bezahlten Jobs aus, Männer einen Anteil von 38,3 Prozent (1,5 Millionen). Die betroffenen Frauen verdienten im April 2014 im Durchschnitt brutto 7,21 EUR je Stunde, die Männer 7,18 EUR. Erhielten sie künftig den Mindestlohn, würde das durchschnittlich eine Lohnerhöhung von circa 18 Prozent bedeuten. Insgesamt würden dann – unveränderte Arbeitszeiten vorausgesetzt – monatlich deutschlandweit schätzungsweise 431 Millionen Euro mehr Bruttolohn ausgezahlt, 39 Prozent davon in Ostdeutschland und 58 Prozent an Frauen.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

geldOb Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können, ist eine Frage des Einzelfalls. Das gilt auch für die Frage, was als Berechnungsgrundlage für vereinbarte Zuschläge heranzuziehen ist.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hin. Der Entscheidung liegt ein im Arbeitsvertrag vereinbarter Stundenlohn der Arbeitnehmerin von weniger als 8,50 EUR brutto pro Stunde zugrunde. Weiter ist mit ihr – ebenso wie mit zahlreichen weiteren Beschäftigten im Betrieb – eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohns vereinbart worden. Diese ist nur davon abhängig, dass die Arbeitnehmerin im jeweiligen Jahr beschäftigt ist.

Nunmehr haben die Arbeitgeberin und der Betriebsrat vereinbart, diese Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen. Es soll also jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung ausgezahlt werden. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der Arbeitnehmerin von mehr als 8,50 EUR.

Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen. Diese berechnet die Arbeitgeberin weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohns von weniger als 8,50 EUR. Hiergegen hat sich die Arbeitnehmerin gewandt. Sie meint, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 EUR zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR sei auch zugrunde zu legen, wenn die Zuschläge berechnet werden.

Dem ist das LAG nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt. Es hat dabei auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen hingewiesen. Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin. Außer ihrer Betriebszugehörigkeit gebe es keine weiteren Voraussetzungen dafür, dass die Sonderzahlungen ausgezahlt werden. Deshalb könnten diese auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam. Sie verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin.

Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nachtarbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 EUR zu berechnen. Das folge aus dem Arbeitszeitgesetz. Dieses schreibe einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vor.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.1.2016, 19 Sa 1851/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl