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Beim Bezug von Sozialleistungen muss eine hilfebedürftige Alleinerziehende dem Jobcenter im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten den Namen des ihr bekannten Kindesvaters nennen, damit mögliche Unterhaltsansprüche realisiert werden können. Dem steht weder das Persönlichkeitsrecht noch eine eingegangene Verpflichtung der alleinerziehenden Kindesmutter entgegen, den Namen des Vaters nicht zu nennen. So sieht es das Sozialgericht (SG) Gießen. |

Darum ging es
Streitig war die Höhe von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere die Anrechnung von Unterhaltsleistungen. Die 1971 geborene alleinerziehende Klägerin steht beim beklagten Jobcenter im Leistungsbezug. Mit Bescheid versagte dieses die Leistungen ab August 2019 teilweise monatlich und legte der Berechnung hierbei einen Unterhaltsanspruch des 2007 geborenen Sohnes der Klägerin nach der Düsseldorfer Tabelle gegen den Kindesvater zugrunde. Ihr Widerspruch blieb erfolglos.

Klage war teilweise erfolgreich
Fiktive Unterhaltszahlungen sind auf den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen, solange die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten durch das Nennen des Kindesvaters nicht nachkommt. Das Jobcenter habe, so das SG, zu Recht die Leistungen teilweise versagt. Darüber hinaus habe die Klägerin auch kein Recht, die Auskunft über den Namen des leiblichen Vaters ihres Sohnes zu verweigern. Es bestehe kein überragend schützenwertes Interesse der Klägerin an der Verweigerung der Vaterschaftsauskunft, das die hochrangigen Kindesinteressen, die Interessen des leiblichen Vaters sowie die gesetzlich ausdrücklich geschützten fiskalischen Interessen der nur behelfsmäßig zahlungspflichtigen staatlichen Gemeinschaft deutlich überwiegen würde.

Gleichwohl könne das Jobcenter, wie hier geschehen, nicht von der höchsten Stufe 10 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen 5.101 bis 5.500 Euro monatlich) bei der Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen ausgehen. Abzustellen sei vielmehr auf den durchschnittlichen Nettoarbeitslohn eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, sodass Stufe 2 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen zwischen 1.901 und 2.300 Euro monatlich) zugrunde zu legen sei. Statt des vom Jobcenter angerechneten fiktiven Unterhalts sei daher ein geringerer monatlicher Betrag anzurechnen.

Quelle: SG Gießen, Gerichtsbescheid vom 4.12.20, S 29 AS 700/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Gebot zu gegenseitiger Rücksichtnahme gilt auch für getrennt lebende Ehegatten.

Diesen wichtigen Hinweis gab das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg im Fall eines Ehepaares, dass sich getrennt hatte. Der Mann war aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen, die Ehefrau wollte diese künftig alleine nutzen. Entsprechend wünschte der Mann, aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden. Die Ehefrau verweigerte jedoch ihre Zustimmung.

Diese müsse sie nun aber doch erteilen, schrieben ihr die Richter ins Stammbuch. Möchte der Ehemann aus einem gemeinsamen Mietverhältnis entlassen werden und sei auch der Vermieter insoweit kooperationswillig, habe die Ehefrau eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Für die angestrebte Entlassung aus dem Mietverhältnis sei unerheblich, dass die Ehefrau die Wohnung künftig weiter nutzen wolle. Diese künftige dauerhafte Alleinnutzung entspreche nämlich dem übereinstimmenden Willen der Parteien (OLG Hamburg, 12 WF 51/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl