Beiträge

Eine Frau wollte nach der Trennung von ihrem Mann von ihrer Schwiegermutter in Ruhe gelassen werden. Die Schwiegermutter hatte der Frau in drei Wochen u. a. drei WhatsApp-Nachrichten geschrieben und sie dreimal angerufen, um Umgang mit dem minderjährigen Enkel zu erhalten. Die Frau stützte ihr Begehren allerdings ausdrücklich nicht auf das Gewaltschutzgesetz. Ein Fehler – denn sie blieb in allen Instanzen erfolglos.

Das Landgericht (LG) Karlsruhe hielt insoweit fest: Kontaktaufnahmen per Fernkommunikation verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht – hier das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden – nur, wenn sie eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die drei WhatsApp-Nachrichten und Anrufe innerhalb von drei Wochen hielten sich im üblichen Umfang für innerfamiliäre Kontakte. Absender von WhatsApp-Nachrichten können technisch unkompliziert blockiert werden. Das Störpotenzial sei damit gering gewesen. Auch ein sog. Nachstellen sah das Gericht nicht als gegeben an.

Die Frau konnte keine einstweilige Verfügung gegen ihre Schwiegermutter erwirken und musste die Kontaktaufnahmen dulden. Denn anderen Familienmitgliedern muss es möglich sein, einen Konflikt innerfamiliär zu klären, ohne dabei staatliche Eingriffe befürchten zu müssen.

Quelle: LG Karlsruhe, Beschluss vom 6.8.2020, 20 T 29/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Lehrer, der sich bei einem Fototermin in der Schule freiwillig mit Schulklassen hat ablichten lassen, kann später nicht verlangen, dass die im Jahrbuch der Schule veröffentlichten Bilder entfernt werden.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz im Fall eines Lehrers. Dieser ließ sich bei einem Fototermin in der Schule mit einer Schulklasse und einem Oberstufenkurs fotografieren. Die Schule gab, wie bereits im Jahr zuvor, ein Jahrbuch mit den Abbildungen sämtlicher Klassen und Kurse nebst den jeweiligen Lehrkräften heraus. Nachdem der Lehrer sich zunächst erfolglos innerhalb der Schulverwaltung gegen die Veröffentlichung der Fotos gewandt hatte, erhob er Klage vor dem Verwaltungsgericht. Er machte geltend, dass die Publikation sein Persönlichkeitsrecht verletze. Er habe kein Einverständnis zur Veröffentlichung der Bilder erteilt, sondern stehe einer solchen vielmehr ablehnend gegenüber. Er habe sich nur ablichten lassen, weil eine Kollegin ihn überredet habe. Den wahren Verwendungszweck der Fotos habe er nicht gekannt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Nach dem Kunsturhebergesetz bedürfe es keiner Einwilligung in die Veröffentlichung der Fotos im Jahrbuch der Schule, weil diese Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte seien. Dies ergebe sich aus der dafür erforderlichen Abwägung der wechselseitigen Interessen. Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe auch bei Veranstaltungen von regionaler oder lokaler Bedeutung. Eine solche Bedeutung hätten die Jahrbücher mit den Klassenfotos für die Angehörigen der Schule. Demgegenüber seien die Rechte des Lehrers nur geringfügig beeinträchtigt worden. Er sei im dienstlichen Bereich in einer völlig unverfänglichen, gestellten Situation aufgenommen worden. Die Bilder seien in keiner Weise unvorteilhaft oder ehrverletzend. Selbst wenn eine Einwilligung erforderlich gewesen sein sollte, wäre diese aber auch zumindest konkludent erteilt worden, weil der Kläger sich mit den beiden Schülergruppen habe ablichten lassen. Er habe gewusst oder jedenfalls wissen müssen, dass die Schule derartige Klassenfotos bereits in der Vergangenheit für Jahrbücher verwendet habe. Es sei ein widersprüchliches Verhalten, die Veröffentlichung von Fotos einerseits strikt abzulehnen und sich andererseits auf Fotos ablichten zu lassen, die offensichtlich dem Zweck der Veröffentlichung dienten.

Das OVG bestätigte diese Entscheidung. Es lehnte den Antrag des Lehrers auf Zulassung der Berufung ab. Der Lehrer habe keine Gründe dargelegt, warum entgegen der nachvollziehbaren Wertung des Verwaltungsgerichts in der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und der Persönlichkeitsrechte seine Belange hätten höher zu bewerten sein müssen. Auch den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Widerspruch in seinem Verhalten habe er nicht überzeugend auflösen können.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2.4.2020, 2 A 11539/19.OVG

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verletzt die gesetzliche Krankenkasse das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Patientin, indem sie ein schriftliches, die Patientin betreffendes, unzureichend anonymisiertes sozialmedizinisches Gutachten mit personenbezogenen Daten in anderen sozialgerichtlichen Verfahren benutzt, kann die Erbin der Patientin keine immaterielle Entschädigung verlangen.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter stellten dabei heraus, dass der Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht vererblich ist. Ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz folgt auch nicht aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Auch wenn man die dortigen Vorschriften richtlinienkonform auslegt, ergibt sich für diesen Fall nicht-automatisierter Datenverarbeitung kein Anspruch auf eine immaterielle Entschädigung.

Quelle: BGH, Urteil vom 29.11.2016, VI ZR 530/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Steine - QuerdenkerEine Videoüberwachung, die sich auf den eigenen privaten Bereich der überwachenden Person beschränkt, der nur für diese selbst und ggf. für ihre Familienangehörigen zugänglich ist, ist ohne Weiteres zulässig. Sobald eine Videoüberwachung aber zumindest auch Bereiche erfasst oder erfassen kann, die für Dritte zugänglich sind, müssen die berechtigten Interessen der von den Videoaufnahmen betroffenen dritten Personen auch berücksichtigt werden.

Hierauf wies das Amtsgericht Brandenburg hin. Diesen Personen steht ein Recht am eigenen Bild zu. Außerdem haben sie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Sie können verlangen, dass die Videokamera so einzustellen ist, dass sie nicht das benachbarte Privatgrundstück oder gar öffentliche Bereiche mit erfasst.

Quelle: Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 22.1.2016, 31 C 138/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera stellt einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Dieser ist nur gerechtfertigt, wenn die Überwachung zur Abwehr schwerwiegender Beeinträchtigungen erforderlich wäre. Ist dies nicht der Fall, kann die Entfernung der Videokamera verlangt werden.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Vermieters, der im Treppenhaus seines Mietshauses im Erdgeschoss eine Videokamera montiert hatte. Die Kamera war von innen auf die Eingangstüre gerichtet und erfasste jede Person, die das Haus betrat und sich im Eingangsbereich aufhielt. Eine Mieterin forderte den Vermieter auf, die Kamera zu entfernen. Als er dies verweigerte, erhob sie Klage. Schließlich sei ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies sah der Vermieter anders: Vor dem Anwesen seien Fahrräder gestohlen, die Hauseingangstüre sowie der Hauseingangsbereich mit Farbe besprüht worden. Deshalb sei er berechtigt, die Kamera anzubringen.

Der zuständige Richter des AG München gab der Mieterin jedoch recht: Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera – und zwar unabhängig davon, ob eine Speicherung der Bilder erfolge – stelle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch die Freiheit von unerwünschter Kontrolle und Überwachung durch Dritte. Dies beinhalte für den Mieter einer Wohnung nicht nur die Freiheit, die eigene Wohnung zu verlassen und zu betreten, ohne dass dies überwacht werde. Es beinhalte auch das Recht, ungestört und unüberwacht Besuch zu empfangen. Der Eingriff wäre allenfalls gerechtfertigt gewesen, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Vermieters erforderlich und eine drohende Rechtsverletzung anderweitig nicht zu verhindern gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Vermieters komme es hierbei nicht darauf an, ob eine offene oder verdeckte Überwachung vorliege. Bei einer offenen Überwachung könne der Mieter zwar sein Verhalten darauf einstellen, dass er überwacht werde. Die Überwachungsfunktion und Unfreiheit bleibe aber bestehen. Für eine derartige Rechtfertigung lägen keine Gründe vor. Konkret habe nur ein Vorfall berichtet werden können, bei dem eine Besprühung der Hauseingangstüre, der Klingel, des Lichtschalters und des Gehwegs erfolgt sei. Es sei schon fraglich, ob ein einmaliger Vorfall überhaupt ausreichen würde. Eine Überwachung wäre jedenfalls nur gerechtfertigt, wenn diese derartige Vorfälle auch verhindern könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der im Außenbereich besprühte Bereich könne allenfalls bei geöffneter Hauseingangstür von der Kamera erfasst werden. Bei geschlossener Türe nütze die Kamera nichts. Diese sei daher zur Verhinderung von Straftaten nicht geeignet. Das gelte auch für gestohlene Fahrräder, da die Kamera die Abstellplätze nicht erfasse (AG München, 423 C 34037/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl