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Enthält ein Arbeitsvertrag die Klausel „Es wird keine Probezeit vereinbart.“, liegt darin für sich genommen keine Vereinbarung des Verzichts auf die sechsmonatige Wartezeit bis zum Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes nach § 1 Abs. 1 KSchG.

Hierauf machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg aufmerksam. Die Richter wiesen darauf hin, dass mit der Vertragsklausel nur klargestellt werde, dass keine Probezeit im Sinne des § 622 Abs. 3 BGB, die zu einer kürzeren Kündigungsfrist führen würde, vereinbart wird. Abbedungen ist damit nur die Kündigungsfrist von zwei Wochen innerhalb der ersten sechs Monate. Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift dagegen weiterhin erst nach Ablauf der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses. Bis dahin kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Kündigungsgründen kündigen.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.6.2019, 15 Sa 4/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Um die Probezeit ranken sich einige Mythen, die oft einen Kern arbeitsrechtlicher Wahrheit in sich bergen. Was Sie zur Probezeit und den mit ihr verbundenen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis wissen müssen, klärt der vorliegende Beitrag.

Mythos 1: Während der Probezeit darf es keine Befristung geben
Auch während des Laufs der Probezeit kann eine Befristung vereinbart werden. Die Erprobung ist als Sachgrund gesetzlich anerkannt. Ihre Dauer darf aber nicht unangemessen lang sein. Dies bedeutet, dass nur die zur Erprobung notwendige Dauer vereinbart werden darf. Wie aus der gesetzgeberischen Wertung hervorgeht, darf dabei die Dauer von sechs Monaten nicht überschritten werden.

Mythos 2: Die Probezeit ist gesetzlich vorgeschrieben
Die Probezeit ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt aber gesetzliche Vorgaben zu ihrer Ausgestaltung. So darf sie sechs Monate nicht überschreiten (§ 622 Abs. 3 BGB). Das KSchG ist erst nach sechs Monaten anwendbar. In Ausbildungsverhältnissen muss nach § 20 BBiG die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate dauern.

Mythos 3: Die Kündigung in der Probezeit ist stets möglich
Während der ersten sechs Monate benötigt der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund. Es gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Erst dann ist der Arbeitnehmer in Betrieben, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, durch das KSchG geschützt. Gleichwohl sind zum Beispiel Schwangere, unabhängig von der Vereinbarung einer Probezeit, vom ersten Tag der Beschäftigung an vor einer Kündigung geschützt. Für schwerbehinderte und gleichgestellte Arbeitnehmer gilt der besondere Kündigungsschutz aber erst nach sechs Monaten.

Mythos 4: In der Probezeit darf kein Urlaub genommen werden
Richtig ist, dass der volle Urlaubsanspruch erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. Aber in jedem Monat wird ein Zwölftel des Jahresurlaubs erworben, den der Arbeitnehmer in Absprache mit dem Arbeitgeber auch während der Probezeit nehmen kann. Manche Arbeitgeber sind sogar froh darüber, wenn sich nicht der gesamte Jahresurlaub auf die Zeit nach der Probezeit verlagert.

Mythos 5: Eine Kündigungsschutzklage in der Probezeit ist erfolglos
Generell hat der Arbeitnehmer, der während der Probezeit gekündigt wird, wegen der Unanwendbarkeit des KSchG schlechtere Karten im Kündigungsschutzprozess. Aber auch während der Probezeit kann eine unterbliebene oder fehlerhafte Betriebsratsanhörung oder eine falsche bzw. fehlende Unterschrift unter dem Kündigungsschreiben die Kündigung unwirksam machen und damit zum Erfolg der Klage führen.

Mythos 6: Am besten verhält man sich während der Probezeit ruhig
Das ist im Prinzip – oft auch nach Ablauf der Probezeit – nicht völlig verkehrt. Um sich auf den neuen Arbeitsplatz einzustellen, kann es darüber hinaus sinnvoll sein, sich die Namen und Funktionen der neuen Kollegen, Merkhilfen oder Fragen zu Betriebsabläufen zu notieren und nach Feierabend kurz Revue passieren zu lassen. Echtes Interesse an der Arbeit und am Team werden in der Regel positiv bewertet und helfen, die Probezeit zu überstehen.

Mythos 7: Probezeit verlängert sich bei AU oder Urlaub des Arbeitnehmers
Das Wichtigste vorab: Weder Urlaub noch Krankheit verlängern automatisch die vereinbarte Probezeit. Eine Verlängerung über sechs Monate hinaus ist auch bei einvernehmlicher Vereinbarung unwirksam. Möchte man schon im ersten Monat einen einwöchigen Urlaub nehmen, so muss man dies mit dem Arbeitgeber absprechen.

Auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht schon in der Probezeit, allerdings nicht in den ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses. In den ersten vier Wochen gibt es nur einen Anspruch auf Krankengeld von der Krankenkasse.

Mythos 8: Probezeit-Arbeitnehmer dürfen sich zur Betriebsratswahl aufstellen lassen
Für die Wahl des Betriebsrats ist keine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit notwendig. Arbeitnehmer des Betriebs sind ab dem ersten Tag wahlberechtigt, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben (Aktives Wahlrecht). Etwas anderes gilt für Leih-Arbeitnehmer. Diese dürfen nur wählen, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Innerhalb der Probezeit dürfen sich Arbeitnehmer aber nicht zur Wahl stellen (Passives Wahlrecht). Das Recht, in den Betriebsrat gewählt zu werden, haben Arbeitnehmer, die dem Betrieb sechs Monate angehören.

Mythos 9: Bei Leih-Arbeitnehmern gibt es keine Probezeit
Der Einsatz von Leih-Arbeitnehmern erfolgt aufgrund eines Überlassungsvertrags, der zwischen dem Verleiher und dem Entleiher geschlossen wird. Der Leih-Arbeitnehmer hat spätestens nach neun Monaten Anspruch auf das gleiche Entgelt wie die Stammbelegschaft, Tarifverträge können hiervon abweichen.

Mythos 10: Probezeit bei demselben Arbeitgeber geht nicht
Die Vereinbarung einer Probezeit bei demselben Arbeitgeber ist nur möglich, wenn sich die Tätigkeit so wesentlich von der vorherigen unterscheidet, dass die Erprobung erforderlich ist.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Eine Kündigung in der Probezeit kann unwirksam sein.

Das musste sich ein Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Saarlouis sagen lassen. Er hatte eine Bürokraft gesucht und die Klägerin zunächst einen halben Tag zur Probe arbeiten lassen. Ein paar Tage später fand ein Gespräch statt, in welchem die Klägerin gefragt wurde, ob sie rauche. Außerdem wurde sie auf das Rauchverbot beim Arbeitgeber hingewiesen. Die Klägerin erklärte daraufhin, dass sie zwar rauche, aber mit dem Rauchverbot einverstanden sei. Nachdem die Frau an ihrem ersten Arbeitstag zwei Stunden lang gearbeitet hatte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Probezeit. Grund hierfür war, dass die Klägerin gravierend nach Rauch gerochen habe, nachdem sie noch unmittelbar vor Arbeitsbeginn vor der Tür eine Zigarette geraucht hatte. Darüber hätten sich Kolleginnen und Kunden beschwert.

Das Arbeitsgericht befand die Kündigung für treuwidrig und damit unwirksam. Zwar sei diese vorliegend nicht an den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes zu beurteilen. Das Kündigungsschutzgesetz finde in der Probezeit nämlich keine Anwendung. Allerdings seien aber auch in der Probezeit das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Auch Art. 12 GG verlange, dass ein bereits begründetes Arbeitsverhältnis mit dem ernsthaften Willen der Zusammenarbeit geführt werde. Den Grundrechtsbereich des Arbeitnehmers betreffende Differenzen könnten ohne vorheriges Gespräch und die Gelegenheit zu reagieren nicht zu einer Kündigung führen, vor allem da die Klägerin nicht gegen das Rauchverbot im Betrieb verstoßen habe (Arbeitsgericht Saarlouis, 1 Ca 375/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei Anhörung des Personalrats vor einer Probezeitkündigung richtet sich nicht nach den objektiven Merkmalen des § 1 KSchG, sondern nach den subjektiv den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers prägenden Umständen. Die Mitteilung subjektiver Wertungen, aus denen ein solcher Entschluss hergeleitet wird, ist daher ausreichend.

Das verdeutlichte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Krankenhausdirektorin. Wegen Unstimmigkeiten beabsichtigte der Arbeitgeber, ihr noch während der Probezeit ordentlich zu kündigen. Er hörte zur beabsichtigten Probezeitkündigung den bei ihm bestehenden Personalrat mit folgender Begründung an: „Die Arbeitnehmerin hat sich nicht bewährt. Sie ist nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Das für eine dauerhafte Zusammenarbeit notwendige Vertrauensverhältnis hat aufgrund der mangelnden persönlichen Eignung der Arbeitnehmerin nicht aufgebaut werden können.“ Nach der Stellungnahme des Personalrats kündigte der Arbeitgeber fristgemäß innerhalb der vereinbarten Probezeit. Die Arbeitnehmerin ist der Auffassung, die Begründung sei zu pauschal und damit die Personalratsanhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Das sah das BAG nicht so. Die Richter hoben in Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des BAG hervor, dass weder bei einem privaten noch bei einem öffentlichen Arbeitgeber die innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochene Kündigung einer sozialen Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG bedürfe. Hieran sei auch der Inhalt der Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei der Personalratsanhörung (bei privatwirtschaftlichen Arbeitgebern der Betriebsratsanhörung) zu messen. Stütze daher der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss nicht auf Gründe, die durch Tatsachen konkretisierbar seien, reiche es bei einer solchen Kündigung aus, wenn dem Personal- bzw. Betriebsrat subjektive Wertungen, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen, mitgeteilt würden. Auch eine – wie im vorliegenden Fall gegebene – pauschale Mitteilung solcher subjektiven Wertungen erfülle diese Anforderung. Eine detaillierte Begründung könne im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Probezeitkündigung nicht verlangt werden (BAG, 6 AZR 828/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl