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Assistant stood with bossWer eine Reise in die Türkei unternimmt, muss damit rechnen, dass Muezzinrufe von Moscheen zu hören sind.

Diese eigentlich selbstverständliche Feststellung musste das Amtsgericht Hannover im Fall eines Reiseunternehmens treffen, dass wegen eines angeblichen Reisemangels von einem Urlauber verklagt worden war. Dieser hatte eine 14-tägige Flugpauschalreise nach Doganbey in der Türkei für sich und seine Partnerin für 2258 EUR gebucht. Er bemängelte, dass sich in der Nähe des Hotels eine Moschee befunden und der Muezzin beginnend ab 6.00 Uhr morgens, verstärkt durch Lautsprecher, mehrmals täglich für ca. 5 Minuten zum Gebet gerufen habe. Darin sah er einen Reisemangel und verlangte 1.161 EUR Schadenersatz von dem Reiseunternehmen.

Das Amtsgericht sah das jedoch anders. Es stellte fest, dass Muezzinrufe in der Türkei landestypisch seien, vergleichbar mit Kirchenglockengeläut in einem christlichen Land. Ein Reisemangel sei darin nicht zu sehen. Außerdem sei der Reisebeschreibung zu entnehmen gewesen, dass sich das Hotel im Ortszentrum von Doganbey befindet. Daher hätte der Urlauber mit landestypischen Geräuschen rechnen müssen (Amtsgericht Hannover, 559 C 44/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Reiseveranstalter hat nicht die Pflicht, dem Reisenden ein ungefährdetes Schwimmen im Meer zu ermöglichen. Ein Badeverbot wegen der Gefahr von Haiangriffen ist daher kein Reisemangel.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) München in einem reiserechtlichen Klageverfahren. Ein Ehepaar hatte bei einem Reiseveranstalter einen Pauschalurlaub auf der Seychelleninsel Praslin zum Preis von 4462 EUR gebucht. Einige Zeit vor der Anreise der Urlauber sprachen die örtlichen Sicherheitsbehörden für einzelne Strände der Seychellen ein Badeverbot aus, da vor dem Strand Anse Lazio der Insel Praslin ein Haiangriff stattgefunden hatte. Das Badeverbot bestand auch noch, als das Ehepaar anreiste. Dieses fühlte sich durch die Regelung in ihrer Urlaubsfreude beeinträchtigt und wollte die Hälfte des Reisepreises als Entschädigung vom Reiseveranstalter zurückbezahlt bekommen. Dieser weigerte sich.

Der zuständige Richter des AG, der über den Streit zu entscheiden hatte, wies die Klage ab. Den Reisenden stünde weder ein Schadenersatzanspruch noch ein Minderungsanspruch zu. Die Reise sei nicht mangelhaft. Der Strand sei während der Reisezeit der Kläger nutzbar gewesen. Den Reiseveranstalter treffe nicht die Verpflichtung, dem Reisenden ein ungefährdetes Schwimmen im Meer zu ermöglichen. Ein Badeverbot stelle daher keinen Reisemangel dar. Dies gelte umso mehr, wenn das zeitliche Badeverbot zum Schutz der Urlauber vor ortsüblichen Gefahren erfolge (AG München, 242 C 16069/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Sind die Formulierungen in den Reiseunterlagen missverständlich, kann dies einen Reisemangel darstellen.

Mit dieser Begründung gab das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth einem Reisenden recht, der eine Gruppenflugreise gebucht hatte. In der Reisebestätigung des Veranstalters war als Reisezeit angegeben: „3.3.2009 bis 10.3.2009“. In einem weiteren Schreiben des Reiseveranstalters hieß es, die Abfahrt des Transferbusses zum Flughafen sei am 3.3.2009 um 20.30 Uhr. Gleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen: „Bei Abfahrten zwischen 17:00 Uhr und 23:59 Uhr sind im Regelfall die Abfahrten am Vorabend. Bitte beachten Sie Ihre Flugzeit!“ Als Abflugzeit am Flughafen Frankfurt war angegeben: „3.3.2009, 4.00 Uhr“. Am 2.3.2009 um 20:30 Uhr wartete der Transferbus des Reiseveranstalters vergeblich auf den Reisenden, denn der ging davon aus, dass die Reise erst einen Tag später beginnen sollte. Und auch als der Busfahrer den Reisenden am späteren Abend anrief, ihn an die Abreise „erinnerte“ und sogar noch anbot, eine halbe Stunde auf ihn zu warten, mochte dieser hierauf nicht eingehen. Denn schließlich gehe er gerade zu Bett, und vollständig gepackt sei auch noch nicht. „Selber schuld“ meinte das Amtsgericht und wies dessen Klage auf Rückzahlung des Reisepreises ab. Denn der Reisende habe bei aufmerksamer Lektüre der Reiseunterlagen ohne Weiteres erkennen können, dass bei einem Abflug am 3.3.2009 um 4:00 Uhr die Abfahrt des Zubringerbusses nicht am 3.3.2009, 20:30 Uhr, sondern bereits einen Tag vorher erfolgen müsse.

Dies allerdings sah im Berufungsverfahren das LG ganz anders. Bei einer Pauschalreise stelle auch die Organisation der Reise und die Information darüber eine vertragliche Hauptpflicht des Reiseveranstalters dar. Der Reiseveranstalter müsse dem Reisenden die Informationen über Reisezeiten eindeutig und unwidersprüchlich mitteilen. Tue er das nicht, sei die Reise mangelhaft und der Kunde berechtigt, zu kündigen. So sei die Sachlage hier, denn der Reisende hätte nur durch einen Vergleich der Abflugzeit mit der Abfahrtszeit des Busses schließen können, dass eine dieser Zeiten nicht stimme. Das Risiko missverständlicher Formulierungen in den Reiseunterlagen trage nach Auffassung des LG aber allein der Reiseveranstalter. Nachdem der Reisende dem telefonischen „Weckruf“ des Busfahrers nicht nachgekommen war und damit zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die Reise kündigen wolle, konnte er im Ergebnis den gezahlten Reisepreis ohne Abzug von Stornogebühren zurückverlangen (LG Nürnberg-Fürth, 15 S 9612/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl