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Der Restwert eines Unfallfahrzeugs begrenzt den Anspruch der Werkstatt auf Standgeld, wenn sich der Eigentümer des Fahrzeugs und die Werkstatt, auf dessen Gelände das Fahrzeug abgestellt ist, nicht über einen Kauf des Fahrzeugs einigen können.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem Beschluss deutlich gemacht, in dem es den Parteien einen entsprechenden Vergleich vorgeschlagen hat.

Im Streitfall hatte der verunfallte Opel Astra mit einem Restwert von 1.140 EUR jahrelang auf dem Werkstattgelände gestanden. Die Werkstatt hatte in dem Zeitpunkt, als die Verkaufsverhandlungen noch Erfolg versprechend erschienen, in Aussicht gestellt, nur für neun Tage Standgeld zu berechnen. Daran war die Werkstatt im konkreten Fall zwar nicht gebunden. Sie darf aber – so das OLG – Standgeld nicht für eine beliebig lange Zeit fordern. Ihr Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderung auf den Restwert des Fahrzeugs begrenzt.

Quelle: OLG Koblenz, Beschluss vom 9.3.2016, 2 U 217/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsSchickt der Kaskoversicherer einen Gutachter, der den Restwert im Gutachten auf ein bis zu einem bestimmten Tag bindendes Angebot stützt, verstößt der Versicherungsnehmer (VN) nicht gegen seine Pflichten, wenn er das Fahrzeug innerhalb dieser Frist an den benannten Aufkäufer verkauft.

Das gilt nach Ansicht des Amtsgerichts Hannover auch, wenn im Gutachten notiert ist, der VN solle vor dem Verkauf mit dem Versicherer Rücksprache halten. In dem Fall hatte der Versicherer auf eine Mail des VN nicht reagiert. Darin hatte der VN schon vor Eingang des Gutachtens erfragt, wie mit dem verunfallten Fahrzeug verfahren werden soll. Stattdessen hat er zwei Tage nach Ablauf der Bindungsfrist für das Restwertangebot aus dem Gutachten ein höheres Angebot geschickt. Das sei nach Ansicht des Gerichts für den VN nicht bindend.

Quelle: Amtsgericht Hannover, Urteil vom 14.1.2016, 445 C 4792-15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

3D car financingDer Geschädigte darf sich auf den im Schadengutachten benannten Restwert verlassen, wenn der Sachverständige drei lokale Angebote im Gutachten vermerkt hat und ein Überangebot des Versicherers zum Verkaufszeitpunkt noch nicht vorlag. Das gilt auch, wenn ein oder zwei „Null-Angebote“ dabei sind.

So entschied es das Landgericht (LG) Berlin als Berufungsgericht und korrigierte damit ein Urteil des AG Berlin-Mitte. Das war der Meinung, im Gutachten seien keine drei Angebote gemäß der BGH-Rechtsprechung hinterlegt. Denn zwei Angebote lauteten auf „Null“. Damit hatte das Berufungsgericht kein Problem. Auch ein Null-Angebot ist ein Angebot (LG Berlin, Urteil vom 25.2.2015, 42 S 183/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch ein im Fahrzeuggeschäft tätiges Unternehmen ist nicht verpflichtet, mit der Verwertung eines Unfallfahrzeugs zu warten, bis der gegnerische Haftpflichtversicherer ein Restwertangebot unterbreitet hat.

Mit dieser Entscheidung wies das Landgericht (LG) Dresden einen Haftpflichtversicherer in die Grenzen. In dem Abrechnungsschreiben des Anwalts des Geschädigten, einer Firma aus der Kfz-Branche, war vermerkt: „keine Zustellbevollmächtigung für Restwertangebote“. Drei Tage später kam die Abrechnung des Versicherers mit Nennung eines Aufkäufers. Netto 6.890,76 EUR lautete das Angebot, während der von der Geschädigten beauftragte Sachverständige unter Auswertung von drei regionalen Angeboten einen Netto-Restwert von nur 1.386,55 EUR ermittelt hatte. Vor Eingang des Schreibens des Versicherers hatte der Geschädigte das Fahrzeug für netto 1.428,57 EUR an einen örtlichen Betrieb veräußert, also 42,02 EUR über dem vom Sachverständigen ermittelten Restwert. Das LG hat der Klage auf Zahlung des Differenzbetrags von 5.462,19 EUR (= 6.890,76 EUR Netto-Restwert lt. Angebot ./. Erlös von 1.428,57 EUR) in vollem Umfang stattgegeben. Die Vorgehensweise des Geschädigten sei unter keinem schadensrechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden (LG Dresden, 8 O 406/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es ist zweifelhaft, ob ein Geschädigter verpflichtet ist, das durch die Versicherung des Unfallverursachers vermittelte Restwertangebot eines ihm völlig unbekannten Anbieters anzunehmen, wenn dieses, wie üblich, den regional erzielbaren Restwert um ein Vielfaches übersteigt.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. deutlich und verurteilte die Versicherung, bei der Unfallregulierung nicht dieses hohe Angebot, sondern nur den tatsächlichen, vom Geschädigten auch realisierten Verkaufserlös zugrunde zu legen. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass es dem Geschädigten nicht zumutbar sei, eine geschäftliche Verbindung einzugehen, wenn die Realisierung der hohen Werte selbst Fachleuten nicht nachvollziehbar sei und illegale Verhaltensweisen nicht auszuschließen seien. In jedem Fall sei der Geschädigte zur Annahme eines Restwertangebots für sein beschädigtes Fahrzeug nur verpflichtet, wenn auf diesem klar und deutlich die kostenfreie Abholung gegen Barzahlung vermerkt sei und er ohnehin bereit sei, das Fahrzeug sofort zu verkaufen. Benötige der Geschädigte noch Zeit, über eine anderweitige Verwertung zu entscheiden, müsse er auf ein zeitlich befristetes Angebot nicht eingehen (OLG Frankfurt a.M., 22 U 49/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl