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Haben zwei Nachbargebäude eine gemeinsame Wand, kann sich ein Grundstückseigentümer durch den Abriss seines Gebäudes schadenersatzpflichtig machen.

Das musste sich in einem entsprechenden Fall ein Grundstückseigentümer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg sagen lassen. Die Richter wiesen zwar darauf hin, dass die Gemeinschaftlichkeit der Wand keinen der beteiligten Nachbarn an dem Abriss der Bebauung auf seinem Grundstück hindere. Allerdings entstehe durch den einseitigen Abriss ein Anspruch auf Schutz der in dem gemeinschaftlichen oder nach dem Abriss ehemals gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wand. Werde nämlich durch den Abriss des einen Gebäudes die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Gebäudewand beeinträchtigt, verstoße dies gegen den gesetzlichen Schutz der Grenzeinrichtung. Einen solchen Verstoß müsse der beeinträchtigte Nachbar nicht dulden. Er habe vielmehr einen Anspruch auf Ausgleich seines Schadens (OLG Brandenburg, 5 U 51/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Veranstalter eines „Public-Viewing-Events“ ist für die Sicherheit von stehenden Zuschauern auf einer Sitztribüne verantwortlich und wird nicht durch eine ordnungsbehördliche Genehmigung entlastet.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Essen bestätigt. Die Beklagte, eine Event-GmbH, zeigte während der Fußballweltmeisterschaft 2006 im Rahmen eines „Public-Viewing-Events“ Länderspiele. Hierzu errichtete sie mit ordnungsbehördlicher Genehmigung eine dreistöckige Sitztribüne, die nicht mit Geländern abgesichert war. Aus dem Stand stürzte der Kläger gemeinsam mit einem anderen Zuschauer aus 80 cm Höhe zu Boden und brach sich hierbei den Arm. Der Kläger war mehrere Monate arbeitsunfähig.

Seine Klage gegen die Veranstalterin auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz war erfolgreich. Das OLG entschied, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten als Veranstalterin verletzt habe. Daher hafte sie dem Kläger für die entstandenen Schäden. Die Veranstalterin sei für die Sicherheit der auf der Sitztribüne stehenden Zuschauer verantwortlich und werde nicht durch die ordnungsbehördliche Genehmigung entlastet, führte der Senat aus. Anders als die erste Instanz beurteilte der Senat das Mitverschulden des Klägers aber mit 50 statt mit 25 Prozent. Die Gefahr sei bei wiederholten tumultartigen Bewegungen unter den Zuschauern auf der Bühne offensichtlich gewesen. Der Kläger hätte sich durch vorsichtiges Verhalten vor Schaden schützen und den Tribünenrand meiden können (OLG Hamm, I-9 U 44/10)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Fußgänger hat keinen Schadenersatzanspruch, wenn seine Kleidung durch Spritzwasser verschmutzt wird, weil ein Autofahrer eine Wasserlache auf der Straße nicht in Schrittgeschwindigkeit durchfährt.

Mit dieser Entscheidung bestätigte das Landgericht (LG) Itzehoe ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts. Geklagt hatte ein Fußgänger, der bei Tauwetter im Februar zu Fuß unterwegs gewesen war. Ein Autofahrer war so schnell durch eine riesige Wasserlache auf der Fahrbahn gefahren, dass eine Wasserfontaine auf den Fußgänger niederging. Dieser trug vor, dass der Autofahrer den Schaden hätte abwenden können, wenn er mit Schritttempo gefahren wäre.

Seine Klage auf Ersatz der Reinigungskosten ging jedoch in beiden Instanzen verloren. Die Richter begründeten dies damit, dass den Autofahrer kein Verschulden treffe. Ein Pkw-Fahrer sei keinesfalls verpflichtet, Wasserlachen auf der Fahrbahn stets nur im Schritttempo zu durchfahren, wenn andernfalls Fußgänger bespritzt werden könnten. Durch das Abbremsen oder Langsamfahren ergebe sich eine Unfallgefahr für den nachfolgenden Verkehr. Aber auch da, wo ein Durchfahren von Wasserlachen in Schrittgeschwindigkeit ohne Gefährdung des übrigen Verkehrs möglich sei, könne dies nicht stets verlangt werden. Bei Regen müssten sonst gegebenenfalls ganze Ortschaften oder Städte in Schrittgeschwindigkeit durchfahren werden, um eine Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs auszuschließen. Das würde den Straßenverkehr unzumutbar beeinträchtigen. Soweit Fußgänger damit rechnen müssten, bespritzt zu werden, könnten sie sich durch geeignete Bekleidung schützen (LG Itzehoe, 1 S 186/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück, dessen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung davon abhängt, dass ein Nachbar die Mitnutzung seiner Leitungen auf freiwilliger Basis (weiterhin) gestattet, ist mit einem Fehler behaftet.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und bejahte einen Schadenersatzanspruch des Grundstückkäufers gegen den Verkäufer. Die Richter erläuterten, dass nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Fehler vorliege, wenn der Zustand der Kaufsache von demjenigen abweiche, den die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrags gemeinsam vorausgesetzt hätten. Zudem müsse diese Abweichung den Wert der Kaufsache oder ihre Eignung zum Gebrauch herabsetzen oder beseitigen. Der Fehler könne dabei außer in Eigenschaften der Sache selbst auch in tatsächlichen, rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Umwelt liegen. Das sei vorliegend der Fall gewesen. So gehöre nämlich ein Wasseranschluss zu der erforderlichen Beschaffenheit eines Hausgrundstücks. Hier sei die Wasserversorgung nur über den Hausbrunnen des Nachbarn möglich gewesen. Da der Nachbar bereits vor dem Verkauf angekündigt hatte, die Wasserversorgung über seinen Brunnen nicht mehr zu gestatten, sei die Wasserversorgung nicht mehr möglich. Diese fehlende Wasserversorgung mache das Grundstück fehlerhaft im Sinne des Gesetzes (BGH, V ZR 185/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Die Angabe der Gründe für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist eine bloße Obliegenheit des Vermieters, aus deren Verletzung der Mieter keine Schadenersatzansprüche (hier: Kosten eines außergerichtlich eingeschalteten Anwalts) herleiten kann.

Mit dieser Begründung wies der Bundesgerichtshof (BGH) die Klage eines Mieters ab. Dessen Mietverhältnis war durch den Vermieter ohne nähere Begründung gekündigt worden. Er hatte daraufhin durch einen Rechtsanwalt die Kündigung zurückweisen lassen. Die hierdurch entstandenen Kosten verlangte er als Schadenersatz zurück.

Ohne Erfolg. Der BGH wies auf die Besonderheit hin, dass die Kündigung zwar formell unwirksam, aber materiell begründet gewesen sei. Ein Kündigungsgrund habe also vorgelegen, sei nur nicht genannt worden. Nach erneuter – diesmal korrekter – Kündigung hätte der Mieter dann auch die Wohnung räumen müssen. Die Richter machten deutlich, dass den Vermieter gegenüber dem Mieter keine vertragliche Nebenpflicht treffe, bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung deren formelle Voraussetzungen zu beachten. Er mache dem Mieter den Besitz der Mietsache nicht vorwerfbar streitig, wenn er einen materiell bestehenden Kündigungsgrund nicht oder nicht ausreichend in der Kündigung darlege. Grund: Mit der Begründungspflicht solle dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt über seine Position Klarheit verschafft werden. So soll er in der Lage sein, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Erfolge die Kündigung dagegen ohne Gründe, sei sie rechtsunwirksam. Dann komme es für den Mieter ohnehin auf die Gründe nicht mehr an. Daher sei die ordnungsgemäße Angabe des Kündigungsgrundes keine Nebenpflicht des Vermieters, auf deren Erfüllung der Mieter einen Anspruch habe. Vielmehr sei sie eine Obliegenheit, die der Vermieter im eigenen Interesse zur Vermeidung von Rechtsnachteilen beachten müsse. Eine Schadenersatzpflicht werde damit nicht ausgelöst (BGH, VIII ZR 9/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verbraucherrecht

Ein Tankstellenbetreiber kann die zur Ermittlung eines Kunden aufgewandten Kosten von diesem erstattet verlangen, wenn er ohne zuvor zu bezahlen das Tankstellengelände verlässt.

Das schrieb der Bundesgerichtshof (BGH) einem Tankstellenkunden ins Stammbuch. Dieser hatte nach dem Tanken an der Kasse lediglich einen Schokoriegel und zwei Vignetten bezahlt. Als der Tankstellenbetreiber den unbezahlten Kraftstoff bemerkte, schaltete er ein Detektivbüro zur Ermittlung des Kunden ein. Hierfür fielen Kosten in Höhe von 137 EUR an. Zudem verlangt der Tankstellenbetreiber eine Auslagenpauschale von 25 EUR und vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 39 EUR.

Die Richter entschieden, dass dem Tankstellenbetreiber die geltend gemachten Beträge jedenfalls als Verzugsschaden zustehen würden. Sie stellten klar, dass beim Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle ein Kaufvertrag über den Kraftstoff bereits mit der Entnahme zustande komme. Daher hätte sich der Kunde bereits zum Zeitpunkt des Verlassens der Tankstelle im Verzug mit seiner Zahlungspflicht befunden. Einer Mahnung habe es für den Verzugseintritt hier nicht bedurft. Dem Kunden einer Selbstbedienungstankstelle sei offensichtlich, dass er unverzüglich nach dem Tanken den Kaufpreis entrichten müsse. Eine gesonderte Zahlungsaufforderung sei dem Tankstellenbetreiber zudem in der Regel ohne erheblichen Aufwand nicht möglich, sobald der Kunde die Tankstelle verlassen habe. Als Folge des Verzugs könne der Tankstellenbetreiber Ersatz seiner Rechtsverfolgungskosten verlangen. Dazu würden auch die Kosten des Detektivbüros gehören. Es habe eine mehrstündige Videoauswertung vorgenommen werden müssen. Diese habe der Tankstellenbetreiber nicht mit eigenem Personal bewerkstelligen können. Für die Frage der Angemessenheit der Höhe der Kosten komme es nicht auf das Verhältnis zum Kaufpreis an. Entscheidend sei, ob sich die Aufwendungen im Rahmen dessen halten, was ein verständiger Mensch in gleicher Lage aufgewandt hätte. Dies sei hier der Fall. Tankstellenbetreiber müssten sich auch bei relativ geringfügigen Beträgen nicht darauf verweisen lassen, von Ermittlungen wegen unbezahlt getankten Kraftstoffs abzusehen (BGH, VIII ZR 171/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Manchmal ist Aschermittwoch doch nicht alles vorbei. In einigen Fällen hat die jecke Karnevalszeit noch längere Auswirkungen.

Das musste eine Besucherin des Rosenmontagszugs in Köln erfahren. Beim Feiern am närrischen Lindwurm wurde sie von einem Schokoriegel im Gesicht getroffen. Dabei erlitt sie eine Verletzung am Auge. Ihre Klage auf Schadenersatz blieb jedoch ohne Erfolg. Das Amtsgericht (AG) Köln begründete seine Entscheidung damit, dass jeder Teilnehmer am Rosenmontagszug damit rechnen müsse, von Wurfgegenständen getroffen zu werden. Die Argumentation der Klägerin „es hätte nicht geworfen werden dürfen“ sei fern jeder Lebensrealität. Im Karneval sei es schon traditionell üblich und erlaubt, mit Süßigkeiten zu werfen. Jeder Zuschauer müsse daher aufpassen oder aber vom Zug fernbleiben (AG Köln, 123 C 254/10).

Wer seinen Hund ohne Leine laufen lässt, muss mit Schadenersatzforderungen rechnen – auch wenn der Hund des Geschädigten ebenfalls nicht angeleint war.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Coburg, bei dem ein Hundehalter einen anderen verklagt hatte. Beide waren mit ihren nicht angeleinten Hunden unterwegs. Der Hund der Beklagten rannte auf den Hund des Klägers zu und war weder durch Zurufe noch durch Pfeifen zum Stehenbleiben zu bewegen. Dabei prallte der Hund des Beklagten gegen das Knie des Klägers. Dieser kam dadurch zu Fall und erlitt eine schmerzhafte Prellung sowie eine Gesichtsverletzung. Hierfür verlangte er ein Schmerzensgeld. Der Beklagte hat sich damit verteidigt, dass der Kläger den Unfall schon dadurch mitverschuldet habe, dass auch sein Hund nicht angeleint gewesen sei.

Das LG hielt den Schadenersatzanspruch für gerechtfertigt. Die Richter machten deutlich, dass der Beklagte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der durch sein Haustier entstanden sei. Eine Kürzung oder einen Ausschluss der Ansprüche des Klägers seien hier nicht schon deswegen gerechtfertigt, weil dieser seinen Hund zum Unfallzeitpunkt ebenfalls nicht angeleint hatte. Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass sich der Unfall nicht oder anders ereignet hätte, wenn der Geschädigte seinen Hund angeleint gehabt hätte. Der Hund des Beklagten war auf den Kläger zugerannt. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass er den Kläger nicht gerammt und zu Boden gestürzt hätte, wenn der Hund des Klägers zu diesem Zeitpunkt angeleint gewesen wäre und sich in unmittelbarer Nähe des Klägers aufgehalten hätte. Daher sprach das Gericht einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 2.000 EUR zu (LG Coburg, 13 O 37/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer ein Baugrundstück kauft, um darauf ein zweigeschossiges Haus mit Dach zu errichten, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz, wenn entgegen seinen Erwartungen die Nachbargrundstücke mit dreigeschossigen Fünf-Parteien-Häusern bebaut werden.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg und wies die Klage eines Käufers zurück. Dieser war durch ein Internetexposé auf das Objekt aufmerksam geworden. Infolge der darin enthaltenen Beschreibung und den Angaben des Verkäufers über die Nachbarbebauung war er davon ausgegangen, dass dort höchstens zweigeschossige Zweifamilienhäuser gebaut würden. Eine solche Fehlvorstellung begründe nach Ansicht der Richter zwar grundsätzlich eine Pflicht des Verkäufers, auf den Irrtum hinzuweisen. Das gelte aber nur, wenn dem Verkäufer die Fehlvorstellung bekannt sei. Sei die Fehlvorstellung dagegen nicht erkennbar, liege auch keine Täuschung über die baurechtliche Zulässigkeit auf dem Nachbargrundstück vor (OLG Brandenburg, 5 U 82/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Arbeitgeber gerät bei einer unwirksamen Kündigung regelmäßig in Annahmeverzug.

Dies gilt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern jedenfalls für den Fall, in dem er den Arbeitnehmer nicht aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen, ihm keinen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und ihm auch keine Arbeit zuweist. Dann habe der Arbeitnehmer Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs. Zudem müsse der Arbeitgeber Schadenersatz leisten, wenn er auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene Ansprüche nicht befriedige. Dies gelte nach dem LAG zumindest, wenn der Arbeitslosengeldanspruch des Arbeitnehmers durch die vom Arbeitgeber erzwungene Arbeitslosigkeit aufgebraucht sei und ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld nur entstehen könne, wenn der Arbeitgeber die auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüche auch tatsächlich erfülle und damit das Versicherungskonto des Arbeitnehmers wieder auffülle (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 5 Sa 241/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl