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Besteht zwischen den getrennt lebenden Eltern keine tragfähige soziale Beziehung mehr und kann ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen nicht mehr erzielt werden, entspricht es dem Kindeswohl, die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und auf einen Elternteil zu übertragen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Streit zweier Elternteile um das Sorgerecht des gemeinsamen Kindes. Die Richter machten deutlich, dass Maßstab für den Entzug des Sorgerechts stets das Kindeswohl sei. Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls seien die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung (Erziehungseignung) und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens. Die einzelnen Kriterien stünden aber letztlich nicht kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen könne im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspreche. Erforderlich sei eine alle Umstände des Einzelfalls abwägende Entscheidung. Hierbei müssten alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Gesichtspunkte aufgeklärt und unter Kindeswohlgesichtspunkten gegeneinander abgewogen werden. Nur so könne eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung erzielt werden.

Im vorliegenden Fall stand nach der Verhandlung fest, dass sich der Kontakt der beiden Eltern in vehementen gegenseitigen Schuldzuweisungen beschränkt. Einigung konnte in keinen Punkten erzielt werden. Da die Trennung bereits über zwei Jahre zurücklag und auch alle Versuche einer Elternberatung gescheitert waren, könne nach Ansicht der Richter mit einer Verbesserung der Beziehung nicht gerechnet werden. Es sei daher im Sinne des Kindes, die gemeinsame elterliche Sorge zu entziehen und auf einen der Elternteile zu übertragen (OLG Köln, II-4 UF 204/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Soweit dies mit dem Kindeswohl zu vereinbaren ist, muss das Gericht in einem Sorgerechtsverfahren den Willen des Kindes berücksichtigen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin. In dem betreffenden Fall war die Mutter eines 12-jährigen Kindes verstorben. Zu dem Vater wollte das Kind jedoch nicht. Es hatte wiederholt erklärt, den Vater nicht mehr sehen zu wollen. Diese ablehnende Haltung hatte es während des laufenden Verfahrens noch verstärkt. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass es das Wohl des Kindes erheblich gefährde, wenn dieser Wunsch nicht berücksichtigt werde. Es sei vielmehr richtig, die Tante als Vormund einzusetzen. Dies entspreche sowohl dem testamentarischen Willen der verstorbenen Kindesmutter als auch dem geäußerten Wunsch des Kindes. Zudem lebe das Kind bereits im Haushalt der Tante und ihres Ehemannes. Es sei daher sachgerecht, wenn die Tante unmittelbar die Entscheidungen für das Kind treffen könne. Bedenken gegen ihre Erziehungsfähigkeit seien auch nicht ersichtlich (OLG Köln, II-4 UF 229/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Gesetzgebungsverfahren befindet sich derzeit eine Änderung des Sorgerechts. Die Neuregelung ermöglicht das gemeinsame Sorgerecht für Unverheiratete, wenn nicht ausnahmsweise das Kindeswohl entgegensteht. Ziel ist es, ein einfaches und unbürokratisches Verfahren für unproblematische Fälle zu finden.

Nach altem Recht wurden unverheiratete Väter grundsätzlich nur an der Sorge beteiligt, wenn die Mutter einverstanden war. Das neue Recht soll nun die Möglichkeit schaffen, dass der Vater die Mitsorge auch erlangen kann, wenn die Mutter dem nicht zustimmt. Es führt auf einfachem Wege in einem beschleunigten Verfahren zur gemeinsamen Sorge.

Wenn die Mutter mit der gemeinsamen Sorge nicht einverstanden ist, soll der Vater künftig wählen können, ob er zunächst zum Jugendamt geht, um doch noch eine Einigung zu erreichen. Auch der Weg zum Familiengericht steht jederzeit offen, egal ob der Gang zum Jugendamt erfolglos bleibt oder von vornherein unsinnig erscheint. Vor dem Familiengericht ist künftig zusätzlich ein vereinfachtes Verfahren für alle unproblematischen Fälle möglich, wenn sich die Mutter entweder gar nicht äußert oder ihre Ablehnung auf Gründe stützt, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben. In dem vereinfachten Verfahren entscheiden die Richter schriftlich ohne persönliche Anhörung der Eltern.

Das normale Familiengerichtsverfahren soll künftig nur noch notwendig sein, wenn wirklich Kindeswohlfragen zu klären sind. Dann ist die gemeinsame Sorge nur dann zu versagen, wenn ihr das Kindeswohl entgegensteht. Die Neuregelung ist damit auch ein Signal an alle nicht miteinander verheirateten Eltern, verstärkt über die einvernehmliche gemeinsame Sorge nachzudenken.

Zum Hintergrund:

Nach altem Recht erhielten Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, das gemeinsame Sorgerecht nur, wenn sie heirateten oder sich übereinstimmend für die gemeinsame Sorge entschieden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Grundrechte. Die geplante Neuregelung soll die gemeinsame Sorge immer dann ermöglichen, wenn das Wohl des Kindes nicht entgegensteht. Um zügig Klarheit über die Sorgerechtsfrage zu ermöglichen, findet das normale familiengerichtliche Verfahren nur statt, wenn tatsächlich Kindeswohlfragen zu klären sind. Geplant ist folgendes abgestufte Verfahren:

Erklärt die Mutter nicht von selbst ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge, hat der Vater die Möglichkeit, zunächst zum Jugendamt zu gehen, um doch noch eine Einigung mit der Mutter zu erreichen.

Der Vater kann aber auch jederzeit das Familiengericht anrufen, entweder direkt oder wenn sich herausstellt, dass die Mutter sich beim Jugendamt nicht mit einer gemeinsamen Sorge einverstanden erklärt oder sich nicht äußert.

Im gerichtlichen Verfahren erhält die Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Vaters. Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt.

Das Familiengericht entscheidet in einem beschleunigten und im schriftlichen Verfahren -ohne persönliche Anhörung der Eltern -, wenn die Mutter entweder gar nicht Stellung nimmt oder sich zwar äußert, aber keine potenziell kindeswohlrelevanten Gründe vorträgt, und wenn derartige Gründe dem Gericht auch sonst nicht bekannt geworden sind. Diese Vorschrift trägt gleichzeitig einer rechtstatsächlichen Untersuchung Rechnung, wonach es in vielen Fällen gar nicht um das Kindeswohl geht, wenn Mütter die gemeinsame Sorge ablehnen. So wünschen sich Mütter beispielsweise, bei Konflikten weiterhin alleine entscheiden zu können, andere sind nicht ausreichend über die gemeinsame Sorge informiert oder wollen Bürokratie vermeiden.

Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).

(Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Einer Mutter darf das Sorgerecht nicht entzogen werden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine akute Gefährdung der Kinder im Haushalt der Mutter vorliegen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. und hob damit den Bescheid der Behörde auf, mit dem das Sorgerecht der Mutter entzogen werden sollte. Die Richter bestätigten zwar, dass das Jugendamt berechtigt und verpflichtet sei, im Falle einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl ein Kind bzw. einen Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Erforderlich sei jedoch, dass entweder eine Entscheidung des Familiengerichts nicht rechtzeitig eingeholt werden könne oder aber der Sorgeberechtigte nicht widerspreche. Vorliegend könne von einer Zustimmung der Mutter nicht die Rede sein. Für eine Zustimmung müsse nämlich eine eigene echte Willensbildung der Sorgeberechtigten vorliegen. Diese könne aber nicht darin gesehen werden, dass das Kind letztlich widerstandslos unter Aufgabe des aktuellen Protests an Jugendamtsmitarbeiter übergeben werde. Im Übrigen könne auch die im Rahmen des Sorgerechtsentzugs für notwendig erachtete Trennung neugeborener Kinder von der Mutter nicht damit begründet werden, dass es der Mutter nicht gelungen sei, ihre psychische Gesundheit nachzuweisen. Damit sei keine akute Kindesgefährdung nachgewiesen (OLG Frankfurt a.M., 2 UF 481/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat der nichteheliche Vater seit der Geburt des Kindes keinerlei Unterhaltszahlungen geleistet, kann dies Bedeutung für die Beurteilung des Sorgerechts haben.

Dieser bedeutsame Hinweis stammt vom Oberlandesgericht (OLG) Köln. Die Richter machten deutlich, dass es nicht dem Kindeswohl dienen könne, die elterliche Sorge auf einen nichtehelichen Vater zu übertragen, der bisher so gut wie keine Kontakte zu seinem Kind gepflegt und sich auch weiterhin um dessen Belange wenig oder gar nicht gekümmert habe. Er könne erst dann an der elterlichen Sorge teilhaben, wenn er mit dem Kind, dessen Bedürfnissen und den Strukturen des Kinderalltags vertraut geworden sei. Es sei insofern sinnvoll, wenn er zunächst in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt einen regelmäßigen Umgang mit dem Kind aufnehme. Erst wenn eine solche Umgangsregelung etabliert und mit Erfolg durchgeführt worden sei, könne mit Blick auf das Kindeswohl zu prüfen sein, ob eine gemeinsame elterlichen Sorge in Betracht komme (OLG Köln, 4 WF 184/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist die Erziehungsfähigkeit eines Elternteils nicht gegeben oder stark eingeschränkt, kann die Alleinsorge auf den anderen Elternteil übertragen werden.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem entsprechenden Fall. Die Richter hatten festgestellt, dass der Vater sein zehnjähriges Kind gegen die Mutter instrumentalisierte. Zudem machte er die Mutter verächtlich und würdigte sie vor dem Kind herab. Auch verweigerte er jede Absprache mit der Kindesmutter über alle das Kind betreffenden Dinge. Dies spreche nach Ansicht der Richter dafür, dass die Erziehungsfähigkeit des Vaters nicht unerheblich eingeschränkt sei. Sie übertrugen daher der Mutter das (umfassende) Sorgerecht zur alleinigen Ausübung (OLG Hamm, II-8 UF 86/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat sich der Kindesvater in der Vergangenheit kaum um das Kind gekümmert, rechtfertigt das für sich alleine noch nicht die Entziehung der elterlichen Sorge.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Streit um das Sorgerecht. Die Richter machten deutlich, dass bei einem Antrag der Kindesmutter auf Übertragung bestimmter Teilbereiche der elterlichen Sorge ausschließlich das Wohl des Kindes ausschlaggebend sei. Stimme der Vater dem Antrag nicht zu, könne ihm das Sorgerecht nicht automatisch entzogen werden. Es müssten vielmehr schwerwiegende Anhaltspunkte dafür vorliegen,

dass sich die getrennt lebenden Elternteile nicht über die wesentlichen Belange ihrer Kinder einigen könnten und sie auch nicht bereit seien, unter Zuhilfenahme Dritter gemeinsam zum Wohle des Kindes zu handeln.

Nur wenn diese Voraussetzungen gemeinsam vorliegen würden, käme eine Übertragung der elterlichen Sorge in Betracht (OLG Köln, 4 UF 96/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Finden sich im Körper der bei ihrer heroinabhängigen Mutter lebenden Kinder Drogenspuren (hier: Kokain und Methadon), darf der Mutter im Wege der einstweiligen Anordnung das Sorgerecht entzogen werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Bremen im Fall einer drogensüchtigen Frau. Die Richter machten deutlich, dass es nicht darauf ankomme, wie die bei einer^ Haaranalyse entdeckten Drogenspuren in den Körper der Kinder gelangt seien. Unabhängig davon sei ein sofortiges Einschreiten des Jugendamts in jedem Fall geboten. Vorliegend sei dem Jugendamt daher zu Recht das Sorgerecht vorläufig übertragen worden (OLG Bremen, 4 UF 31/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Familien- und Erbrecht

Das Familiengericht darf das alleinige Sorgerecht für ein Kind nur unter Beachtung besonderer Voraussetzungen auf einen Elternteil übertragen, der im Ausland lebt.

Das verdeutlichte der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines nicht verheirateten Elternpaars. Dieses stritt um das alleinige Sorgerecht für seine achtjährige Tochter. Die Mutter besitzt die deutsche, der Vater die französische Staatsangehörigkeit. Zur Zeit der Geburt des Kindes lebten die Eltern in Frankreich. Kurz nach der Geburt trennten sie sich. Die Mutter kehrte mit dem Kind nach Deutschland zurück, wo das Kind seither lebt und zur Schule geht. Beide Elternteile übten die elterliche Sorge zunächst einverständlich gemeinsam aus. In der Folge kam es zum Streit um das Umgangsrecht, das Recht, wer das Kind einschulen darf, und schließlich um das Sorgerecht. Das Amtsgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen. Das Oberlandesgericht hat nach Austausch des Verfahrenspflegers und ohne Anhörung des Kindes dem Vater das alleinige Sorgerecht übertragen und angeordnet, dass die Mutter das Kind an den in Frankreich lebenden Vater herauszugeben habe.

Die von der Mutter hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH Erfolg. Sie führte zur Aufhebung der Entscheidung. Der BGH hat u.a. beanstandet, dass das Oberlandesgericht die vermeintlich bessere Erziehungseignung des Vaters, auf die es seine Entscheidung maßgeblich gestützt hat, nicht nachvollziehbar begründet habe. Rechtsfehlerhaft sei auch, dass das Oberlandesgericht das Kind nicht angehört habe. Die alleinige Zuweisung der elterlichen Sorge an den Vater habe für das Kind erhebliche Auswirkungen. Sie sei mit einem Umzug des Kindes nach Frankreich und damit mit einem gravierenden Wechsel seiner bisherigen Lebensumstände verbunden. Daher sei es unverzichtbar, dass das nach seinem Entwicklungsstand schon verständige Kind durch das erkennende Gericht selbst angehört werde. Es komme hinzu, dass alle mit dem Kind in diesem Verfahren befassten Personen, die das Kind selbst angehört haben, also der Amtsrichter, die Verfahrenspfleger und der Sachverständige übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt seien, dass das Kind bei der Mutter bleiben sollte. Auf verfahrensrechtliche Bedenken stieß auch, dass das Oberlandesgericht die Verfahrenspflegerin, die das Kind seit längerer Zeit auch aus dem Beschulungs- und Umgangsrechtsverfahren kannte und in das umfangreiche Verfahren eingearbeitet war, kurz vor Abschluss des Verfahrens durch einen anderen Verfahrenspfleger ersetzt habe (BGH, XII ZB 407/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt es zwischen den Kindeseltern sehr oft zu mit Umzügen verbundenen Trennungen und späteren Versöhnungen, kann ihnen die elterliche Sorge entzogen werden, sofern bei den Kindern gravierende Entwicklungsstörungen erkennbar werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall. Die Kindeseltern hatten sich hier 17 Mal getrennt und später wieder ausgesöhnt. Die Richter wiesen in ihrer Entscheidung darauf hin, dass diese vielen Trennungen zu schwerwiegenden Loyalitätskonflikten bei den Kindern führen könnten. Hierdurch werde eine störungs- und angstfreie Entwicklung der Kinder verhindert. Unerheblich sei dabei, dass die Eltern aus ihrer subjektiven Sicht davon überzeugt seien, dass eine liebevolle Beziehung zwischen Eltern und Kindern bestehe. Vielmehr sei auf die ichbezogene Wahrnehmung der Eltern in ihrer Beziehung abzustellen. Diese könne eine ordnungsgemäße Entwicklung der Kinder nämlich nicht sicherstellen. Es zeige sich nämlich, dass die Eltern wegen ihrer regelmäßigen Konflikte nicht fähig seien, das Kindeswohl ausreichend zu berücksichtigen und in den Mittelpunkt ihrer Beziehung zu stellen (OLG Köln, 4 UF 29/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl