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Immer wieder wird vor den Sozialgerichten gestritten, ob Krankenkassen auch über dem Festbetrag liegende Hörgeräte bezahlen müssen, wenn diese nur wenig besser sind. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat dies bejaht, wenn das Gerät das Sprachverstehen um fünf Prozent verbessert und sich dies mit seinen technischen Merkmalen erklären lässt.

Der Kläger verlangte von seiner Krankenkasse die Mehrkosten für das Hörgerätesystem WIDEX Dream 220 D2-PA. Damit hatte er ein besseres Sprachverstehen in Höhe von fünf Prozent sowohl bei Nutzschall als auch bei Störschall. Erstinstanzlich hatte der Kläger keinen Erfolg. Die Abweichung läge im Bereich üblicher Messschwankungen und rechtfertige die erheblichen Mehrkosten nicht. Auf seine Berufung hin gab ihm das LSG recht. Die Krankenkasse könne sich nicht auf Messungenauigkeiten berufen, die die geringe Abweichung von fünf Prozent nach Auffassung der Hörgeräteakustikerin erklären könnten.

Die Hilfsmittel-Richtlinie sehe bei Anwendung des vorgeschriebenen Freiburger Einsilbertests gerade keine Abschläge für Messungenauigkeiten oder Schwankungen vor. Das bessere Ergebnis war für das Gericht auch deshalb plausibel, weil es sich durch die bessere technische Ausstattung erklären ließ. Die Hörgeräteakustikerin hatte im Gerichtstermin ausgeführt, dass sich das Modell gegenüber dem Festbetragsgerät durch eine bessere Störgeräuschunterdrückung und bessere Rückkopplungsauslöschung auszeichnet. Dabei wich sie von ihrer früheren Meinung ab, dass nur subjektiv ein besseres Sprachverstehen und ein besserer Komfort für den Kläger vorliegen würde.

Quelle: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2019, L 9 KR 44/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ob eine Autismustherapie für ein Schulkind vom Einkommen und Vermögen der Eltern abhängt, war lange Zeit umstritten. Nun hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen die Rechtsfrage im Sinne der Betroffenen beantwortet.

Zugrunde lag der Fall eines damals achtjährigen Mädchens, das an frühkindlichem Autismus und einer Verhaltensstörung leidet. Das Kind besuchte eine Inklusionsklasse an einer Bremer Grundschule, wo es eine 1:1 Betreuung erhielt. Das Bremer Sozialamt lehnte eine zusätzliche Autismustherapie aus Sozialhilfemitteln ab. Nach dortiger Ansicht handele es sich um keine kostenprivilegierte Leistung. Für die Therapie seien die Eltern selbst verantwortlich, da sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügten. Ferner bestehe eine interne Weisungslage, wonach für die Schule keine zusätzliche Unterstützung durch das Autismustherapiezentrum gewährt werden solle.

Die Eltern hielten die Therapie für erforderlich und wurden dabei von der Klassenlehrerin und den behandelnden Ärzten unterstützt. Auch wenn dabei insbesondere soziale und lebenspraktische Fähigkeiten vermittelt würden, so fördere dies auch das schulische Lernen. Wegen der ungeklärten Kostenfrage nahmen die Eltern zunächst nur eine kürzere Therapie für ihr Kind in Anspruch, für die sie rund 7.400 EUR aus eigenen Mitteln verauslagten.

Das LSG hat das Sozialamt verurteilt, die Kosten zu erstatten. Die Leistung sei als „Hilfe zur angemessenen Schulbildung“ anzusehen und damit kostenprivilegiert. Im Gegensatz dazu stehe die einkommensabhängige „Leistung zur Teilhabe im Leben in der Gemeinschaft“. Eine Autismustherapie fördere die Aufmerksamkeit und Konzentration, sowie die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten. Sie trage zu einem erfolgreichen Schulbesuch bei, da sie die Vermittlung von Unterrichtsinhalten, Sprachverständnis und Sozialverhalten verbessern könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Maßnahme allein auf den Schulbesuch ausgerichtet sei. Es reiche schon aus, wenn er auch nur erleichtert werde. Auf die interne Weisungslage der Behörde komme es nicht an.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.11.2019, L 8 SO 240/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer Grundsicherungsleistungen haben will, muss ein teures Auto grundsätzlich vorher verwerten. Dabei muss die Behörde aber auf das Zusammenspiel der Freibeträge achten.

Das zeigt eine Entscheidung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen. Dort hatte ein 58-jähriger Geringverdiener geklagt. Vom Geld seiner Eltern hatte er sich vor fünf Jahren einen riesigen Pick-Up Truck, Ford F 150, US-Import für 21.000 EUR gekauft. Das Jobcenter wollte ihm nun keine Grundsicherungsleistungen bewilligen. Der Mann sei nicht hilfebedürftig. Er müsse vorhandenes Vermögen in Form des Autos zunächst verwerten. Nach eigenen Internetrecherchen des Jobcenters und dem Angebot eines örtlichen Gebrauchtwagenhändlers sei von einem Wert von 20.000 EUR auszugehen.

Das LSG hat das Jobcenter im Eilverfahren vorläufig zur Leistung verpflichtet. Die Freibeträge zur Hilfebedürftigkeit würden nicht überschritten. Um die Mobilität zur Arbeitsaufnahme zu erhalten, gelte ein seit Jahren unveränderter Kfz-Freibetrag von 7.500 EUR. Hinzu komme ein Vermögensfreibetrag, der mit zunehmendem Alter ansteige. Er betrage bei dem Mann 9.300 EUR. Da außer dem Auto kein weiteres Vermögen vorhanden war, hätte der Mann das Auto nur verkaufen müssen, wenn der Wert 16.800 EUR übersteigen würde. Allerdings konnte das Gericht die Berechnung des Jobcenters nicht nachvollziehen. Der Gesamtfreibetrag werde selbst bei einem jährlichen Wertverlust von nur fünf Prozent durch Alter und Laufleistung unterschritten. Auch die vom Jobcenter beantragte richterliche Inaugenscheinnahme des Autos brachte keine anderen Erkenntnisse. Vielmehr beanstandete der Senat, dass bei solch unterschiedlichen Einschätzungen bisher kein Wertgutachten eingeholt wurde. Da im Eilverfahren nur geschätzt werden könne, sei dies im Hauptsacheverfahren nachzuholen. „Die Wertermittlung von Autos ist ein nüchterner Rechenvorgang ohne soziale Missbilligung“, erläutert das Gericht. „Hätte der Kläger einen Golf für 7.500 EUR in der Garage und 9.300 EUR auf dem Konto, wäre seine Bedürftigkeit nie angezweifelt worden.“

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.5.19, L 11 AS 122/19 B ER

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer seine Hilfebedürftigkeit in missbilligenswerter Weise zulasten der Solidargemeinschaft selbst herbeiführt, darf Grundsicherungsleistungen des Jobcenters nicht behalten.

Wo genau sozialwidriges Verhalten anfängt, hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall eines 51-jährigen Hartz-IV-Empfängers aufgezeigt, der nach dem Tod seines Onkels im Jahre 2011 zunächst von dessen Erbe lebte. Als der Mann ab 2013 erneut Grundsicherungsleistungen bezog, nahm das Jobcenter eine Rückforderung vor. Er habe das geerbte Vermögen in kurzer Zeit verschwendet und hierdurch seine Hilfsbedürftigkeit herbeigeführt. Demgegenüber rechtfertigte sich der Mann mit einer vermeintlichen Alkoholerkrankung. Er habe den überwiegenden Teil des Tages in Gaststätten verbracht.

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Der Mann habe geerbtes Immobilienvermögen von 120.000 EUR sowie Geld- und Wertpapiervermögen von 80.000 EUR innerhalb von zwei Jahren verschwendet und sei nun völlig mittellos. Seine Bank habe das überzogene Girokonto gekündigt, ihm drohe eine Stromsperre und er sei auf Lebensmittelgutscheine angewiesen. Freimütig habe er eingeräumt, das Erbe „ausgegeben und vertrunken“ zu haben. Allein 60.000 EUR habe er verschenkt um zu gefallen. Ein solches Ausgabeverhalten sei nach Überzeugung des Gerichts grob fahrlässig und in hohem Maße zu missbilligen. Es laufe dem Grundsatz der Eigenverantwortung zuwider. Da der Mann keine Erwerbstätigkeit beabsichtigte, hätte ihm klar sein müssen, dass er mit seinem sozialwidrigen Verhalten in kurzer Zeit wieder auf staatliche Leistungen angewiesen sein würde. Ein statistisch durchschnittlicher, nichterwerbstätiger Mann hätte bei ganz normalen Ausgaben sieben Jahre und sieben Monate von dem Vermögen leben können. Die behauptete Alkoholerkrankung habe nach Überzeugung des Gerichts und der beteiligten Ärzte keineswegs zum Kontrollverlust geführt. Der Mann habe nämlich auch sehr vernünftige Entscheidungen getroffen wie Schuldentilgung und den Kauf einer Eigentumswohnung.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018, L 13 AS 111/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat die Privatfahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss den Verlust von Fahrerlaubnis und Arbeitsplatz zur Folge, hat dies keinen spezifischen Bezug zur Herbeiführung seiner Hilfebedürftigkeit. Sie löst deshalb keinen Kostenersatzanspruch des Jobcenters bei sozialwidrigem Verhalten aus.

Diese Entscheidung traf das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall eines Mannes, der sich gegen die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen durch das Jobcenter wandte. Der Mann war als Kraftfahrer bei einer Spedition beschäftigt. An einem Samstag feierte er die Geburt seines ersten Enkelkindes und trank dabei Alkohol. Als die Zigaretten ausgingen, wollte er mit seinem Pkw an einer Tankstelle neue besorgen. Dabei wurde er von einer Polizeistreife angehalten. Die Polizei stellte einen Blutalkoholgehalt von mehr als 2,3 Promille fest. Der Mann erhielt einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen. Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, ihm vor Ablauf von noch 9 Monaten keine neue zu erteilen. Wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Im Anschluss bezog der Mann aufstockende Grundsicherungsleistungen („Hartz IV“).

Das Jobcenter forderte von dem Mann rund 2.600 EUR als Ersatz. Er habe die Hilfebedürftigkeit sozialwidrig herbeigeführt. Durch eine besonders schwere Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflichten habe er seinen Arbeitsplatz und damit das existenzsichernde Einkommen verloren.

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Bei der Fahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss in der Freizeit bestehe grundsätzlich kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfebedürftigkeit, wie er insbesondere bei der Verschwendung von Vermögen in Betracht komme. Deshalb sei das Verhalten des Mannes zwar eine rechtlich zu missbilligende Tat. Es sei aber nicht als sozialwidrig einzustufen. Daher müsse der Mann die „Hartz IV“- Leistungen nicht erstatten. Das Gericht hat sich dabei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) angeschlossen. Das BSG verneint eine Sozialwidrigkeit selbst bei Straftaten, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 5.7.2018, L 6 AS 80/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figur / ZukunftDer Anspruch auf Krankengeld hängt nicht davon ab, dass die Formulare „Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ oder „Auszahlschein für Krankengeld“ verwendet werden.

Diese Klarstellung traf das Sozialgericht (SG) Stuttgart im Fall einer Altenpflegerin. Diese war aufgrund von Kniebeschwerden arbeitsunfähig. Der behandelnde Arzt schrieb sie bis 14.7.2011 krank. Während dieser Zeit zog sich die Frau einen Sehnenriss am Finger zu. Hierüber informierte der behandelnde Arzt die Krankenkasse mit einem Befundbericht. Darin teilte er u.a. mit, dass die Frau aufgrund der Sehnenverletzung auch leichte Arbeiten nicht ausüben könne. Am 15.7.2011 attestierte der Arzt der Frau mit einer Erstbescheinigung sodann eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Sehnenverletzung. Die Krankenkasse weigerte sich, Krankengeld zu zahlen. Sie argumentierte damit, dass sich der Anspruch auf Krankengeld nach dem Versicherungsverhältnis am Tag nach der ärztlichen Feststellung richte. Am 15.7.2011 sei eine Lücke eingetreten. Diese habe zum Erlöschen der Versicherung mit Krankengeldanspruch geführt.

Das SG sah das jedoch anders. Es verurteilte die Krankenkasse, das Krankengeld zu zahlen. Zwar müsse ein Versicherter, wenn er weiter Krankengeld beziehen wolle, grundsätzlich rechtzeitig vor Ablauf der letzten Krankschreibung wieder einen Arzt aufsuchen, um die weitere Arbeitsunfähigkeit feststellen und bescheinigen zu lassen. Allerdings könne auch ein Arztbericht an die Krankenkasse als Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügen. Denn das Gesetz schreibe für die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung keine bestimmte Form vor (SG Stuttgart, Urteil vom 16.12.2014, S 16 KR 6359/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Klage mit Buch, Hand und BrilleEinem Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) darf keine Arbeitsgelegenheit zugewiesen werden, die ihn zur selbstständigen Kinder- und Seniorenbetreuung verpflichtet, wenn er keine entsprechende berufliche Vorbildung oder sonstigen ausreichenden Vorkenntnisse für diese Tätigkeiten hat.

Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall eines verheirateten Antragstellers entschieden. Der Mann war bis Ende 2004 als Bankkaufmann tätig und übt eine selbstständige Nebentätigkeit als Versicherungsmakler aus. Daneben bezieht er mit seiner Familie vom Antragsgegner, dem zuständigen Jobcenter, seit mehreren Jahren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Der Antragsgegner versuchte zunächst, mit dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, was jedoch scheiterte. Daraufhin ersetzte das Jobcenter die Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt. Der enthielt für den Antragsteller unter anderem die Pflicht, im Rahmen einer sogenannten Arbeitsgelegenheit für die Komm Aktiv GmbH tätig zu werden. Diese Gesellschaft vermittelt in Kooperationsbetriebe. Dort sind dann Hausmeistertätigkeiten, Betreuungstätigkeiten von Senioren, Betreuungstätigkeiten von Kindern und/oder Jugendlichen, Betreuungstätigkeiten von behinderten Menschen, Hauswirtschaftshelfertätigkeiten, Botendienste etc. zu erledigen.

Der Antragsteller weigerte sich, die Arbeitsgelegenheit auszuüben. Er beantragte die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines gegen den Bescheid eingelegten Widerspruchs. Nachdem das Sozialgericht Koblenz dies abgelehnt hatte, ordnete das LSG auf seine Beschwerde die aufschiebende Wirkung an. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts. Daher gehe die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung erforderliche Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers aus. Die Betreuung von Kindern, behinderten Menschen und Senioren ist aus Sicht des Gerichts wegen der hohen fachlichen Anforderungen nicht für Personen ohne berufliche Erfahrung oder sonstige Vorkenntnisse geeignet. Weil die Arbeitsgelegenheiten auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten sein müssen und die Tätigkeiten bei der Komm Aktiv GmbH insoweit als Einheit betrachtet werden mussten, konnte auch keine Beschränkung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf die Betreuungstätigkeiten vorgenommen werden LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.4.2015, L 3 AS 99/15 B ER).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleEin Anspruch auf eine Waschmaschine wird nicht dadurch verwirkt, dass der Leistungsempfänger längere Zeit keine eigene Waschmaschine nutzt. Steht nach einer Trennung keine Waschmaschine in der Wohnung mehr zur Verfügung, kann ein Bedarf an „Erstausstattung“ mit einer Waschmaschine vorliegen, der vom Leistungsträger zu decken ist.

So entschied es das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall einer 1954 geborenen Frau. Diese hatte zunächst bis zum Jahr 1987 gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Waschmaschine genutzt. Nach der Scheidung konnte sie die Waschmaschine ihres neuen Lebenspartners nutzen. Nach der Trennung von diesem im Jahr 2004 hatte die Frau keine Waschmaschine mehr in der Wohnung, sondern nutzte einen Waschsalon. Nach einem Umzug in einen Wohnort ohne Waschsalon beantragte sie beim beklagten Landkreis als SGB II-Träger einen Zuschuss zur Waschmaschine. Dieser gewährte jedoch lediglich ein Darlehn in Höhe von 179 EUR, da ein Zuschuss lediglich für die Erstausstattung gewährt werden könne.

Das sah das LSG jedoch anders. Es bejahte einen Anspruch der Frau auf Gewährung eines Zuschusses für eine Waschmaschine. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasse grundsätzlich zwar auch die Kosten für den Hausrat und damit die Kosten für die Anschaffung einer Waschmaschine. Allerdings werden nach dem SGB II für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten zusätzliche Leistungen erbracht. Eine Waschmaschine zähle zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Haushaltsgeräten. Darüber hinaus sei der Begriff der Erstausstattung nicht streng zeitbezogen, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Mit der Trennung von dem neuen Partner sei ein neuer Bedarfsfall entstanden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst ohne eigene Waschmaschine ausgekommen sei. Dass die Klägerin zunächst einen Waschsalon genutzt habe, bedeute nicht, dass der Anspruch verwirkt sei (LSG Niedersachsen-Bremen, L 11 AS 369/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bezieht eine Schülerin Leistungen nach dem SGB II, kann sie vom Jobcenter einen eigenen Schreibtisch verlangen, wenn sie diesen zum erfolgreichen Erledigen ihrer Hausaufgaben benötigt.

Diese Klarstellung traf das Sozialgericht (SG) Berlin. Die Richter wiesen aber darauf hin, dass der Anspruch nur bestehe, wenn in der Wohnung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe und es sich – im Gegensatz zu einer Ersatzbeschaffung – um eine erstmalige Anschaffung handele. Im Übrigen könne der Anspruchstellerin auch ein gebrauchtes Möbelstück zur Verfügung gestellt werden. Es bestehe nämlich kein Anspruch auf einen neuen, ungebrauchten Schreibtisch (SG Berlin, S174 AS 28285/11 WA).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl