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Wird eine Vaterschaft erst 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers rechtskräftig festgestellt, ist ein Pflichtteilsanspruch des Kindes bereits verjährt.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die Richter erläuterten, dass hier § 2332 Abs. 1 Alt. 2 BGB in der vom 2.1.2002 bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung anzuwenden war. Danach verjährt der Pflichtteilsanspruch kenntnisunabhängig in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an. Zwar kann das Kind nach § 1600d Abs. 4 BGB seinen Pflichtteilsanspruch erst geltend machen, wenn seine Abstammung nach dem Erblasser rechtskräftig festgestellt wurde. § 2332 Abs. 1 Alternative 1 BGB a.F. stellte aber nach seinem ausdrücklichen Wortlaut hinsichtlich des Beginns der 30-jährigen Verjährungsfrist allein auf den objektiven Umstand des Erbfalls ab. Unerheblich ist, wann der Anspruch entstanden ist, und ob der Gläubiger eine subjektive Kenntnis hatte. Die Regelung ist eindeutig.

Hinweis: Nach neuem Recht dürfte dies anders sein: Nach § 199 Abs. 3a BGB verjähren Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen, kenntnisunabhängig in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an. § 1600d Abs. 4 BGB hindert die Entstehung des Anspruchs in diesem Sinne bis zur rechtskräftigen Feststellung seiner Abstammung.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 9.6.2017, 7 U 78/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Bedenken, das Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters auszuschließen, wenn zwischen Kind, Mutter und rechtlichem Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Zwar müsse es dem leiblichen Vater möglich sein, die rechtliche Vaterposition zu erlangen. Das gelte aber nur, wenn dem eine schützenswerte familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern nicht entgegensteht. Entsprechend habe der Gesetzgeber der in einer sozial-familiären Beziehung gelebten Elternschaft des rechtlichen Vaters den Vorrang vor dem grundrechtlich geschützten Interesse des leiblichen Vaters eingeräumt, in die rechtliche Elternstellung einzurücken.

Kann der leibliche Vater die bestehende rechtliche Vaterschaft dagegen erfolgreich anfechten, führt dies dazu, dass er auch der rechtliche Vater des Kindes ist.

Quelle: BGH, Urteil vom 18.10.2017, XII ZB 525/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Assistant stood with bossDer leibliche Vater kann die rechtliche Vaterschaft mit Erfolg anfechten, wenn der rechtliche Vater und sein Kind keine soziale Familie bilden, sodass zwischen ihnen keine gesetzlich geschützte sozial-familiäre Beziehung besteht.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm beschlossen. Die Beteiligten stammen aus einem westafrikanischen Staat. Nach ihrer Einreise nach Deutschland im Jahre 2010 hatte die heute 24 Jahre alte Kindesmutter zunächst eine Beziehung mit dem heute 23 Jahre alten leiblichen Vater. Daraus ging im September 2011 ein Junge hervor. Noch vor der Geburt des Kindes hat der heute 50 Jahre alte rechtliche Vater, der seit den 1990er Jahren in Deutschland lebt und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die Vaterschaft anerkannt. Er hat mit der Mutter eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Zudem hat er sich in einer Urkunde verpflichtet, Unterhalt zu zahlen. Weder er noch der leibliche Vater lebten in der Vergangenheit mit der Mutter und/oder dem Kind zusammen. Beide hatten jedoch regelmäßig Kontakt zu dem Kind. Die Kindesmutter lebt zurzeit mit dem Vater ihrer zwei weiteren, jüngeren Kinder zusammen.

Der leibliche Vater hat ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren beantragt. Das Familiengericht hat ein Abstammungsgutachten eingeholt. Dies bestätigt die leibliche Vaterschaft des Antragstellers. Es stellt fest, dass der rechtliche Vater nicht der Kindesvater ist. Die Entscheidung des Familiengerichts haben der rechtliche Vater und die Kindesmutter angefochten. Sie meinen, der leibliche Vater hätte die Vaterschaft nicht anfechten dürfen, weil zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung bestehe. Das sah der leibliche Vater anders. Er behauptet, der rechtliche Vater habe das Kind nur aus aufenthaltsrechtlichen Gründen anerkannt.

Das OLG hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater bestehe, so der Senat, keine sozial-familiäre Beziehung im Sinne des Gesetzes. Daher könne die Vaterschaft durch den biologischen Vater angefochten werden. Eine vom Gesetz geschützte sozial-familiäre Beziehung bestehe nur, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächliche Verantwortung trage. Davon sei in der Regel auszugehen, wenn er mit der Mutter verheiratet sei oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebe. Beides treffe im vorliegenden Fall nicht zu.

Auch außerhalb dieser Regelvermutungen könne der biologische Vater nicht anfechten, wenn der rechtliche Vater zu dem Kind eine schützenswerte, sozial gehaltvolle Beziehung unterhalte. Eine solche könne sich nur ergeben, wenn der rechtliche Vater die typischen Elternrechte und -pflichten wahrnehme. Ein solches Verhältnis sei im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Alleine formelle Aspekte wie gemeinsame Sorgerechtserklärung oder Unterhaltszahlungen seien dazu aber nicht ausreichend. Die vom Gesetz geschützte soziale Familie müsse tatsächlich bestehen. Das sei in Bezug auf den rechtlichen Vater vorliegend nicht der Fall, weil die Kindesmutter in einer neuen festen Beziehung lebe und mit ihrem neuen Partner zwei weitere Kinder habe. Demgegenüber habe der rechtliche Vater keine von ihm aktuell erbrachten Betreuungsleistungen für den 2011 geborenen Jungen benennen können. Dass er dem Jungen aufgrund bestehender Kontakte ein vertrauter Spielpartner sei und von ihm Papa genannt werde genüge insoweit nicht. So bezeichne der Junge nämlich auch den neuen Partner seiner Mutter.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 11.2.2016, 12 UF 244/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtsbücherEine Vaterschaft kann auch noch nach dem Tod des Kindes und seiner Mutter angefochten werden.

 

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Hannover zugunsten eines Scheinvaters. Dieser ist lange Zeit als Matrose, bzw. Maschinist zur See gefahren. Zum Zeitpunkt der Zeugung seiner Tochter zwischen Dezember 1966 bis April 1967 befand er sich ausweislich seines Seemannbuchs auf großer Fahrt. Die Tochter wurde im Oktober 1967 geboren. Zu diesem Zeitpunkt lebten der Mann und die Mutter bereits getrennt. Von der Geburt „seiner“ Tochter erfuhr der Mann zunächst nichts. Erst als ihn die Stadt Frankfurt a.M. 2013 auf Übernahme der Begräbniskosten „seiner“ Tochter i.H.v. 1228 EUR in Anspruch nahm, erfuhr er von der Existenz einer Tochter. Die Kindesmutter war mittlerweile ebenfalls verstorben. Die Ehe des Seemanns war am 10.4.1969 geschieden worden. Im Rahmen dieses Verfahrens hatte die Ehefrau erklärt, dass der Seemann sie 1965 verlassen habe, seitdem habe sie ihn nicht mehr gesehen. Aufgrund der Vorlage des Seemannbuchs und des Scheidungsurteils hat das Gericht es als erwiesen angesehen, dass der Mann nicht Vater der 2009 verstorbenen Tochter ist und der Vaterschaftsanfechtung stattgegeben. Aus diesem Grund wird der Seemann die Kosten der Beerdigung „seiner“ Tochter nicht tragen müssen. Da ausreichend nachprüfbare Dokumente vorlagen, war eine Exhuminierung der Scheintochter zur Durchführung eines Vaterschaftstests nicht mehr erforderlich (Amtsgericht Hannover, 631 F 366/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl