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Im Streit um Schadenersatz aufgrund eines Vorfalls in einer Tiefgarage einer Wohnanlage wies das Amtsgericht (AG) München die Klage einer Frau auf Zahlung von rd. 9.000 Euro ab.

Die Frau ist Eigentümerin einer Wohnung der beklagten Eigentümergemeinschaft und besitzt dort auch einen Tiefgaragenstellplatz. Mit der Klage machte sie geltend, ihr Porsche Coupé 911 sei bei der ordnungsgemäßen Ausfahrt aus der Tiefgarage beschädigt worden. Die Frau behauptete, sie habe zunächst von innen das Tor mit ihrem Sensorschlüssel geöffnet. Als die zum Tor gehörende Ampel auf „Grün“ gewechselt sei, sei sie die Ausfahrtsrampe hinaufgefahren. Als sie sich im Bereich des Rolltors befand, sei dieses völlig unerwartet auf dem Dach ihres Fahrzeugs aufgeschlagen. Sie sei nach dem Aufprall mit ihrem Fahrzeug schockiert stehengeblieben und ausgestiegen. Das Rolltor habe das Dach des Porsches mittig getroffen und deutlich beschädigt.

Die Frau war der Ansicht, die Eigentümergemeinschaft habe ihre Verkehrssicherungspflichten nicht erfüllt. Sie sei beweispflichtig und müsse sich entlasten.

Die Eigentümergemeinschaft bestritt den streitgegenständlichen Vorfall einschließlich der daraus geltend gemachten Schäden mit Nichtwissen. Weiter trug sie vor, das Tor habe zum Zeitpunkt des behaupteten Unfallgeschehens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen und fehlerfrei funktioniert.

Das AG wies die Klage ab. Es spreche kein sog. Beweis des ersten Anscheins für eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Eigentümergemeinschaft, denn es liege keineswegs auf der Hand, dass das schädigende Ereignis nur auf einem Versagen von Haltevorrichtung und/oder Sicherheitssystemen des Ausfahrtstores beruhen kann. Rein hypothetisch könne der Vorfall durch ein Versagen der Halte- und/oder Sicherungssysteme des Tores ausgelöst worden sein. Ebenso könne es zu dem schädigenden Ereignis gekommen sein, weil die Frau die Auffahrtsrampe erst bei sich schließendem Tor befahren hat. Sie müsse beweisen, dass sie bei auf „Grün“ stehender Lichtzeichenanlage ihre Fahrt die Auffahrtsrampe hinauf angetreten hat und das Rolltor ohne Verzögerung passiert hat bzw. passieren wollte. Diesen Beweis habe sie nicht erbracht.

Das Gericht musste nicht abschließend die Frage klären, ob die Frau bei „Grün“ oder bei „Rot“ die Ausfahrt hinauffuhr. Eine Klageabweisung erfolgt bereits, wenn sie den Nachweis nicht erbringt, dass sie ordnungsgemäß bei „Grün“ gefahren ist. Dies sei hier der Fall gewesen. Falls die Klägerin die Rampe bei „Rot“ angefahren hat und das Tor passieren wollte, müsse die Eigentümergemeinschaft im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflichten keine Sicherungssysteme bereithalten.

Quelle: AG München, Urteil vom 28.4.2023, 1290 C 17690/22 WEG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Landgericht (LG) Frankenthal musste sich mit den Folgen eines Astabbruchs an einem Japanischen Schnurbaum befassen: An einem Regentag löste sich von dem am Straßenrand gepflanzten hohen Baum ein Ast und beschädigte das darunter geparkte Fahrzeug der Klägerin. Die gegen die Stadt gerichtete Schadenersatzklage hat das LG abgewiesen. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Stadt ihre sogenannte Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den Stadtbaum verletzt habe.

Jeder Baum birgt potenzielle Gefahren
Das LG machte klar, dass jeder Baum an einer Straße oder an einem öffentlichen Parkplatz eine mögliche öffentliche Gefahr darstellen könne. Denn auch völlig gesunde Bäume könnten durch starke Wind- oder Regeneinflüsse entwurzelt werden oder Teile von ihnen könnten abbrechen. Auch sei die Erkrankung oder Vermorschung eines Baums von außen nicht immer erkennbar. Daraus folge aber nicht, dass alle Bäume in der Nähe von Straßen und öffentlichen Plätzen entfernt oder besonders gründlich untersucht werden müssten.

Einmal im Jahr kontrollieren genügt meist
Es sei vielmehr unmöglich, den Verkehr völlig risikolos zu gestalten. Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf der Natur selbst beruhen, müssten als unvermeidlich hingenommen werden. Die Rechtsprechung verlange daher nur eine regelmäßige – in der Regel jährliche – Beobachtung der Bäume im Verkehrsraum auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frontrisse. Bei besonders alten Bäumen oder bestimmten Anzeichen für Gefahren sei jedoch mit erhöhter Gründlichkeit vorzugehen.

Stadt war ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen
Laut Urteil war die Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass eine bei der Stadt beschäftigte Baumkontrolleurin wenige Wochen vor dem fraglichen Astabbruch den Japanischen Schnurbaum inspiziert habe. Dabei festgestelltes Totholz sei dann durch eine Baumpflege kurze Zeit später entfernt worden. Weitere Maßnahmen sah das LG als nicht notwendig an, zumal der Baum im Baumkataster der Stadt Ludwigshafen in der „Vitalitätsstufe 1“, der höchsten Gesundheitsstufe, geführt werde.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 10.3 2022, 3 O 307/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Sollen in einem Abstand von nur 2 bis 3 Metern zu einem parkenden Linienbus Mäharbeiten durchgeführt werden, müssen Vorkehrungen getroffen werden, dass Personen und fremde Sachen nicht beschädigt werden. Da der anwesende Busfahrer nicht über die Absicht der Mäharbeiten informiert worden war, hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main der Inhaberin eines durch Steinschlag beschädigten Busses Schadenersatz zugesprochen.

Die Klägerin betreibt ein Busunternehmen und setzt ihre Linienbusse im öffentlichen Nahverkehr unter anderem in Frankfurt ein. Im April 2019 hatte ein Fahrer einen Linienbus an der U-Bahn-Station Kalbach abgestellt. Parallel zum Halteplatz führte ein Mitarbeiter der Beklagten Mäharbeiten mit einem Aufsitzmäher durch. Es kam zu einem Einschlag in der hinteren linken Scheibe des Busses mit Sachschäden.

Die Klägerin meint, die Beklagte habe bei der Ausführung der Mäharbeiten ihre Verkehrssicherungspflicht nicht beachtet. Die zu mähende Fläche hätte zuvor nach Steinen abgesucht werden müssen. Es hätte auch ein Rasenmäher mit einem Rund-um-Schutz eingesetzt werden können; alternativ hätten mobile Schutzwände aufgestellt werden können. Sie verlangt u. a. Erstattung der Reparaturkosten für vier Reparaturtage.

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Es stehe fest, so das OLG, dass der Bus der Klägerin durch einen von dem Rasenmäher der Beklagten herausgeschleuderten Stein beschädigt wurde. Die Beklagte habe bei den Arbeiten die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. „Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern“, begründet das OLG. Es könne und müsse zwar keine absolute Sicherheit gewährleistet werden. Ergriffen werden müssten aber solche zumutbaren Sicherungsmaßnahmen, „die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren“.

Bei Mäharbeiten der vorliegenden Art seien deshalb die notwendigen Sicherungsvorkehrungen und -maßnahmen zu treffen, um Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu vermeiden.

Das Fahrzeug sei hier im Abstand von nur 2 bis 3 Metern an dem auf dem Warteplatz stehenden Bus vorbeigefahren. Dem Mitarbeiter der Beklagten sei es zumutbar gewesen, angesichts des sehr überschaubaren Bereiches den dort anwesenden Busfahrer kurz darauf hinzuweisen, dass er beabsichtige, in einem geringen räumlichen Abstand zu dem parkenden Bus zu mähen. Der Busfahrer hätte dann entscheiden können, ob er das Risiko eines Steinschlags hinnehme oder aber den Bus vorübergehend an einer anderen Stelle abstelle. Ob weitere Sicherungsmaßnahmen wirtschaftlich und zumutbar gewesen wären, müsse damit nicht geklärt werden.

Der Mitarbeiter der Beklagten habe auch fahrlässig gehandelt. Er habe erkennen können, dass er den Bus durch eine Information seines Fahrers vor Steinschlag hätte schützen können.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 31.8.2021

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Landgericht (LG) Oldenburg hat einer 81-jährigen Rentnerin Ansprüche auf Schadenersatz- und Schmerzensgeld gegen die Betreiberin eines Bahnhofs aufgrund eines Unfalls mit einer automatischen Schiebetür zugesprochen. Durch das Schließen der Tür stürzte die Klägerin und erlitt eine Schenkelhalsfraktur, welche ärztlich behandelt werden musste.

Verkehrssicherungspflicht der Bahnhofsbetreiberin
Die Bahnhofsbetreiberin als Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie im Eingangsbereich des Bahnhofs eine automatische Schiebetür betrieben habe, die ihren Schließvorgang fortsetzte, obwohl sich eine Person im unmittelbaren Schließ- und damit Gefahrenbereich befand. Überdies schließe die automatische Tür mit einer derartigen Kraft bzw. Geschwindigkeit, dass zumindest ältere Menschen davon zu Fall gebracht werden können.

Das LG stellte fest: Der Sturz sei darauf zurückzuführen, dass der Bewegungsmelder die Klägerin, die in einem sehr spitzen Winkel auf die Tür zugelaufen sei, nicht erfasst habe. Hierdurch habe die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn in einem derart hoch frequentierten Bereich einer Bahnhofshalle sei stets damit zu rechnen, dass eine Tür von allen Seiten und Winkeln durchschritten werde. Auch sei damit zu rechnen, dass ein Durchschreiten der Tür bei verschiedenen Personen in allen Altersklassen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten erfolge. Dass eine Tür trotzdem schließe, obwohl sich eine Person zwischen den Türflügeln befindet, schaffe eine Gefahr, die ohne Weiteres durch die Beklagte hätte verhindert werden können. Selbst wenn Bewegungsmelder den spitzen Winkel, in dem die Klägerin auf die Tür zugelaufen ist, nicht erfassen (können), hätte die Beklagte den Eingangsbereich baulich so gestalten müssen, dass ein Zulaufen auf die Tür aus einem spitzen Winkel nicht möglich gewesen wäre. Eine solche bauliche Veränderung zu schaffen, wäre für einen umsichtigen und vorsichtigen Betreiber der Automatiktür ohne Weiteres zumutbar gewesen und hätte den Sicherheitsgrad so erhöht, dass auch der konkrete Unfall vermieden worden wäre.

Darüber hinaus stellte das LG fest, dass die Tür im zu entscheidenden Fall zu kraftvoll schloss. Hierzu führte sie aus, dass eine Tür so konstruiert sein muss, dass Personen jeden Alters bei „normalem“ Durchschreiten der Tür nicht umgestoßen werden. Die Klägerin sei durch den Schließvorgang der Tür so kraftvoll getroffen worden, dass sie unvermittelt auf die Seite stürzte.

Mitverschulden der Klägerin
Die Klägerin musste sich jedoch nach Auffassung der Kammer ein Mitverschulden von 30 Prozent anrechnen lassen. Insoweit ging die Kammer insbesondere von Folgendem aus: Hätte die Klägerin ihre Geschwindigkeit vor Betreten des Eingangsbereiches der Bahnhofshalle reduziert und/oder ein genaues Augenmerk auf die Automatiktür geworfen, wäre ihr aufgefallen, dass sich die Tür bereits im Schließvorgang befunden hatte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Oldenburg, Urteil vom 23.2.2021, 4 O 2137/20, PM vom 3.3.2021

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch von Bäumen können Gefahren ausgehen. Als Eigentümer eines Baumes muss man daher darauf achten, dass niemand zu Schaden kommt. Über die Frage, wie weit diese sogenannte „Verkehrssicherungspflicht“ geht, hatte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg zu entscheiden.

In dem Fall hatte eine Frau ihr Auto unter einer Rotbuche an einer Wohnanlage in Delmenhorst geparkt. Als sie zum Auto zurückkam, war ein Ast heruntergefallen und hatte das Auto beschädigt. Der Sachschaden betrug rund 9.000 EUR.

Die Frau verlangte das Geld von der Hausverwaltung, die von den Eigentümern mit der Unterhaltung der Wohnanlage beauftragt worden war. Sie argumentierte, die Hausverwaltung habe den Baum nicht ausreichend untersucht und überwacht. Ein im Prozess eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass die Rinde an einer Astgabelung länglich verdickt war. Das sei  ein Anzeichen für eine mögliche Instabilität. Die Klägerin war der Auffassung, die Hausverwaltung hätte deswegen fachmännischen Rat einholen müssen.

Die Richter am OLG sahen dies jedoch anders. Sie bestätigten die Klageabweisung aus der ersten Instanz. Zwar müsse der Eigentümer eines Baumes grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von dem Baum keine Gefahr ausgehe. Er müsse daher auch die Bäume auf seinem Grundstück auf Schäden und Erkrankungen und auf ihre Standfestigkeit regelmäßig untersuchen. Dies gelte in erhöhtem Maße, wenn der Baum im Bereich von Verkehrsflächen stehe und damit potenziell andere Personen gefährde.

Von Gemeinden und Städten sei zu erwarten, dass sie die Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal darauf kontrollieren ließen, ob trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder andere Anhaltspunkte dafür vorlägen, die eine nähere Untersuchung der Bäume nahelegten. Für Privatleute seien die Anforderungen aber geringer. Diese müssten nicht laufend, sondern nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine äußere Sichtprüfung durchführen. Es könne auch nur eine – gründliche – Sichtprüfung auf für einen Laien erkennbare Probleme verlangt werden, also etwa abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbarer Pilzbefall. Nur wenn danach Probleme erkannt würden, müsse ein Baumfachmann hinzugezogen werden.

Vorliegend sei die Instabilität der Rotbuche nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen, nicht aber für einen Laien erkennbar gewesen. Der Hausverwaltung sei daher kein Vorwurf zu machen. Die Frau müsse daher ihren Schaden selbst tragen, so die Richter. Die Frau hat nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts ihre Berufung zurückgenommen.

Quelle: OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 11.05.2017, 12 U 7/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer im Zoo gegen die Panzerglasscheibe des Giraffengeheges läuft, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld.

Das musste sich eine Frau vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Sie war bei einem Zoobesuch gegen die Absperrscheibe zum Giraffengehege geprallt. Dabei hatte sie sich eine ein cm große Prellmarke am Nasenbein, Nasenbluten und Kopfschmerzen zugezogen. Der Tierparksanitäter hatte die Erstversorgung vorgenommen. Anschließend war die Frau drei Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Frau verlangte nun Schmerzensgeld in Höhe von 500 EUR. Außerdem machte sie eine Pauschale für den Schadensregulierungsaufwand von 25 EUR sowie die nutzlos aufgewendeten Kosten für die Eintrittskarte geltend.

Die Sonneneinstrahlung hätte zu Spiegelungen geführt. Daher habe sie die Glasscheibe nicht erkennen können. Der Zoo hätte mit Warnschildern darauf hinweisen müssen, dass Gehege und Besucherbereich durch eine Glasscheibe getrennt sind.

Demgegenüber meinte der Zoo, seine Verkehrssicherungspflichten durch die zwischen im Abstand von 1,70 m aufgestellten Stahlsäulen eingespannten Glasscheiben erfüllt zu haben. Besucher könnten nicht ernsthaft erwarten, dass eine solche Abgrenzung nicht existiere. Der Boden im Besucherbereich unterscheide sich auch sichtlich von dem im Gehege. Im Gehege seien Heu und Stroh an der Scheibe aufgeschichtet. Auch fordere im Eingangsbereich ein gelbes Verbotsschild alle Besucher bildlich dazu auf, nicht gegen die Scheibe zu klopfen.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München sah keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten durch den Zoo. Sie führte in ihrem Urteil aus: „Eine GefahrenQuelle: begründet eine Haftung des Verantwortlichen erst, wenn sich aus der zu verantwortenden Situation vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können. Anderenfalls fällt eine gleichwohl eintretende Schädigung in den Risikobereich des Verletzten.

Die im Giraffenhaus zwischen dem Besucherbereich und dem Tiergehege eingezogene Panzerglasscheibe ist für die betroffenen Verkehrskreise hinreichend gut erkennbar. Es handelt sich nicht um eine durchgehende Glasscheibe. Vielmehr ist die Verglasung von mehreren senkrechten Stahlträgern durchbrochen. Dies führt dem durchschnittlich aufmerksamen Besucher vor Augen, dass hier eine Abtrennung zwischen Besucherbereich und Tiergehege vorhanden ist. Der durchschnittliche Besucher wird auch von vornherein voraussetzen, dass eine solche Abtrennung vorhanden ist, handelt es sich doch bei den im Gehege befindlichen Giraffen um Wildtiere mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential. Zudem ist auch der Bodenbereich des Giraffenhauses so ausgestaltet, dass sich für den Besucher ein Hinweis auf die Glasabtrennung ergibt. Im Übergangsbereich befindet sich eine deutlich sichtbare Schwelle. Zudem ist der Boden im Bereich des Tiergeheges mit Stroh und Sägespänen eingestreut, welche sich zumindest an Teilen der Glasabtrennung sammeln. Ein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen den Zoo scheidet daher aus.“

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 21.12.2017, 158 C 7965-17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Weidenstäbchen, die ein bis zwei Zentimeter aus einem Weidenkorb herausragen, stellen keine besondere Gefahrenquelle dar.

Das musste sich eine Frau sagen lassen, die in einer Supermarktfiliale einkaufen war. Unmittelbar nach dem Eingangsbereich blieb sie mit ihrem Strickkleid an zwei herausstehenden Stäben eines Auslagenkorbs hängen. Dabei wurde ein Wollfaden gezogen. Das Kleid war irreparabel beschädigt. Den Schaden wollte sie vom Supermarkt ersetzt haben.

Die Richterin wies die Klage ab. Die Frau habe keinen Schadenersatzanspruch. Der Supermarkt habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Stehen zwei Weidenstäbchen maximal 1,5 Zentimeter aus einem Naturprodukt (Weidenkorb) heraus, sei dies für das Gericht schlicht keine besondere Gefahrenquelle. Es handele sich um einen ganz normalen Weidenkorb. Bei einem solchen handgefertigten Naturprodukt sei zu erwarten, dass die abgeschnittenen Enden leicht herausstehen. Die Frau hätte mit einem naturgemäß empfindlichen Strickkleid schlicht nicht zu nah herangehen sollen. Das Gericht stellte weiter fest, dass die Frau selbst dann keinen Anspruch hätte, wenn der Supermarkt eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte. Denn die Frau habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie es eilig gehabt hätte. Es sei kurz vor Ladenschluss gewesen und sie habe noch schnell einkaufen müssen. Dabei habe sie nicht danach geschaut, ob irgendwelche Gefahrenzonen vorhanden seien. Mit dem Kopf nach unten sieht man das halt nicht, so die Frau vor Gericht. Die Richterin stellt fest, dass dieses Eigenverschulden das Verschulden des Supermarkts wegen einer etwaigen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei Weitem überwiegen würde und dieses sogar komplett verdrängen würde.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 8.3.2017, 111 C 21848 /16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer rückwärts in eine Parklücke einfährt und dort ein Hindernis erkennt, muss zunächst aussteigen und den hinter ihm liegenden unübersichtlichen Bereich in Augenschein nehmen. Er muss sein Fahrverhalten dann diesen Gegebenheiten anpassen. Gegebenenfalls muss er vorwärts einparken.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Geklagt hatte ein Autofahrer, der mit seinem BMW in einer Tiefgarage rückwärts einparken wollte. Dabei übersah er einen mit roter Farbe lackierten Schutzbügel, der um ein Regenfallrohr an der Wand des Parkhauses angebracht war und der über den Bodensockel hinausstand. Es entstand ein Schaden an dem Fahrzeug in Höhe von 1.336 EUR. Diesen Betrag verlangte er von der Hausverwaltung des Parkhauses ersetzt. Er ist der Meinung, dass die Hausverwaltung gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen habe, da die Gefahrenstelle nicht mit gelb-schwarzen Streifen gekennzeichnet gewesen sei. Die Hausverwaltung wies die Forderung zurück. Der Mann verklagte daraufhin den Parkhausbetreiber und dessen Hausverwaltung.

Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Der Autofahrer muss seinen Schaden selbst tragen. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht wegen des Schutzbügels vor dem Regenrohr nicht vorliege.

„Ein Fahrzeugführer, der sein Fahrzeug rückwärts einparkt, muss besondere Vorsicht walten lassen. Er hat sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist und sich erforderlichenfalls einweisen zu lassen. Dies bedeutet, dass der Autofahrer nur mit äußerster Sorgfalt hätte in die Parklücke einfahren dürfen. Er hätte sich daher zunächst durch Aussteigen und Inaugenscheinnahme von der Beschaffenheit des hinter ihm liegenden unübersichtlichen Bereichs vergewissern und sein Fahrverhalten den dem bereits erkannten Hindernis – dem Fallrohr nebst Schutzbügel – anpassen müssen. Gegebenenfalls hätte er vorwärts einparken müssen“, so das Urteil.

Der Kläger sei wegen des Sichtfahrgebots gehalten gewesen, sich vor dem Einparken mit den Örtlichkeiten genau auseinanderzusetzen. Schlechte Lichtverhältnisse müssten für einen Kraftfahrer stets ein Signal sein, damit zu rechnen, dass er vorhandene Hindernisse nicht oder nur unzureichend erkennt. Dies müsste ihn daher veranlassen, besonders vorsichtig und strikt auf Sicht zu fahren.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 19.9.2016, 122 C 5010/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Supermarkt hat alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren von Kunden abzuwenden, die sich in dem öffentlichen Verkaufsraum bewegen. Absolute Sicherheit ist aber nicht geschuldet.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Geklagt hatte eine Frau, die ihre Einkäufe in einem Supermarkt erledigen wollte. Im Bereich der Obst- und Gemüsetheke waren Rotweinflaschen als Aktion gesondert beworben und vor einer Säule aufgeschichtet. Als sie den Bereich passieren wollte, rutschte sie aus und fiel zu Boden.

Die Frau behauptet, wegen einer Putzwasserlache auf dem Boden ausgerutscht zu sein. Die Unfallstelle sei kurz zuvor gereinigt worden, da dort eine Rotweinflasche zerbrochen worden war. Durch den Sturz habe sie eine Rippenbogenprellung, eine Sprunggelenksdistorsion und ganz erhebliche Schmerzen erlitten. Sie ist der Meinung, dass der Supermarktbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe und jedenfalls ein Warnschild hätte aufstellen müssen. Sie verlangt mindestens 2.500 EUR Schmerzensgeld.

Der beklagte Supermarkt weigert sich zu zahlen. Die Stelle, an der die Rotweinflasche zerbrochen war, sei sofort von den Glasscherben und dem Rotwein gereinigt worden.

Die Frau erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Der zuständige Richter wies die Klage jedoch ab und gab dem Supermarkt recht.

Der Supermarkt habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Ein Supermarkt müsse alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Gefahren von Kunden und so auch der Klägerin abzuwenden, die sich in ihren öffentlichen Verkaufsräumen bewegen. Absolute Sicherheit ist indessen nicht geschuldet, so die Urteilsgründe. Eine Verkehrssicherungspflicht sei bei Anwendung dieser Maßstäbe nicht verletzt worden. Das Gericht schenkte dem vernommenen Zeugen Glauben, der mit dem Putzdienst betraut war. Dieser hatte ausgesagt, dass er die Unfallstelle umgehend von den vorhandenen Scherben gereinigt hatte. Sodann habe er sich in das Lager begeben, um eine Putzmaschine zu holen, mit deren Hilfe er den restlichen Rotwein beseitigen wollte. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, welche Maßnahmen noch veranlasst gewesen wären, um Schaden von der Klägerin abzuwenden. Der Supermarkt sei auch nicht verpflichtet gewesen, Warnschilder aufzustellen. Dies würde die Pflichten überspannen und die Verkehrssicherungspflichtigen über das wirtschaftlich zumutbare Maß hinaus belasten. Bei der Bestimmung des Maßes der für den Verkehrssicherungspflichtigen zumutbaren Vorkehrungen ist insofern insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit und die Schwere eines möglichen Schadeneinritts Acht zu nehmen. Daraus folgt, dass bestimmte Vorkehrungen zur Sicherheit der sich auf den Verkaufsflächen der Beklagten bewegenden Personen im genannten Sinne über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus dann geschuldet sein können, wenn dies aufgrund der Umstände, insbesondere der naheliegenden Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts, angezeigt ist. Derlei Umstände hat die Klägerin hier jedoch nicht vorgetragen, so das Urteil.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 9.2.2016, 158 C 21362/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte muss grundsätzlich beweisen, dass der Grundstückseigentümer seine Sorgfaltspflicht verletzt hat und dies ursächlich für den entstandenen Schaden war.

Auf diese prozessuale Regel wies das Amtsgericht München im Fall einer Grundstückseigentümerin hin. Auf deren Grundstück befindet sich ein großer Baum. Von diesem Baum fielen Äste herab und beschädigten das Fahrzeug der Klägerin. Der Baum war durch einen Sturm beschädigt worden. An dem Fahrzeug entstand ein Schaden in Höhe von 2.850 EUR. Diesen Betrag verlangt die Klägerin ersetzt. Sie ist der Meinung, dass eine Beschädigung des Pkw hätte vermieden werden können, wenn die Bäume ordnungsgemäß beschnitten worden wären. Der Baum hätte nach dem Sturm zwei Tage zuvor schief gestanden. Es sei Aufgabe der beklagten Grundstückseigentümerin gewesen zu überprüfen, ob von dem Baum eine Gefahr ausgehen kann. Die Eigentümerin weigert sich zu zahlen. Deshalb erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Die Klägerin bekommt ihren Schaden nicht ersetzt.

Nach dem Urteil habe die Klägerin nicht beweisen können, dass die Grundstückseigentümerin eine Verkehrssicherungspflichtverletzung begangen hat und dadurch der Schaden entstanden ist.

In der Sitzung sagte eine Zeugin aus, dass der Baum immer schiefer geworden sei, und dass die Baumwurzeln die Fußwegplatten angehoben hätten. Das Gericht argumentierte jedoch, dass ein schiefstehender Baum nicht zwangsläufig umstürze. Hierbei komme es maßgeblich darauf an, ob lediglich ein schiefes Wachstum vorliege und wie stark die Neigung sei. Durch Baumwurzeln angehobene Fußwegplatten würden keinen Schluss auf eine Schädigung eines Baumes zulassen. Auch gesunde Bäume seien infolge des Wurzelwachstums hierzu in der Lage, so das Gericht. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Einsatzbericht der Feuerwehr ergebe sich, dass die Feuerwehr vermutet, dass der Baum bei dem Sturm am Vortag einen Bruch im Wurzelwerk erlitten habe und umgefallen sei. Das könne im vorliegenden Fall jedoch nicht aufgeklärt werden, da der streitgegenständliche Baum bereits entfernt wurde und für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stand. Aber selbst wenn dies zutreffe, könnten verschiedene Ursachen den Wurzelbruch herbeigeführt haben, so das Gericht weiter. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Sturm und dem Umfallen des Baumes sei gerade nicht von einem ausreichenden Zeitraum auszugehen, in dem die Grundstückseigentümerin Maßnahmen hätte ergreifen müssen.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 16.6.2016, 233 C 16357/14, Abruf-Nr. 191137 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl