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motorbike accidentDas Land Sachsen-Anhalt muss einem Motorradfahrer keinen Schadenersatz und kein Schmerzensgeld zahlen, wenn dieser trotz eines Warnschilds auf Rollsplitt ausrutscht und stürzt.

Dies hat das Landgericht (LG) Magdeburg im Fall eines 32-jährigen Motorradfahrers entschieden. Dieser war auf einer Bundesstraße unterwegs, auf der der Straßenbelag ausgebessert worden war. Nach Ende der Arbeiten befand sich in einer Linkskurve Rollsplitt auf der Fahrbahn. 150 m vor dem Rollsplittfeld war ein Verkehrszeichen aufgestellt, das mit einem Piktogramm vor dem Splitt warnte.

Der Motorradfahrer durchfuhr die Kurve mit ca. 50 km/h. Dabei stürzte er und verletzte sich. Er meinte, dass das Schild keine ausreichende Warnung gewesen sei. Es hätte auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung angeordnet werden müssen. Zudem sei der Rollsplitt aufgrund der Kurve sehr schlecht zu erkennen gewesen. Daher verlangte er Schadenersatz in Höhe von knapp 3.000 EUR sowie ein Schmerzensgeld von mindestens 2.500 EUR.

Das Gericht hat entschieden, dass das Land keine Amtspflichten in Form der Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Den Unfall hat sich der Motorradfahrer selbst zuzuschreiben. Aufgrund des Warnschilds hätte er sich auf die Situation einstellen müssen. Nötigenfalls hätte er so langsam fahren müssen, dass er auf dem Rollsplitt nicht ausrutscht. Erfolgt eine ausreichende Warnung vor einem Rollsplittfeld, ist die Straßenbaubehörde ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. Mehr kann nicht verlangt werden.

Quelle LG Magdeburg, Urteil vom 30.7.2015, 10 O 352/15, Abruf-Nr. 145954 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

paragraphe kopfwehEin Modegeschäft verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn es seine Auslagen auf
einem Warenständer präsentiert, der von einem vierjährigen Kleinkind mit geringem Kraftaufwand gekippt werden kann und der dann die Gefahr erheblicher Verletzungen begründet.

 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines vierjährigen Kindes entschieden. Beim Einkaufen mit seinen Eltern hatte es in einem Modegeschäft zunächst in der Spielecke gespielt. In einem unbeaufsichtigten Moment begab es sich zu einem Warenständer mit
Gürteln. Das Kind zog an einem Gürtel und brachte damit den Ständer zum Kippen. Dabei zog es sich eine schwere Augenverletzung zu. Die Eltern verlangten von dem Modehaus Schadenersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR.

 

Die Richter am OLG verurteilten das Modehaus entsprechend. Dieses habe seine Verkehrs­sicherungspflicht verletzt. Es habe Gürtel auf einem Warenständer angeboten, der bei einer geringen Zugbelastung von nur 800 Gramm, die auch ein Kleinkind ausüben könne, zum Umstürzen gebracht werden konnte. Das habe der gerichtliche Sachverständige festgestellt. Zudem habe durch die als Haltevorrichtung für die Gürtel dienenden Zinken die Gefahr erheblicher Verletzungen bestanden. Diese Gefahrenquelle habe das Modehaus beseitigen müssen. Darauf dürften Kunden vertrauen, die das Modehaus gemeinsam mit ihren Kindern aufsuchten.

 

Der Verkehrssicherungspflicht stehe nicht entgegen, dass Kleinkinder regelmäßig ständiger Aufsicht der Eltern bedürfen. Die gebotene elterliche Aufsicht könne nur solche Sicherungsmaßnahmen entbehrlich machen, die von den Eltern unschwer zu beherrschen seien. Auf die von dem Gürtelständer ausgehende Gefahr treffe das nicht zu, weil Eltern nicht damit rechnen müssten, dass eine derartige Ladeneinrichtung bereits bei einem leichten Ziehen ihres Kindes umfalle.

 

Eine Mithaftung der Eltern komme hier nicht in Betracht. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Das Kind habe sich ca. 5 m zu den in Sichtweite befindlichen Eltern befunden, als sich der Unfall ereignete. Im Übrigen stehe nicht fest, dass die Eltern den Unfall hätten verhindern können, weil bereits ein einmaliges kurzes Ziehen an einem Gürtel des Ständers bei ungünstiger Ausrichtung der Rollen den Ständer kippen lassen konnte (OLG Hamm, Urteil vom 6.3.2014, 6 U 186/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

auto_paragraphenzeichen_01Erleidet ein Pkw-Fahrer beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der Bundesautobahn einen Schaden, haftet das beklagte Land aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung, wenn das Schlagloch durch eine von ihm zu verantwortende, vermeidbare Gefahrenquelle entstanden ist.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und das Land NRW zum Schadenersatz verurteilt. Geklagt hatte ein Mann, der mit seinem Pkw die BAB 52 in Gelsenkirchen im Bereich einer Baustelle befahren hatte. Dabei wurde die Fahrbahn über den Standstreifen geleitet. Dort geriet das Fahrzeug in ein ca. 20cm tiefes Schlagloch und erlitt einen Achsschaden. Die Reparaturkosten betrugen ca. 2.200 EUR. Das Schlagloch war im Bereich eines für den Baustellenbetrieb verschlossenen Gullyschachts entstanden. Um den Standstreifen für den Verkehr befahrbar zu machen, hatte der für das beklagte Land handelnde Landesbetrieb Straßenbau NRW die zu überfahrenden Gullyschächte mit Eisendeckeln versehen und mit einer bituminösen Masse sowie mit einer Asphaltschicht auffüllen lassen. Im Bereich der Unfallstelle war diese Füllung zum Teil herausgebrochen, wodurch das Schlagloch entstanden war.

Das OLG entschied, dass das Schlagloch die Folge einer vom Landesbetrieb zu verantwortenden, vermeidbaren Gefahrenquelle sei. Die Ausführung zum Verschließen des Gullyschachts habe selbst bei fachgerechter Ausführung ein nicht abschätzbares Risiko beinhaltet, dass die Schachtabdeckung durch das zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen beschädigt werde. Dabei hätten andere, sichere Methoden wie das Herstellen provisorischer Schachtabdeckungen aus Schnellbeton zur Verfügung gestanden. Die Verkehrssicherungspflichtverletzung habe der Landesbetrieb zu vertreten. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Herstellung von provisorischen Schachtabdeckungen und ihre Vor- bzw. Nachteile müssten der Fachbehörde bekannt sein. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, weil die unfallursächliche Schadstelle für ihn praktisch nicht zu erkennen gewesen sei (OLG Hamm, 11 U 52/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gesetz 1Der Veranstalter eines Rosenmontagszugs muss aufgrund seiner Verkehrssicherungspflicht dafür sorgen, dass Personen und insbesondere minderjährige Zuschauer nicht zu nahe an die Festwagen kommen können – so etwa durch ausreichende Absperrungen oder andere Sicherungsmaßnahmen. Es sind aber nicht für alle denkbaren und auch entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadeneintritts Vorkehrungen zu treffen. So sind Dritte nur vor den Gefahren zu schützen, die von ihnen erfahrungsgemäß nicht rechtzeitig erkannt und vermieden werden können.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem Rechtsstreit hervorgehoben. Anlass dafür war ein Unfall beim Mainzer Rosenmontagszug. Hier war eine Frau vom Anhänger eines Festwagens überrollt und dabei verletzt worden. Daraufhin hatte sie den Veranstalter des Umzugs und den Karnevalsverein auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 EUR in Anspruch genommen. In erster Instanz wurde ihre Klage jedoch abgewiesen.

Auch vor dem OLG hatte ihre Berufung keinen Erfolg. Die Richter wiesen auf die offensichtlich fehlenden Erfolgsaussichten hin. Das Landgericht Mainz habe in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass aus dem Vortrag der Frau nicht deutlich geworden sei, welche Sicherungsmaßnahmen gefehlt hätten und warum ein für die Haftung erforderliches Verschulden der Beklagten vorgelegen habe. Die Haftung der Beklagten ergebe sich nicht ohne Weiteres aus deren grundsätzlich bestehenden Verkehrssicherungspflichten. Wer eine Gefahrenlage schaffe sei verpflichtet, die nach den jeweiligen Umständen notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu schaffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu vermeiden. Eine lückenlose Überwachung zum Ausschluss jeglichen Risikos für Umzugsteilnehmer und Zuschauer sei aber nicht geschuldet. Versäumnisse der Beklagten seien hier nicht festzustellen. Insbesondere habe eine ausreichende Absperrung bestanden. Die Frau hat auf die Hinweise des OLG ihre Berufung zurückgenommen. Damit ist die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig (OLG Koblenz, 3 U 985/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der ParagraphIst eine Tiefgarage nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich, besteht beim Vermieter auch nur eine begrenzte Verkehrssicherungspflicht.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) München in einem Rechtsstreit. Geklagt hatte eine Autofahrerin, die für ihren Golf in einer Tiefgarage einen Stellplatz gemietet hatte. Als sie eines Tages hinausfuhr, stand unmittelbar vor der Ausfahrt ein Lieferwagen. Sie versuchte, links auf die Tiefgarageneinfahrtsspur auszuweichen und so an dem fremden Fahrzeug vorbeizufahren. Dazu setzte sie ihren Pkw noch einmal kurz zurück. In diesem Moment schloss sich das Tor der Tiefgarage und beschädigte das Dach des Pkw. Insgesamt entstand dabei ein Schaden von 2000 EUR. Diesen wollte sie von der Haftpflichtversicherung der Vermieterin des Tiefgaragenplatzes ersetzt bekommen. Die Versicherung weigerte sich jedoch zu zahlen. Das Garagentor sei mangelfrei und die Funktionsweise der Wagenbesitzerin bestens bekannt. Diese hätte eben nicht im Bereich des Tores stehen bleiben dürfen. Das sah die Besitzerin des Golfs anders und erhob Klage.

Die zuständige Richterin am AG gab jedoch der Versicherung recht. Die Vermieterin der Tiefgarage hafte nicht für den Schaden. Daher bestehe auch keine Einstandspflicht seitens der Versicherung. Vorliegend handele es sich um ein Kipptor, das sich grundsätzlich etwa 90 Sekunden nach Aktivierung des Lichtsensors schließe. Bei dem Tor handele es sich um eine verkehrsübliche Anlage. Es entspreche den Regeln der Technik und weise keinen Mangel auf. Zwar gebe es unstreitig sicherere und modernere Anlagen. Hier sei aber zu berücksichtigen, dass diese Tiefgarage nicht für den allgemeinen Verkehr geöffnet sei, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung stehe. Daher bestehe auch nur eine begrenzte Verkehrssicherungspflicht. Die Anschaffung neuerer Systeme und die damit verbundene zusätzliche finanzielle Belastung könne von der Vermieterin daher nicht verlangt werden. Auch zusätzliche Hinweisschilder seien nicht notwendig. Der betroffene Personenkreis könne sich über die Funktionsweise des Tores informieren. Dies gelte insbesondere auch für die Klägerin, die bereits seit zwei Jahren die Tiefgarage nutze (AG München, 454 C 28946/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Autofahrer, der sehr nah an einer Hauswand entlangfährt, muss besondere Vorsicht walten lassen. Er kann sich nicht auf die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers berufen, wenn er einen an der Hauswand befestigten Blitzableiter streift.

So urteilte das Amtsgericht (AG) München im Fall einer Frau, die auf dem Kundenparkplatz eines Einrichtungszentrums parken wollte. Beim Einparken stieß sie gegen einen Blitzableiter, der an der Außenfassade befestigt war und 6 cm von der Fassade in den Stellplatz hineinragte. Dadurch wurde der Kotflügel des Fahrzeugs beschädigt. Die Reparaturkosten von 795 EUR wollte sie erstattet bekommen. Nach ihrer Ansicht habe der Inhaber des Einrichtungszentrums gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Der Blitzableiter sei in der Wandfarbe gestrichen und somit nicht erkennbar gewesen.

Ihre Klage wurde bei Gericht jedoch abgewiesen. Zwar müsse derjenige, der eine Gefahrenlage schaffe, grundsätzlich die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden bei anderen möglichst zu verhindern. Es müsse aber nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden, sondern nur für diejenigen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten dürfe und die nach den Umständen zumutbar seien. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Blitzableiter nur 6 cm von der Wand in den Parkplatz hineinrage. Allein der Außenspiegel sei deutlich breiter als 6 cm. Zu einer Beschädigung des PKWs könne es daher nur kommen, wenn dessen Fahrer in einem sehr spitzen Winkel einparke und extrem nah an die Wand fahre. Tue er aber dieses, habe er besondere Vorsicht walten zu lassen. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Betreibers des Einrichtungszentrums scheide daher aus (AG München, 241 C 31612/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Stürzt eine Radfahrerin gegen 7.20 Uhr an einem Werktag im Zentrum einer kleineren Gemeinde bei Eisglätte auf einem ungestreuten Radweg, haftet die Gemeinde wegen einer Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht. Allerdings trifft die Radfahrerin ein hälftiges Mitverschulden.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Geklagt hatte eine Frau, die im Dezember 2008 um 7:20 Uhr an einem zentralen Verkehrsknotenpunkt ihres Wohnorts mit dem Fahrrad gestürzt war, als sie ihren Sohn zur Schule begleitet hatte. Das Glatteis hatte sich in der zweiten Nachthälfte gebildet, als die Temperaturen plötzlich auf -1° C gesunken waren. Die Frau verlangte von der Gemeinde Schmerzensgeld und Schadenersatz. Die Gemeinde hatte sich auf ihre Satzung berufen und die Auffassung vertreten, sie sei erst ab 7:30 Uhr zum Streuen verpflichtet gewesen. Außerdem bestehe eine Streupflicht für Radwege nur an „gefährlichen“ Stellen.

Die Richter entschieden, dass auf Radwegen zwar keine generelle Streupflicht für eine Gemeinde bestehe. Etwas anderes gelte aber für wichtige und gefährliche Fahrbahnstellen. Dazu zähle der zentrale Verkehrsknotenpunkt der betroffenen Gemeinde, an dem die Klägerin mit dem Fahrrad gestürzt war. Die Streupflicht bestehe auch bereits vor 7:30 Uhr. Die Gemeindesatzung entbinde die Gemeinde nicht von ihrer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Da Schulbeginn in der betreffenden Gemeinde schon um 7:30 Uhr sei und ortsansässige Discounter schon um 7:00 Uhr geöffnet hätten, müsse der Bürger nicht damit rechnen, dass zentrale Verkehrswege erst um 7:30 Uhr gestreut seien. Das OLG stellte aber auch fest, dass die Radfahrerin ihrerseits die Pflicht zur gesteigerten Aufmerksamkeit hatte. Da die Straßenglätte für sie erkennbar gewesen sei, treffe sie ein 50-prozentiges Mitverschulden. Dies führe zu einer hälftigen Reduzierung ihrer Ansprüche (OLG Oldenburg, 6 U 30/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl