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GruppeDas Erlöschen des Rechts auf Rücktritt vom Lebensversicherungsvertrag trotz Belehrungsmangel ist gemeinschaftsrechtswidrig.

Das ist das Ergebnis eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Richter entschieden, dass eine nationale Regelung, nach der ein Recht auf Rücktritt von einem Lebensversicherungsvertrag spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie unabhängig davon erlischt, ob der Versicherungsnehmer über dieses Recht ordnungsgemäß und rechtzeitig belehrt worden ist, gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt.

Begründung: Anderenfalls hätte der Versicherer keinen Anreiz zur Beachtung der Mitteilungspflicht mehr. Zudem würde dem potenziellen Versicherungsnehmer eines Lebensversicherungsvertrags auch der Schutz entzogen. Schließlich käme ein unerwünschtes Ergebnis hinzu: Habe der Versicherungsnehmer (durch Zahlung der fälligen Prämie) seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt, sei bei einer solchen Regelung die Rücktrittsfrist abgelaufen, obwohl der Versicherer seine gesetzliche Verpflichtung zur Belehrung des Versicherungsnehmers nicht erfüllt habe (EuGH, C-209/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Puzzle rotBehinderte Kinder bleiben ohne Altersbegrenzung in der Krankenversicherung ihrer Eltern familienversichert, wenn sie außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Dabei sind die konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten des behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.

Dies entschied das Sozialgericht (SG) Dortmund im Falle einer 27-jährigen geistig behinderten Frau. Die AOK Nordwest hatte es abgelehnt, sie über das 23. Lebensjahr hinaus kostenlos über ihren Vater als familienversichert zu führen. Die Tochter des Versicherten könne sich nunmehr selbst unterhalten.

Das SG verurteilte die AOK, die Familienversicherung ohne Altersbegrenzung durchzuführen. Nach medizinischer Beweisaufnahme stehe fest, dass die junge Frau aufgrund ihrer seit Geburt bestehenden geistigen Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Dabei seien der erschwerte Zugang geistig behinderter Menschen zum allgemeinen Arbeitsmarkt und die Lohnstrukturen zu berücksichtigen. Realistisch erscheine allenfalls eine gering qualifizierte Tätigkeit im Niedriglohnbereich, die eine Inanspruchnahme aufstockender Grundsicherungsleistungen erforderlich mache. Dies genüge nicht, sich selbst zu unterhalten (SG Dortmund, S 39 KR 490/10).

Hinweis: Voraussetzung der Familienversicherung ohne Altersbegrenzung ist zudem, dass die Behinderung vor dem 21. Lebensjahr entstanden ist.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Versicherungsvertrag über vorläufige Deckung kommt mit dem zustande, der als Versicherungsnehmer eingetragen ist.

Zu diesem Ergebnis kommt das Landgericht (LG) Heidelberg. Entscheidend sei nämlich, wer als Versicherungsnehmer in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung eingetragen sei. Nur mit dieser Person komme ein Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung zustande. Entsprechend könne der Versicherer keine Prämienansprüche gegen den Halter des Kfz geltend machen, wenn dieser nicht personenidentisch mit der in der Doppelkarte genannten Person sei.

Hinweis: Die Versicherungsdoppelkarte bzw. die elektronische Versicherungsbestätigung stellt die Willenserklärung des Versicherers auf Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung dar. Wer die Karte bei der Zulassung des Fahrzeugs verwendet, nimmt dieses Angebot des Versicherers an und wird damit automatisch Vertragspartner (LG Heidelberg, 5 S 62/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bodenablauf einer Dusche ist Teil des Rohrsystems. Ein Bruch dieses Bodenablaufs ist daher als Leitungswasserschaden anzusehen. Die Versicherung ist zum Ersatz für die Kosten der Reparatur des Ablaufs und der Erneuerung der Fliesen verpflichtet.

Diese Entscheidung zugunsten des Versicherten traf das Amtsgericht (AG) München. Geklagt hatte der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, der eine Gebäudeversicherung abgeschlossen hatte. Diese sollte Schutz gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser und Sturm bieten. Eines Tages wurde in einer der Wohnungen eine feuchte Wand bemerkt. Ursache war der Riss im Bodenablauf der Dusche. Dieser musste komplett erneuert werden. Außerdem mussten die dazugehörigen Fliesen entfernt und neu verlegt werden. Hierdurch entstanden dem Vermieter Kosten in Höhe von 1078 EUR. Der Versicherer verweigerte jedoch die Übernahme. Die Schäden würden nicht unter die Versicherung fallen, da der Bodenablauf nicht zum Rohr der Wasserversorgung gehöre. Ein Leitungswasserschaden läge mangels Leitung daher nicht vor.

Das sah der zuständige Richter jedoch anders. Der Bodenablauf sei sehr wohl Teil der Rohrleitung. Seit Langem seien Rohrleitungen aus Teilstücken mit einem jeweiligen Muffenstück und innen liegender Ringdichtung zusammengesetzt, weil Winkelverbindungen und die erforderlichen Längen zwangsläufig zu Kupplungsvorgängen zwingen. Eine einheitliche Rohrleitung existiere daher nicht. Es handele sich stets um ein System aus Einzelteilen. Die einengende Definition der Versicherung gehe daher fehl. Hier sei der Bodenablauf ebenso mit dem Rohrleitungssystem verbunden wie andere Steckverbindungen. Darüber hinaus sei er – wie alle anderen Teile des Rohrsystems – einzementiert. Es handele sich daher um eine einheitliche Rohrleitung (AG München, 155 C 30538/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Lebensversicherungen haben in Deutschland nur eine geringe Haltbarkeitsdauer. Mehr als die Hälfte von ihnen wird vor dem Vertragsende storniert. Für den Versicherungsnehmer ist das in der Regel mit einem erheblichen Verlust verbunden. In den ersten Versicherungsjahren werden nämlich die eingezahlten Beiträge um die Abschluss- und Verwaltungskosten gekürzt. Ein Guthaben auf dem Versicherungskonto ergibt sich daher üblicherweise erst nach etlichen Jahren.

In vielen Fällen steht der Versicherungsnehmer aber besser, wenn er die Versicherung nicht storniert, sondern verkauft. Dabei kann er auf institutionelle Aufkäufer zugehen, die die Versicherungen direkt aufkaufen. Er kann aber auch auf Handelsplattformen versuchen, einen Käufer zu finden.

Eine solche Handelsplattform ist z.B. die Policenbörse der BÖAG Börsen AG, die auch die Börsen Hamburg und Hannover betreibt (www.policenboerse-deutschland.de). In einem Auktionsverfahren kann der Versicherungsnehmer hier seine Versicherung an den Meistbietenden verkaufen. Weitere Handelsplattformen sind z.B. www.life-jack.de oder www.zweitmarkt-auktion.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wildunfall oder nicht? Diese Frage hatte das Landgericht (LG) zu beantworten. Der Versicherungsnehmer einer Teilkaskoversicherung behauptete, ein Hase sei unter den Vorderreifen seines Pkw gekommen. Der Versicherer bestritt das, das Fahrzeug des Versicherungsnehmers sei nicht mit Jagdwild kollidiert. Das LG ließ die am Unfallfahrzeug sichergestellten Tierhaare durch einen Sachverständigen einer DNA-Sequenzanalyse unterziehen. Dabei wurde eindeutig festgestellt, dass die Tierhaare von einem Eichhörnchen stammten. Ein Zusammenstoß mit Eichhörnchen fällt jedoch nicht unter den Schutz der Teilkaskoversicherung, da es – anders als ein Hase – kein Jagdwild ist. Die Klage wurde daher abgewiesen (LG Coburg, 23 O 256/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat ein Versicherungsnehmer einen Schaden verursacht, kann seine Versicherung diesen auch ohne sein Einverständnis regulieren. Sie hat insoweit ein Ermessen, das sie allerdings ordnungsgemäß ausüben muss.

Das verdeutlicht eine Entscheidung des Amtsgerichts (AG) München. Betroffen war ein Autofahrer, der aus der Ausfahrt einer Parkgarage fahren wollte. Vor ihm fuhr ein anderes Auto. Die Ausfahrt aus der Tiefgarage ist grundsätzlich nur möglich, wenn ein entsprechendes Parkticket eingeführt wird. Allerdings kann die Lichtschranke dadurch umgangen werden, dass man sich dicht an den Vordermann hängt. Dann können auch zwei Autofahrer die Tiefgarage verlassen. Dies wollte sich der spätere Kläger zunutze machen. Er bat seinen Vordermann, sich an ihn hängen zu dürfen. Dieser lehnte aber ab. Trotzdem fuhr der Autofahrer dicht an den Pkw des Vordermannes auf. Daraufhin bremste dieser kurz nach Passieren der Schranke ab, wodurch der Hintermann auf seinen Pkw auffuhr. Den dadurch entstandenen Schaden verlangte der Vordermann von der Versicherung des Hintermannes ersetzt. Obwohl der Versicherte widersprach, zahlte diese den Schadensbetrag aus. Da die Versicherung ankündigte, den Versicherungsnehmer höher einzustufen, was auch zu einer Erhöhung des Beitragssatzes geführt hätte, verklagte der Versicherte die Versicherung auf Feststellung, dass der Verkehrsunfall kein zu einer Höherstufung führender Versicherungsfall sei. Schließlich sei der Vordermann schuld gewesen am Auffahrunfall. Die Versicherung hätte den Schaden nicht regulieren dürfen.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München wies die Klage jedoch ab: Grundsätzlich könne eine Versicherung einen Schaden auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers regulieren. Aufgrund der allgemein geltenden Versicherungsbedingungen habe die Versicherung insoweit einen Ermessensspielraum. Dieses Ermessen sei im vorliegenden Fall pflichtgemäß ausgeübt worden. Es handele sich um einen Auffahrunfall. Daher ergebe sich zunächst einmal der Anschein, dass der Kläger den erforderlichen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten habe. Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage wäre der Ausgang des Prozesses höchst ungewiss gewesen. Es sei nicht wahrscheinlich gewesen, dass der vorausfahrende Autofahrer eine bewusste Bremsung in einem Prozess eingeräumt hätte. Darüber hinaus wäre ohnehin ein Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen gewesen. Schon nach seiner Darstellung hatte der vorausfahrende Autofahrer schließlich angekündigt, dass er ihn nicht nachfahren lassen wollte. Unter Abwägung all dieser Umstände habe sich die Versicherung nicht auf einen ungewissen Prozess einlassen müssen (AG München, 343 C 27107/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Kaskoversicherer mehrerer Fahrzeug-Versicherungsnehmer hat aus übergegangenem Recht Ersatzansprüche gegen die Garageneigentümer, wenn die Fahrzeuge durch sturmbedingt gelöste Dachteile der Garagen beschädigt wurden.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Nach Ansicht der Richter spreche der Anscheinsbeweis grundsätzlich dafür, dass ein Ablösen von Gebäudeteilen Folge fehlerhafter Errichtung und/oder mangelhafter Unterhaltung des Gebäudes sei. Diesen Anscheinsbeweis könne der Gebäudeeigentümer nur widerlegen, wenn er ein außergewöhnliches Wetterereignis nachweise. Von einem solchen außergewöhnlichen Wetterereignis könne aber noch nicht ausgegangen werden, wenn die Windgeschwindigkeiten in dem lokalen Bereich lediglich bei 10-11 Beaufort gelegen haben (OLG Hamm, I-13 U 145/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die dauernde und von außen nicht sichtbare Aufbewahrung des Kfz-Scheins im Handschuhfach des Fahrzeugs stellt keine erhebliche Gefahrerhöhung dar. Sie führt daher nicht zur Leistungsfreiheit des Kfz-Versicherers bei Diebstahl des Fahrzeugs.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Streit um den Ersatz für einen entwendeten Pkw. Die Richter machten deutlich, dass es sich lediglich um eine unerhebliche Gefahrerhöhung handele, die die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls oder der Vergrößerung des Schadens – wenn überhaupt – nur unwesentlich steigere. Der Entschluss, ein Fahrzeug zu entwenden, werde in aller Regel vorab gefasst, inklusive der Überlegungen zur anschließenden Verwertung. Ob sich vielleicht ein von außen nicht sichtbarer Fahrzeugschein irgendwo im Wagen befindet, spiele dabei keine Rolle (OLG Oldenburg, 5 U 153/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl