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Wird Wohnraum in einem Gebiet mit gemäß der Gemeindesatzung erhöhtem Wohnungsbedarf, in dem Wohnraum nur mit Genehmigung zweckentfremdet werden darf, für die Dauer des behandlungsbedingten Aufenthalts als Unterkunft an Personen oder deren Familienangehörige vermietet, liegt eine Zweckentfremdung vor. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW entschieden.

Das OVG hob hervor: Der Begriff des Wohnens i. S. d. einschlägigen Vorschriften verlangt das Merkmal der Dauerhaftigkeit der Nutzung. Es grenzt das Wohnen vom Aufenthalt zu anderweitigen Zwecken ab, der von seinem Wesen her zeitlich bis zur Erreichung eines bestimmten Ziels begrenzt ist, z. B. nur zu Ferienzwecken, wie bei Sommerwohnungen oder Ferienhäusern. Gemessen an diesen Maßstäben vermietete der Kläger die Wohnung nicht zu Wohnzwecken.

Der Kläger machte u. a. noch eine unzulässige Diskriminierung wegen Rasse und Herkunft (Araber aus dem Nahen Osten) und wegen Behinderung geltend, die bei seinen kranken Mietern bzw. deren Familienangehörigen regelmäßig vorliege. Im Übrigen würde durch diese Diskriminierung auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der behinderten Mieter verletzt. Auch verstoße es gegen die Menschenwürde, mit dem Tode ringende Menschen als „Medizintouristen“ zu behandeln. Dem folgte das OVG nicht: Eine solche Diskriminierung komme hier nicht in Betracht, weil durch das allgemeine Zweckentfremdungsverbot Personen nicht in hervorgehobener Weise betroffen sind. Es komme nur darauf an, ob Wohnraum der Wohnzweck entzogen werde.

Quelle: OVG NRW, Urteil vom 19.11.2020, 14 A 4304/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

3D plan drawingDer Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat mit einem Normenkontrollurteil den Antrag eines Wohnungseigentümers (Antragsteller) abgewiesen, die Satzung der Stadt Freiburg (Antragsgegnerin) über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum für unwirksam zu erklären.

Seit der Föderalismusreform 2006 steht den Ländern das Recht zu, Gesetze für das Wohnungswesen zu erlassen. Auf dieser Grundlage erließ Baden-Württemberg das 2013 in Kraft getretene Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotsgesetz – ZwEWG). Nach § 2 Abs. 1 ZwEWG können Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist (Gemeinden mit Wohnraummangel), durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen, dass im Gemeindegebiet oder in Teilen davon Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf. Gestützt auf diese Vorschrift hat die Stadt Freiburg eine am 1.2.2014 in Kraft getretene Satzung erlassen. Darin ist ein solches grundsätzliches Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum enthalten.

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks am Rande der Altstadt, das mit zwei Wohngebäuden bebaut ist. Mit seinem Normenkontrollantrag wendet er sich gegen die Satzung. Er macht geltend, aus verfassungsrechtlichen Gründen müssten andere Maßnahmen vorrangig sein, um den Wohnraummangel zu bekämpfen. Der Stadt sei es ferner ausschließlich darum gegangen, im Stadtgebiet preisgünstigen Wohnraum für untere und mittlere Einkommen zu sichern. Seine Wohnungen hätten aber eine Wohnfläche von ca. 120 qm. Bei Wohnungen dieser Größe sei eine „besondere Wohnraumgefährdung“ aber nicht gegeben. Denn diese seien für untere und mittlere Einkommensgruppen ohnehin nicht erschwinglich.

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers blieb ohne Erfolg. In seiner Urteilbegründung führt das Gericht im Wesentlichen aus, dass die Satzung nicht gegen höherrangiges Recht verstoße. Bei der Stadt Freiburg handele es sich nach den von ihr während des Verfahrens vorgelegten Daten über Bevölkerungsentwicklung, Neubautätigkeit, Entwicklung der Mieten und Kaufpreise in den letzten Jahren zweifellos um eine Gemeinde mit Wohnraummangel im Sinne des § 2 Abs. 1 ZwEWG. Der auf dem Gebiet der Stadt herrschende Wohnraummangel sei entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht darauf beschränkt, die Bevölkerung mit unterem oder mittlerem Einkommen mit preisgünstigem Wohnraum zu bedienen. Die von ihm angenommene Verpflichtung der Stadt, Wohnungen mit einer Wohnfläche von mehr als 120 qm von dem Anwendungsbereich der Satzung auszunehmen, bestehe deshalb nicht.

Die Satzung der Stadt Freiburg sei auch mit Blick auf § 1 ZwEWG nicht zu beanstanden. Die einer Gemeinde mit Wohnraummangel eingeräumte Satzungsbefugnis stehe nach dieser Vorschrift unter dem Vorbehalt, dass die Gemeinde den Wohnraummangel „nicht mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit begegnen“ könne. Sie sei in diesem Sinn nachrangig. Dafür, dass die Stadt Freiburg dem auf ihrem Gebiet herrschenden Wohnraummangel mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit begegnen könne, sehe das Gericht jedoch keine Anhaltspunkte.

Quelle: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8.12.2015, 3 S 248/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl