Baurecht

Wurden zwischen Bauherrn und Architekten ergebnislose Vertragsverhandlungen geführt, entsteht kein Vertragsschluss dadurch, dass der Bauherr die Pläne des Architekten für die Bauantragstellung benutzt.

Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht (OLG) Celle die Honorarklage eines Architekten ab. Dieser hatte einem Bauherrn fünf Planungsentwürfe für eine Halle zur Verfügung gestellt. Einen davon hatte er zudem weiter ausgearbeitet. Die Vertragsverhandlungen blieben jedoch ohne Ergebnis. Nach über einem Jahr stellte der Architekt fest, dass der Bauherr seine Pläne für den Bau der beabsichtigten Halle genutzt hatte.

Honoraransprüche könne er dafür jedoch nicht verlangen, entschieden die Richter. Da keine ausdrückliche Honorarvereinbarung geschlossen worden sei, müsse der Architekt nachweisen, dass die Erstellung der Planungen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Der dafür erforderliche Vertragsschluss ergebe sich noch nicht daraus, dass der Architekt die Pläne erstellt habe. Es müsse vielmehr abgegrenzt werden, ob diese Planungen zur Akquise für einen späteren Vertragsschluss erstellt wurden, oder ob sich die Parteien damit bereits rechtlich binden wollten. Da im vorliegenden Fall die Vertragsverhandlungen erfolglos geblieben waren, müsse die Planungserstellung noch der – kostenlosen – Akquisitionsphase zugerechnet werden.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Bauherr die Pläne letztlich doch verwendet habe. Hierdurch habe er nicht zum Ausdruck gebracht, dass er nach dem Scheitern der Verhandlungen doch noch „im Nachhinein“ einen Vertragsschluss gewollt habe. Um ein für gerecht empfundenes Ergebnis zu erreichen, könne aber gegen diesen festgestellten Willen kein Vertragsschluss konstruiert werden.

Hinweis: Mögliche Ansprüche des Architekten können sich zudem aus dem Urheberrecht ergeben. Bauherren sind also gut beraten, die Entscheidung nicht als „günstiges Geschäftsmodell“ zu interpretieren (OLG Celle, 14 U 140/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Es liegt eine unwirksame Klausel vor, wenn der Mieter über vier Jahre lang an einen Mietvertrag gebunden ist.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit zwischen Mieter und Vermieter über die Wirksamkeit einer Kündigung. Im Mietvertrag hieß es: „Das Mietverhältnis wird für unbestimmte Zeit mit einem befristeten Kündigungsausschluss geschlossen. Die Vertragsparteien verzichten wechselseitig für die Dauer von vier Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Eine ordentliche Kündigung ist erstmals nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.“ Als der Vermieter nach zwei Jahren die Miete erhöhen wollte, kündigte der Mieter. Der Vermieter hielt die Kündigung für unwirksam.

Das sah der BGH jedoch anders. Die Richter bestätigten das Kündigungsrecht des Mieters, da die Klausel des Mietvertrags unwirksam sei. Sie benachteilige den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Ein formularmäßiger Kündigungsausschluss sei unwirksam, wenn der Mieter für mehr als vier Jahre – gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann – gebunden werde. Daher sei die Klausel schon deshalb unwirksam, weil sie den noch zulässigen Bindungszeitraum von vier Jahren um drei Monate verlängere, indem sie bestimme, dass „die Kündigung erstmals nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums“ zulässig erklärt werden könne (BGH, VIII ZR 163/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verkehrsrecht

Oft geben Fahrerlaubnisinhaber wegen einer drohenden Sperre die Fahrerlaubnis zurück, um sie dann später nach Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung zurückzuerlangen. Fraglich ist, ob so die im Verkehrszentralregister eingetragenen, aus dem für die Abgabe der Fahrerlaubnis ursächlichen Verkehrsverstoß herrührenden Punkte gelöscht werden.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat das jetzt verneint. Die Regelung des Straßenverkehrsgesetzes, nach dem bei der Entziehung der Fahrerlaubnis die Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht werden, sei nicht auf die Fälle eines Verzichts auf die Fahrerlaubnis übertragbar. Der Gesetzgeber habe bei Verzichtsfällen bewusst von einer Löschung der Punkte abgesehen. Es fehle somit an einer unbewussten Regelungslücke. Daher könne die Löschungsregelung auch nicht entsprechend angewendet werden. Es bedürfe auch keiner erweiternden Auslegung der Löschungsregelung aus Gründen der Gleichbehandlung. Die im Gesetz vorgesehene Differenzierung zwischen einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis und deren Entziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde sei sachlich gerechtfertigt (BVerwG, 3 C 1.10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verbraucherrecht

Auch wenn man einen Anspruch auf Schadenersatz hat, bekommt man nicht immer den Neupreis ersetzt, sondern muss sich eine Wertverbesserung anrechnen lassen (sogen. Abzug „Alt für Neu“). In Extremfällen kann der Abzug „Alt für Neu“ so hoch sein, dass vom Schaden nichts übrig bleibt.

Das musste ein Landwirt vor dem Landgericht (LG) Coburg erfahren. Er hatte für sein Anwesen Heizöl bestellt, das mit einem Lkw angeliefert wurde. Als dieser den Hof befuhr, brach er auf einer Betonplatte ein, die eine darunterliegende Jauchegrube abdeckte. Der Landwirt behauptete, seine Mutter habe zum Fahrer des Lkws gesagt, er solle den Hof nicht befahren. Trotzdem sei der Lkw-Fahrer in den Hof gefahren. Der Lieferant hielt dem entgegen, die Mutter des Landwirts habe ausdrücklich dazu aufgefordert, auf den Hof zu fahren. Die Abdeckung sei bereits marode gewesen und wäre über kurz oder lang sowieso eingebrochen. Ihr schlechter Zustand sei aber äußerlich nicht zu erkennen gewesen.

Das Gericht gab der Klage zwar statt. Es sprach dem Landwirt jedoch nur 750 EUR statt der geforderten 5.400 EUR zu. Die Richter stellten zunächst einmal klar, dass es Sache des Lieferanten sei, die Aufforderung der Mutter nachzuweisen. Das habe er nicht gekonnt. Die Zeugenaussagen seien widersprüchlich gewesen. Zudem sei die Betonabdeckung optisch ganz eindeutig und klar zu erkennen gewesen. Daher habe der Lieferant nicht davon ausgehen dürfen, dass die private Hoffläche in sämtlichen befahrbaren Bereichen auch schwerste Lasten tragen kann. Zudem habe der Lkw auch genügend Schlauchlänge mitgeführt, um eine Betankung vom öffentlichen Straßenraum her durchzuführen. Damit sei ein Schadenersatzanspruch des Landwirts dem Grunde nach gegeben. Bei der Höhe des Schadens müsse dieser jedoch erhebliche Abstriche hinnehmen. Der gerichtlich eingeschaltete Sachverständige habe festgestellt, dass die Lebensdauer der gebrochenen Betonabdeckung zum Unfallzeitpunkt bereits vollständig erschöpft war. Infolge der stark fortgeschrittenen Korrosion des Stahls im Beton sei deren Nutzungsdauer beendet gewesen. Durch die weitere Beschädigung sei daher kein finanzieller Schaden eingetreten. Der Landwirt könne lediglich die Kosten für die Sicherung der Unfallstelle und für Beschädigungen an angrenzendem Asphalt und Granitsteinpflasterflächen verlangen. Diese habe der Sachverständige auf 750 EUR geschätzt (LG Coburg, 14 O 532/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Familien- und Erbrecht

Eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts für ein zehnjähriges Kind kann nicht dadurch erreicht werden, dass pauschal auf schlechte schulische Leistungen verwiesen wird.

Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg die entsprechende Klage einer Kindesmutter ab. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass das Gesetz einen automatischen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres vorsehe. Für den Zeitraum danach bestehe nur ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt, wenn dies der Billigkeit entspreche. Dazu müsse die Anspruchstellerin darlegen und beweisen,

dass und aus welchen Gründen sowie in welchem Umfang sie das Kind weiter selbst betreuen müsse, beziehungsweise, dass sie wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten keine Voll- oder Teilerwerbstätigkeit neben der eigenen Kindesbetreuung ausüben könne.

Je älter das Kind sei, desto höher seien die Anforderungen an diesen Nachweis. Sei das Kind fast zehn Jahre alt, sei üblicherweise wegen des Schulbesuchs bis zum frühen Nachmittag keine Betreuung durch den Elternteil nötig. In einem solchen Fall sei die pauschale Behauptung schlechterer schulischer Leistungen des Kindes nicht ausreichend, um von einem erhöhten Betreuungsbedarf auszugehen. Es müsse vielmehr die tatsächlich notwendige Betreuung im Einzelnen dargelegt werden (OLG Brandenburg, 10 UF 85/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitsrecht

Einem Ruhestandsbeamten, der sich während seiner aktiven Dienstzeit als bestechlich erwiesen hat, ist das Ruhegehalt abzuerkennen.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines inzwischen wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzten Beamten bei der Deutschen Bahn AG. Dieser war während seiner aktiven Zeit als Teamleiter für drei Baugruppen verantwortlich. In mehreren Fällen hat er Sach- und Geldzuwendungen (u.a. einen Laptop, Sommerreifen, eine Kettensäge, einen Kaffeevollautomaten und mindestens dreimal Bargeld von jeweils 500 EUR) von einem Auftragnehmer der DB Netz AG entgegengenommen und im Gegenzug überhöhte Stundenzettel und Rechnungen des Unternehmers als sachlich richtig bestätigt. Auf die Disziplinarklage des Bundeseisenbahnvermögens erkannte das Verwaltungsgericht Trier dem Beklagten das Ruhegehalt ab.

Die hiergegen eingelegte Berufung, mit welcher der Ruhestandsbeamte geltend gemacht hat, die von ihm begangenen Dienstpflichtverletzungen seien nicht so schwer, dass sie eine Aberkennung des Ruhegehalts rechtfertigen könnten, hatte keinen Erfolg. Auch unter Berücksichtigung der den Ruhestandsbeamten entlastenden Umstände wiege das von ihm eingeräumte Dienstvergehen so schwer, dass die Aberkennung des Ruhegehalts zwingend geboten sei. Er habe über einen längeren Zeitraum in zahlreichen Fällen gegen die beamtenrechtliche Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung und gegen das Verbot der Vorteilsannahme verstoßen. Dabei habe er nicht nur Sachzuwendungen von erheblichem Wert, sondern auch bares Geld in beträchtlicher Höhe entgegengenommen. Entscheidend entlasten könne ihn insbesondere nicht, dass er die Taten auf Veranlassung seines Vorgesetzten begangen habe (OVG Rheinland-Pfalz, 11 A 10222/11.OVG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitsrecht

Seit dem 1. Mai 2011 gilt in Deutschland die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Damit endet eine insgesamt sieben Jahre währende Übergangszeit. Bürgerinnen und Bürger aus acht der 2004 der Europäischen Union (EU) beigetretenen Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn) können sich nun frei auf dem deutschen Arbeitsmarkt bewerben. Für Arbeitnehmer aus den 2007 der EU beigetretenen Ländern Bulgarien und Rumänien gilt dies ab 2012, wenn Deutschland nicht einen weiteren Aufschub bis 2014 beantragt.

Die volle Freizügigkeit ist eine der Grundfreiheiten der EU – neben dem freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital. Experten des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit rechnen mit ca. 100.000 Menschen, die wegen der Freizügigkeit pro Jahr zusätzlich nach Deutschland kommen werden. Zur Einordnung: Schon 2009 – bei beschränktem Zugang – lebten und arbeiteten in Deutschland ca. 580.000 Menschen aus den acht mittelosteuropäischen Staaten. Insgesamt leben dort rund 73 Millionen Menschen. Schon bisher gab es zahlreiche Wege, auf denen trotz eingeschränkter Freizügigkeit Arbeitskräfte nach Deutschland kommen konnten (z.B. als Akademiker oder Saisonkräfte).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Baurecht

Die aus der Bauordnung folgenden Vorschriften zum Abstand zwischen einzelnen Bauwerken werden eingehalten, wenn eine Garage an einer Grundstücksgrenze gebaut werden soll, gegenüber der nach planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden darf.

Ein solcher Fall liegt nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln vor, wenn die betreffenden Grundstücke im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegen, nach dem eine offene Bauweise festgelegt ist. Zwar müssten bei der offenen Bauweise die Gebäude mit einem seitlichen Grenzabstand errichtet werden. Diese Vorgabe sei für Garagen jedoch nicht anwendbar, da diese als untergeordnete Nebenanlagen vom gesetzlichen Gebäudebegriff nicht erfasst werden (VG Köln, 2 L 407/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Durch die Betriebsgeräusche einer elektrischen Klimaanlage dürfen andere Hausbewohner nicht nachhaltig in ihrer Ruhe gestört werden. Anderenfalls kann die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließen, dass das Gerät entfernt werden muss.

Das bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall einer Wohnanlage, die aus 14 Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten bestand. Einer der Eigentümer montierte an der Außenfassade eine Klimaanlage. Das brachte die anderen Eigentümer auf den Plan. Sie bemängelten, dass das Gerät optisch nicht zur Fassade passe. Zudem seien die Betriebsgeräusche störend, insbesondere in der Nacht. In der Eigentümerversammlung wurde daher beschlossen, dass das Gerät entfernt werden müsse. Das wiederum wollte der betroffene Eigentümer nicht und zog vor Gericht.

Mit seiner Klage hatte er jedoch keinen Erfolg. Die Richter verdeutlichten ihm, dass die Montage seiner Klimaanlage eine bauliche Veränderung sei. Hierfür müsse er die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft einholen. Da er das nicht getan habe, sei der Beseitigungsbeschluss rechtmäßig. Dagegen spreche auch nicht, dass möglicherweise ein Betriebsverbot während der Nachtzeit ausgereicht hätte. Der Eigentümergemeinschaft stehe ein Gestaltungsspielraum zu. Um verwaltungstechnische Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Beschlusses zu vermeiden, entspreche das Beseitigungsverlangen deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung (OLG Düsseldorf, I-3 WX 179/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verkehrsrecht

Eine Kfz-Werkstatt haftet nicht, wenn ein Kunde das Werkstattgelände mit seinem Pkw durch einen als solchen gekennzeichneten, überdachten „Prüfstand“ mit einer Grube zwischen den Fahrspuren verlässt und sich dabei einen Schaden am Boden seines Fahrzeugs einhandelt.

Das hat das Amtsgericht (AG) Gummersbach einem Werkstattkunden ins Stammbuch geschrieben, der den „Hinterausgang“ nutzen wollte, weil die reguläre Ausfahrt durch einen Pkw versperrt war. Es habe keine Verkehrssicherungspflicht des Werkstattinhabers bestanden, weil aufgrund der baulichen Gegebenheiten klar war, dass es sich um keine Ausfahrt handele (AG Gummersbach, 10 C 31/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl