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3D car financingDer Geschädigte darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Werkstatt zügig arbeitet. Er muss sich nicht vor der Auftragserteilung erkundigen, ob die Werkstatt den Schaden in der vom Gutachter prognostizierten Zeit beheben kann.

So urteilte das Amtsgericht Nürtingen. Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Das nicht mehr fahrbereite Unfallfahrzeug wurde zur Reparaturwerkstatt abgeschleppt, bei der die Geschädigte langjährige Kundin ist. Mit der Reparatur wurde unmittelbar nach Eingang des Gutachtens begonnen. Dabei war die Geschädigte grundsätzlich nicht verpflichtet sich bei dem Reparaturbetrieb zu erkundigen, ob die veranschlagte Reparaturdauer eingehalten werden kann … Vielmehr darf der Kunde grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Werkstatt sich bemüht, das beschädigte Fahrzeug zeitnah zu reparieren. Die Ursachen für die lange Reparaturdauer sind nach Vernehmung der Zeugin in den Lieferproblemen eines Heckblechs, den Faschingstagen sowie Kapazitätsproblemen der Werkstatt zu finden.“ Quelle AG Nürtingen, Urteil vom 17.8.2015, 17 C 2190/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsFehlen dem Geschädigten die finanziellen Mittel, ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen, muss der Versicherer für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Zahlung für den Ausfallschaden einstehen.

 

Das hat das Landgericht (LG) Bamberg einem Versicherer ins Stammbuch geschrieben. Die Geschädigte hatte eine Putzstelle, der Ehemann war arbeitslos, zwei Kinder waren zu versorgen. Zwar ging es „nur“ um einen Wiederbeschaffungsaufwand von 1.600 EUR. Aber dass auch dieses Geld nicht zur Verfügung stand, hat das Gericht unter den gegebenen Umständen als selbstverständlich betrachtet. Die Geschädigte hatte aber den Versicherer nicht gewarnt. Erst als sie einen Anwalt einschaltete – da waren schon mehr als drei Monate verstrichen – wurde die Warnung nachgeholt. Prompt hatte der Versicherer im Prozess eingewandt, er sei ja nicht von Anfang an gewarnt gewesen. Das half ihm jedoch ausnahmsweise nichts, denn auch nach der Warnung hatte er sich noch 22 Tage Zeit gelassen, bis er wenigstens teilweise zahlte. Daraus schloss das Gericht, dass er auch bei sofortiger Warnung nicht schneller gezahlt hätte (LG Bamberg, Urteil vom 18.8.2014, 2 O 23/14).

 

Praxishinweis | Bei drohender Schadenerweiterung wegen fehlender finanzieller Mittel muss der Versicherer vom Geschädigten gewarnt werden. Sinn dieser Vorschrift ist, dass der Versicherer durch eine schnellere Erledigung den erhöhten Schaden abwenden können soll. Insoweit hat die Geschädigte im Urteilsfall Glück gehabt. Eine professionelle Bearbeitung von Anfang an wäre jedoch bei Weitem sicherer gewesen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gutachten Tastatur FingerWartet die Werkstatt ohne Absprache mit dem Geschädigten den Eingang des Gutachtens ab, bevor sie die Ersatzteile bestellt, obwohl der Reparaturauftrag längst vorliegt, geht diese Verzögerung nicht zulasten des Geschädigten. |

 

Das stellte das Amtsgericht Landshut klar. Nach dessen Ansicht trage auch in diesem Fall der Schädiger das Werkstattrisiko. Gestritten wurde nach einem Verkehrsunfall um einen unstreitigen Reparaturschaden. Der Geschädigte hatte den Reparaturauftrag sofort erteilt. Die Werkstatt hat aber erst den Eingang des Schadengutachtens abgewartet, bevor sie die Ersatzteile bestellt hat. Und das Gutachten hatte fünf Tage auf sich warten lassen. Der Versicherer meinte, die Teile hätten auch ohne das Gutachten bestellt werden können, also seien einige Tage Mietwagen nicht zu erstatten. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen  (AG Landshut, Urteil vom 13.12.2013, 10 C 1632/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Büromaterial mit Fahrtenbuch und einem blauen AutoWartet die Werkstatt ohne Absprache mit dem Geschädigten den Eingang des Gutachtens ab, bevor sie die Ersatzteile bestellt, obwohl der Reparaturauftrag längst vorliegt, geht diese Verzögerung nicht zulasten des Geschädigten. Denn das Werkstattrisiko trägt auch in diesem Fall der Schädiger.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Landshut. An dem unfallbeschädigten Fahrzeug lag ein klarer Reparaturschaden vor. Der Geschädigte hatte den Reparaturauftrag sofort erteilt. Die Werkstatt hat aber erst den Eingang des Schadengutachtens abgewartet, bevor sie die Ersatzteile bestellt hat. Und das Gutachten hatte fünf Tage auf sich warten lassen. Der Versicherer meinte, die Teile hätten auch ohne das Gutachten bestellt werden können, also seien einige Tage Mietwagen nicht zu erstatten. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen (AG Landshut, 10 C 1632/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsDer Geschädigte ist nicht verpflichtet, seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, um den gegnerischen Versicherer, der erst die Ermittlungsakte abwarten möchte, von einem hohen Ausfallschaden zu entlasten.

Das ist die Quintessenz eines Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig, das die gängige Rechtsprechung zu dieser Frage wiedergibt (OLG Schleswig, 7 U 146/11).

Hinweis: Schon zur Vermeidung eines Eintrags in der HIS-Datei der Versicherer („Versicherer-Schufa“) sollte der Geschädigte die Inanspruchnahme der Vollkasko ablehnen, wenn er nicht zwingend auf die Reparatur des verunfallten Fahrzeugs angewiesen ist.

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, sein fast fertig repariertes Fahrzeug für einen Tag abzuholen und zu nutzen, um es dann für eine kleine Restreparatur noch einmal zur Werkstatt zu bringen.

Diesen zusätzlichen Aufwand muss er nicht treiben, um den Ausfallschaden zugunsten des Versicherers zu reduzieren, entschied das Amtsgericht (AG) Hamburg-Barmbek. Im Urteilsfall ging es darum, dass am unfallbeschädigten Fahrzeug auch ein Nummernschild erneuert werden musste. Das hatte die Werkstatt offenbar nicht früh genug besorgt. Am Ende war das Fahrzeug fertig, aber das Nummernschild noch nicht da. Der Versicherer stand auf dem Standpunkt, der Wagen wäre ja (offenbar mit dem verformten Nummernschild) fahrfähig und verkehrssicher gewesen. Folglich hat er den Ausfallschaden um den Leerlauftag gekürzt. Zu Unrecht aus Sicht des AG (AG Hamburg-Barmbek, 811b C 200/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Dass der Geschädigte während der Reparatur das Fahrzeug seines Vaters nutzen durfte, ändert nichts an seinem Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.

Denn das sei nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine familieninterne Zuwendung. Diese solle nach dem Sinn und Zweck des Schadenersatzrechts den Schädiger nicht entlasten. Anders sei es nur, wenn der Geschädigte selbst über mindestens ein weiteres ungenutztes Fahrzeug verfüge (BGH, VI ZR 363/11).

Hinweis: Wenn das so für die Nutzungsausfallentschädigung gilt, dann gilt das erst recht für die Mietwagennutzung. Da kann der Versicherer auch nicht einwenden, der Geschädigte habe keinen Mietwagen gebraucht, weil er das Auto seines Vaters hätte nehmen können.

Der Geschädigte muss die Entscheidung zur Reparatur oder zur Ersatzbeschaffung nicht treffen, bevor ihm das schriftliche Schadengutachten als Entscheidungsgrundlage vorliegt.

Dauert das über die Weihnachtsfeiertage länger (der Unfall ereignete sich am 22. Dezember), geht das zulasten des Schädigers, entschied der Bundesgerichtshof (BGH).

Hinweis: So haben das die Instanzgerichte landauf, landab schon immer gesehen. Nun liegt auch die höchstrichterliche Bestätigung vor (BGH, VI ZR 363/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wie lange hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz des Ausfallschadens (Mietwagen und/oder Nutzungsausfall), wenn er im Unfallzeitpunkt bereits ein neues Fahrzeug bestellt hatte? Ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2007 liefert die Antwort auf diese Frage. Das Urteil zeigt aber auch, dass zwei Konstellationen strikt auseinandergehalten werden müssen.

In dem betreffenden Fall hatte der Fahrzeugeigentümer schon einen Neuwagen bestellt, als er mit seinem Fahrzeug unverschuldet verunfallte. Die Wiederbeschaffungsdauer im Schadengutachten für das verunfallte Fahrzeug hatte der Schadengutachter mit 14 Tagen geschätzt, der Neuwagen sollte aber voraussichtlich erst in etwa acht Wochen geliefert werden. Der Versicherer lehnte eine Nutzungsausfallentschädigung für mehr als 14 Tage ab. Er meinte, der Geschädigte hätte einen Gebrauchtwagen kaufen müssen, den er bei Lieferung des Neuwagens wiederverkaufen könne. Er habe eben nur Anspruch auf einen gleichwertigen Gebrauchten, und der sei in den üblichen 14 Tagen beschaffbar gewesen.

Das sahen die Richter am BGH anders: Für einen relativ kurzen Zeitraum zur Überbrückung einen Gebrauchtwagen zu kaufen und wiederzuverkaufen, berge wirtschaftliche Risiken. Diese seien sorgfältig mit der Mehrbelastung des Schädigers durch eine maßvoll verlängerte Nutzungsausfallentschädigung abzuwägen.

Im Ergebnis bedeutet das wohl, dass der Fahrzeugeigentümer bei der Relation 14 Tage zu acht Wochen, also sechs Wochen mehr, den Ausfallschaden bis zur Lieferung des Neuen dem Schädiger anlasten kann. Und wenn sich die Lieferung des Neuwagens verzögern sollte, wodurch sich das Verhältnis zu Ungunsten verschiebt, ist das nicht schädlich. Denn der BGH hat betont, dass es auf die Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten zum Unfallzeitpunkt ankommt.

Wichtig: In dem Urteil hat der BGH aber auch gesagt: Wenn der Geschädigte erst nach dem Unfall statt einer Wiederbeschaffung auf gleichwertiger Basis einen Neuwagen mit Lieferzeit bestellt, ist das anders zu betrachten. Dabei wird nämlich keine bereits bestehende Planung gestört, sondern schlicht und einfach abweichend disponiert. Auf einen Neuwagen hat der Geschädigte aber keinen Anspruch, und damit auch nicht auf den Ausfallschaden bis zur Lieferung des Neuwagens (BGH, VI ZR 62/07).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl